© NÖ Museum Betriebs GmbH, Foto: Daniel Hinterramskogler

Zeit Kunst NÖ St. Pölten

Ausstellung ZEIT KUNST NIEDERÖSTERREICH | ST. PÖLTEN

 

Gunter Damisch. Felder, Welten (und noch weiter) 

 

23/11/2013 - 23/02/2014

Dialogführung durch die Ausstellung

Alexandra Schantl u. Gunter Damisch © Landesmuseum
Niederösterreich, Foto: D. Hinterramskogler
Der Künstler Gunter Damisch und die künstlerische Leiterin der Zeit Kunst, Alexandra Schantl, führten am Sonntag, dem 01. Dezember 2013, in einem dialogischen Rundgang durch die am 22. November 2013 eröffnete Ausstellung "Gunter Damisch. Felder, Welten (und noch weiter)" in der Shedhalle St. Pölten.
In ihrer Einleitung zur retrospektiv angelegten Schau spannte Alexandra Schantl, die zugleich Kuratorin der Ausstellung ist, den Bogen zu frühen Arbeiten des 1958 in Steyr geborenen Künstlers. Diese Werke aus den 1980er Jahren umfassen Zeichnungen, Druckgrafik und Ölmalerei genauso wie Skulpturales und weisen einen stark gegenständlichen und zugleich expressiven Charakter auf. Titel wie "Der Fluss", "Der Berg" oder "Die Erde kratzt sich" zeigen bereits das Interesse des Künstlers für die ihn umgebende Natur, gepaart mit dem Quäntchen Ironie, das für sein gesamtes Schaffen so charakteristisch ist.

von links nach rechts:"Der Fluss" (1985), "Der Berg" (1985) und
"Die Erde kratzt sich" (1983), © Landessammlungen NÖ, Foto: Christoph Fuchs
Gunter Damisch erzählte von seinem Werdegang, der ihn 1977 ein Studium an der Akademie der bildenden Künste Wien aufnehmen ließ. Hier würdigte der Künstler seine Lehrer Arnulf Rainer und Maximilian Melcher, dessen Nachfolge er 1992 als Professor für Grafik antrat. Seitdem lehrt Gunter Damisch kontinuierlich an der Akademie und erachtet den Austausch mit den Studierenden als außerordentlich bereichernd für sein Schaffen. 
Als wichtige Inspirationsquelle seiner Kunst nannte Gunter Damisch auch seine Reisen, auf denen regelmäßig Werke entstehen. Seine Arbeiten auf Nepalbütten, die Titel wie "Weltwegdichte", "Wegnetz" und "Blattweltwege" tragen und vornehmlich aus den 1990er Jahren stammen, legen davon beredtes Zeugnis ab. Zugleich schwingt in diesen Werken, bei denen eine gleichsam gewobene Struktur spürbar wird, die Textilkunst Nepals mit, die hauptsächlich von Frauen ausgeübt wird.
von links nach rechts: "Weltwegdichte" (1997/98), "Wegnetz"
 (1992), "Blattweltwege" (1998), © Gunter Damisch

Die wohl wichtigste Quelle, aus der Gunter Damisch schöpft, ist jedoch die Natur selbst. Voll Begeisterung erzählte der Künstler von seinem Garten in Freydegg im Bezirk Amstetten, wo er neben Wien ein Atelier betreibt. Die Zapfen, Pilze, Blätter und Sonnenblumen, die er im Garten
Wandköpfler (1995) © Gunter Damisch
aufliest, finden direkten Eingang in seine skulpturalen Werke, indem sie in Aluminium gegossen werden. Somit steht diese "gefundene Natur" des Gunter Damisch in einem interessanten Spannungsverhältnis zu den objets trouvés, den "gefundenen Gegenständen", mit denen sich die Kunst seit dem Dadaismus immer wieder beschäftigt. Der/die AusstellungsbesucherIn ist eingeladen, einen Wald von Skulpturen zu durchschreiten, dem ein großer Teil der Shedhalle gewidmet ist. Viele der Werke erinnern in ihrer massigen Körperlichkeit an Arbeiten Bruno Gironcolis, mit dem Gunter Damisch eine Freundschaft verband und der die an der Wand angebrachten Skulpturen des Künstlers wie die "Wandköpfler" ganz besonders schätzte. Zugleich lassen die Arbeiten mit ihren Fragen nach Innen- und Außenwelt, nach Loch und Hohlform sowie mit der Möglichkeit ihrer Aufstellung in der freien Natur, ihrer Land-Art-Tauglichkeit, an Henry Moore denken. Bei manchen Werken wiederum meint man, den dünnen schreitenden Figuren Alberto Giacomettis zu begegnen. Die Skulpturen, die also im Kern aus vegetabilen Materialien bestehen, erinnern in ihrer Erscheinungsform an Menschen und sind bei genauerer Betrachtung von unzähligen menschlichen Wesen besiedelt. Dadurch werden die Grenzen zwischen Mensch und Natur aufgehoben und Fragen nach der Anthropomorphisierung, der Vermenschlichung der Natur, gestellt.

Für Gunter Damisch ist Zeichnung nicht nur Vorzeichnung, sondern eine eigenständige künstlerische Ausdrucksform, die einen Möglichkeitsraum öffnet. In seiner Kunst spielen Räume, Felder und Welten eine große Rolle. So wies der Künstler auf Peter Handkes Roman
Leuchtfeldflämmerquerweg (2008)
© G. Damisch, Foto: G. König
"Die Innenwelt der Außenwelt der Innenwelt" aus dem Jahr 1969 hin, der ihm in jungen Jahren zufällig in die Hände fiel und ihn tief beeindruckte. Gunter Damisch geht es um das Aufzeigen und das Überwinden der Grenzen von innen und außen und er möchte den Begriff Feld, der auch in Werktiteln häufig auftritt, in all seiner Mehrdeutigkeit verstanden wissen. Ein Feld kann vom Menschen gestaltete Natur genauso bezeichnen wie die räumliche Verteilung einer physikalischen Größe oder die Gesamtheit der gesellschaftlichen Interaktionen in der Soziologie. Eben diese Vielschichtigkeit wird in seinen neueren malerischen Werken wie dem "Leuchtfeldflämmlerquerweg" aus dem Jahr 2008 offenbar.
Es sind Welten von archaischer Schönheit, die Gunter Damisch erschafft, der zudem ein eloquenter Redner ist, dem man gerne zuhört. Seine Arbeiten erzählen Geschichten, die den Kern unseres In-der-Welt-seins berühren und dadurch von zeitloser Aktualität sind. 



Text: MMag. Ursula Düriegl

Ausstellungsort: Landesmuseum Niederösterreich, Shedhalle, Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten, Öffnungszeiten: Di - So 9.00 – 17.00 Uhr, www.zeitkunstnoe.at


Dialogführung mit Gunter Damisch und Kuratorin Alexandra Schantl                        
16. Februar 2014, 15 Uhr (Führungen unentgeltlich)
Führungen durch die Ausstellung (Dauer ca. 60 Minuten)
Jeden ersten und dritten Sonntag im Monat 15 Uhr, Führung pro Person: 3 €
19. Jänner und 2. Februar 2014



Ausführliche Bildcredits: 
  • Der Fluss, 1985, Öl auf Leinen, 300 x 130 cm, © Landessammlungen Niederösterreich, Foto: Christoph Fuchs
  • Der Berg, 1985, Öl auf Leinen, 300 x 130 cm, © Landessammlungen Niederösterreich, Foto: Christoph Fuchs
  • Die Erde kratzt sich, 1983, Öl auf Leinen, 150 x 70 cm, © Landessammlungen Niederösterreich, Foto: Christoph Fuchs
  • Weltwegdichte, 1997 – 1998, Tusche auf Nepalbütten, 175 x 100 cm, © Gunter Damisch
  • Wegnetz, 1992, Tusche auf Nepalbütten, 175 x 100 cm, © Gunter Damisch, Foto: Franz Schachinger
  • Blattweltwege, 1998, Tusche auf Nepalbütten, 175 x 100 cm, © Gunter Damisch, Foto: Franz Schachinger
  • Ausstellungsansichten, GUNTER DAMISCH. Felder, Welten (und noch weiter), ZEIT KUNST NIEDERÖSTERREICH |ST. PÖLTEN, 23/11/2013 - 23/02/2014, Foto: ZKN/Christoph Fuchs 2013
  • Wandköpfler,  1995, Bronze, Unikat, 50 x 40 x 20 cm, © Gunter Damisch
  • Leuchtfeldflämmerquerweg, 2008, Öl auf Leinwand, 320 x 160 cm, © Gunter Damisch, Foto: Günter König

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