Hohlwege 2 / 2

© NÖ Museum Betriebs Gmbh, Fotos: Stadtarchiv St. Pölten

Hohlwege in den Lössgebieten Niederösterreichs

Im zweiten BLOG-Beitrag zu den Hohlwege in den Lössgebieten Niederösterreichs werden die spannenden Fragen „Wann sind Hohlwege entstanden?“ und „Wie viele Hohlwege gibt es in Niederösterreich?“ beantwortet. 

Wann sind diese Hohlwege entstanden?

Wann, oder seit wann, die heute sichtbaren Hohlwege entstanden sind ist etwas schwieriger zu beantworten als die Frage nach dem wie sie entstanden sind. Einige Hohlwege sind als historische Altwege identifiziert worden, die, wenn die Zuordnung richtig ist, teilweise bis in die Römerzeit zurück reichen.
In Karten und historischen Dokumenten ist der Wegebau, und somit das Vorkommen von (Hohl-) Wegen im 18. Und 19. Jahrhundert dokumentiert. So wurden Hohlwege im Franziszeischen Kataster (Kartenwerke, die im Zeitraum von 1810 – 1870 entstanden sind) mit großer Liebe zum Detail in den Karten illustriert. Auch heute sind sie noch in der österreichischen Topographischen Karte durch die eingetragenen Bruchlinien deutlich erkennbar (Abb. 1; Wiesbauer und Mazzucco, 1995; Wiesbauer und Zettel, 2014).

Zeugen über die Alter bzw. die Erosionsraten aus neuerer Zeit sind die sogenannten „Bodengewinnungshöhlen“ in den Seitenwänden der Hohlwege (Krissl, 1982). Nach Erosionsereignissen mussten die Bauern die beschädigte Hohlwegsohle wieder einebnen und Rillen oder Gräben auffüllen, damit die Zufahrt zu den Feldern oder Weinbergen schnell wieder möglich ist. Das Material dazu wurde aus den Seitenwänden der Hohlwege entnommen. Dadurch entstanden diese Bodengewinnungshöhlen. Da die Sohle des Hohlweges sich mit jedem Erosionsereignis etwas tiefer in die Umgebung eingrub, und die Auffüllung der Schäden an der Sohle immer wieder notwendig war, sind Bodengewinnungshöhlen heute noch an verschieden Höhen der Hohlwegseitenwände sichtbar. Diese Höhlen geben uns heute einen Hinweis auf die Geschwindigkeit dieser Prozesse der Hohlwegbildung und Erosion der Hohlwegsohle (Krissl, 1982). So wurde anhand dieser Höhlen im Bereich des Wagram bei Feuersbrunn eine Eintiefung von ca. 6 Meter über einen Zeitraum von 40 Jahren (ca. 1940-1980) von Anrainern festgestellt (Krissl, 1982). Dies entspricht einer durchschnittlichen Erosionsrate von 15-30 Zentimeter pro Jahr. 

Aufgrund der großen Bedeutung der Vegetation auf die Ausbildung von Oberflächenabfluss von Wasser haben Landnutzungsänderungen (z.B. vermehrter Anbau von Mais auf den Feldern der Wagram-Hochfläche, Änderungen in der Weinbaupraxis) einen großen Einfluss auf die Erosion auf den Feldern und im Hohlweg selbst. Mit dem Einfluss des Menschen auf die Hohlwegbildung und die Optimierung der Nutzung der Wege ist man seit jeher beschäftigt, da die Erosion in Hohlwegen unmittelbar die Auswirkungen von Änderungen präsentiert. Dies belegen zum Beispiel Vorschriften zu Radbreiten von Fuhrwerken aus dem Jahr 1819 oder Empfehlungen zur Vermeidung von beschleunigter Gully Entwicklung der Wildbach- und Lawinenverbauung aus 1982 (Krissl, 1982, Wiesbauer und Zettel, 2014).

Wieviele Hohlwege gibt es wo, und wie tief sind diese?

Zur Anzahl und Verteilung der Hohlwege in den Lössgebieten in Niederösterreich gab es eine Studie von Wiesbauer und Mazzucco im Jahr 1995. Zum damaligen Stand zählte Niederösterreich rund 950 Hohlwege, wovon ca. 90 % in Lössgebieten lokalisiert wurden.
Das Gebiet rund um den Wagram, nördlich der Donau, weist die höchste Dichte von Hohlwegen auf. Der Wagram ist eine Terrasse der Donau, die durch den Höhenunterschied der Wagram-Hochfläche zum Tullnerfeld sehr markant ist (Abb. 2). Zur Orientierung wo der Wagram liegt: wie deren Name schon verrät liegen die Ortschaften Feuersbrunn, Fels am Wagram, Kirchberg am Wagram, Unterstockstall und Königsbrunn am Wagram direkt Wagram. In diesem Gebiet, ist aufgrund der Höhe des Wagrams, und der Hangneigung die Ausbildung von sehr tiefen Hohlwegen möglich. Manche Hohlwege erreichen hier eine Tiefe von bis zu 40 Metern und sind oft mit Asphalt als richtige Straßen ausgebaut. Sehr prominent und eindrucksvoll ist zum Beispiel aus dem Tullnerfeld kommend die Zufahrt zum Zentrum von Kirchberg am Wagram.

Abb. 2 (A) Diese Karte zeigt eine Schummerung der Geländehöhe im Gebiet zwischen Feuersbrunn und Königsbrunn am Wagram (im Süden) und Hohenwarth und Radlbrunn (im Norden). Mithilfe der Schummerung können alle Geländeformen und die Hohlwege sehr einprägsam dargestellt und identifiziert werden. Hier wird die markanteste Geländestufe (Terrasse) der Donau in Niederösterreich, der sogenannte Wagram, in der unteren Bildhälfte sehr deutlich. Mit dem grünen Rechteck wird die Lage des Kartenausschnitts B, und mit dem blauen Rechteck wird die Lage des Kartenausschnitts C dargestellt. Die roten Pfeile zeigen die Startpunkte der prägnantesten Hohlwege in diesem Gebiet. (B) Vergrößerung eines Ausschnitts der Karte A im Gebiet der Hohlwege bei Engelmannsbrunn. Ein Höhenprofil wurde entlang der gelben Linie von s (Start) nach e (Endpunkt) erstellt, um die Tiefe der Hohlwege aufzuzeigen. (C) Vergrößerung der Karte im Gebiet Hohenwarth. Hier sind einige Gullies (im Bereich der gelben Linie des Querprofils) und wenige Hohlwege (im Südwesten nach Nordosten führend) zu sehen. (D) Querprofile der Hohlwege bei Engelmannsbrunn. (E) Querprofile der Gullies bei Hohenwarth. (F) Lage der Karten A – C. Quelle: Schummerung: NÖ Atlas, Amt der NÖ Landesregierung; Darstellung: Petschko et al., in Vorbereitung, 2017

Eine genauere Auswertung der Anzahl und Tiefe der Hohlwege, basierend auf den hoch genauen Daten des digitalen Geländemodells des Amts der Niederösterreichischen Landesregierung wurde bisher noch nicht vorgenommen. Mit der Auswertung dieser Daten könnte man sicherlich noch sehr viel mehr über die Hohlwege, deren Anzahl, Lage, Länge und deren aktuellen Erosionsraten erfahren.

Jetzt bleibt eigentlich nur noch eins zu sagen: ich wünsche Ihnen viel Freude bei Ihrem nächsten Spaziergang durch einen Hohlweg!

 

Abbildungen:

Abb. 1 Hohlweg in der Nähe von Mitterstockstall von oben nach unten fotografiert. Dies ist ein klassischer Zufahrtsweg zu den Feldern und Weingärten auf der Wagram-Hochfläche. Im Foto sieht man am Übergang vom umliegenden Feld zum Hohlweg deutlich die, in den topographischen Karten als Bruchlinien eingezeichnete, Kanten rechts und links von der Hohlwegsohle. Foto: Helene Petschko

Abb. 2 Diese Karte zeigt eine Schummerung der Geländehöhe im Gebiet zwischen Feuersbrunn und Königsbrunn am Wagram (im Süden) und Hohenwarth und Radlbrunn (im Norden). 


Zur Autorin:

Dr. Helene Petschko hat Ihre Dissertation zu „Herausforderungen und Lösungen zur Kartierung und Modellierung der Gefährdung gegenüber Rutschprozessen in heterogenen Gebieten - Bereitstellung von Gefahrenhinweiskarten für die Raumplanung in Niederösterreich“ innerhalb des Projektes MoNOE der Universität Wien, gefördert vom Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, im Jahr 2014 abgeschlossen. Seit 2014 ist sie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Geoinformatik tätig. Dort geht sie ihren Forschungsinteressen in der Geomorphologie (Naturgefahren) und Geoinformatik, mit Forschungen an der 3D Erfassung und Analyse von Erdfällen und Unsicherheiten in der räumlichen Modellierung von Rutschprozessen nach.
http://www.geographie.uni-jena.de/Petschko.html

 

Quellen: 

  • Krissl, H., 1982. Beschleunigte Gully-Entwicklung in den letzten Jahrzehnten in den Lössgebieten Ost-Österreichs. Beitr. Zur Wildbacherosions- Lawinenforschung 144, 115–124.
  • Petschko, H., Sprafke, T., Peticzka, R., Wiesbauer, H., 2017. Sunken roads and palaeosols in loess areas in Lower Austria – landform development and cultural importance, in: Landscapes and Landforms of Austria, World Geomorphological Landscapes. Springer. In Vorbereitung.
  • Wiesbauer, H., Mazzucco, K., 1995. Hohlwege in Niederösterreich (No. 3/95), Fachbericht aus dem NÖ Landschaftsfonds. Amt der NÖ Landesregierung, Wien.
  • Wiesbauer, H., Zettel, H., 2014. Hohlwege und Lössterrassen in Niederösterreich. Abteilung Naturschutz des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung, Wien. 15€, Bestellung per E-Mail bei

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