Es beginnt mit einem Stein. Einem schönen Stein. Und dann stellt man fest, der Stein hat nicht nur ein selten schönes Muster, sondern er war einmal ein Lebewesen. Und dieses Lebewesen lebte vor vielleicht 150-250 Millionen Jahren. Und nun hält man dieses viele Millionen Jahre alte Lebewesen in der Hand und bestaunt es und es wird einem bewusst, dass es diese ganze unvorstellbar lange Zeit im Bachbett gelegen ist und niemand hat es bemerkt – vielleicht hat es einmal jemand entdeckt und hat es wieder zurück in den Fluss geworfen. Seinen Wert nicht erkannt. Man denkt darüber nach, was dieser Stein wohl schon alles gesehen und erlebt hat. Wie er vom Berg herunter kollerte, im Bachbett durch Unwetter und Hochwasser dahin rumpelte, wie seine Kanten abgerundet wurden, Stücke von ihm abgebrochen sind. Wie er trockene Zeiten und nasse Zeiten überstand, die Jahreszeiten, die Monate, Jahre, Jahrhunderte, Jahrtausende…
Nur ein Augenzwinkern im Leben des Steines
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Ein Brett dient als Arbeitsfläche, die Arbeit mit dem Winkelschleifer erfordert Kraft und viel Aufmerskamkeit. |
Nach einigen Wochen kommt man wieder zum Steinschleifer und man bekommt ein wunderschön glänzendes, farbenprächtiges, versteinertes Lebewesen zurück und kann kaum glauben, dass das einmal dieser Stein war, dessen „Leben“ man zuvor kaum gesehen hatte. Und man hat keine Ahnung, wie viel Material und Zeit und Geduld dieser Steinschleifer aufgewendet hat, um einem diesen Stein zu schleifen.
Im trockenen Zustand war der Stein grau. Zu Hause hat man ihn mal unter die Wasserleitung gehalten und da war er rot. Aber immer wenn er wieder trocknete, war er wieder grau. Das also ist der Grund, warum man Steine schleifen und polieren muss. Damit der Stein die Farbe behält. Und damit er glänzt und seine ganze Schönheit zeigen kann.
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Der erste selbst gefundene Ammonit, den ich mit viel Hilfe eines guten Freundes bearbeiten durfte. |
Geheimniskrämerei und Langsamkeit
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So stellt man sich bestimmt keinen Fossiliensammler vor. Mit Schnorchel und Taucherbrille den Grund des Flusses nach Versteinerungen absuchen. |
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Die Funde werden am Badetuch gesammelt. |
Auch die Beschaffung des Werkzeuges, wenn man selbst Steine schleifen will ist ein Hürdenlauf der bei mir persönlich ein ganzes Jahr lang gedauert hat. Kein Steinschleifer verrät gerne, wo man das Werkzeug bekommt. Schnell stellt man fest, dass die üblichen Baumärkte kaum etwas zu bieten haben. Man braucht Steinmetzfreunde. Ganz dringend. Und Firmen, die nicht nur Großbestellungen für Baumärkte aufnehmen, sondern auch kleinere Mengen an Private verschicken.
Winkelschleifer mit niedrigeren Umdrehungen als die Üblichen, Polierscheiben, Schleifscheiben, die Diamantenen, nicht die für Metall oder Holz, die man in den Märkten bekommt. Aufsätze, Lederschurz, Mundschutz gegen den feinen Steinstaub, Ohrenschutz gegen den Lärm, einen Ort der dann dreckig werden darf, viel Geduld und nochmal viel Geduld. Und Nachbarn, die den Lärm akzeptieren oder am besten gar keine Nachbarn.
Steine sind langsame Gesellen. Die lassen sich nicht in ein paar Minuten schleifen. Sie lehren einen die Langsamkeit. An einem faustgroßen Stein schleift man schon mal 4 Stunden bis er so richtig schön glänzt. Und verkaufen will man ihn dann gar nicht mehr, weil niemand diesen ganzen Hintergrund bezahlen kann. Das Suchen und Finden und aus dem Muttergestein brechen und schleifen und polieren erfordert so viel Hingabe und Leidenschaft, dass man so einen Stein dann nicht um 40 Euro verkaufen will.
Deswegen bekommen nur liebe Freunde und Verwandte zu Geburtstagen oder anderen besonderen Anlässen Steine von mir geschenkt.
Vom Wetter abhängig

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Versteinerte Koralle |
Text und Bilder: Sonja Raab
TIPP: Das Objekt des Monats September im Foyer Landesmuseum zeigt einige Fundstücke.
Text und Bilder: Sonja Raab