Pilze

© Erich Steiner

Speisepilze, Giftpilze und närrische Schwammerl


Pilze erschienen dem Menschen seit jeher geheimnisvoll. Sie tauchen wie aus dem Nichts auf und sind oft ebenso rasch wieder verschwunden. Man nahm an, dass sie direkt aus Fäulnis, Schleim und Feuchtigkeit entstehen. Lange Zeit wusste man nicht, welchen Platz Pilze im System der Lebewesen einnehmen. Und bis heute ist nur ein Bruchteil aller Pilzarten bekannt.

Tier oder Pflanze?

Fliegenpilz, Foto: A. Giesswein
Traditioneller Weise wurden Pilze zusammen mit den Algen, Moosen und Farnen zu den „niederen Pflanzen“ gezählt. Bis heute spricht man daher von der „Pilzflora“. Doch in Wahrheit sind Pilze keine Pflanzen. Pilze besitzen kein Chlorophyll. Daher können sie ihren Energiebedarf nicht mit Hilfe des Sonnenlichts decken und müssen sich von anderen Lebewesen ernähren. Als Speicherstoff verwenden Pilze anders als Pflanzen keine Stärke, sondern tierisches Glykogen. Und auch ihre Zellwände bestehen in der Regel nicht aus Zellulose wie bei den Pflanzen. Sie enthalten zumeist Chitin – einen Stoff, aus dem zum Beispiel auch der Panzer von Insekten aufgebaut ist. Trotzdem sind Pilze keine Tiere. Von den Tieren unterscheiden sie sich nicht so sehr durch ihre sesshafte Lebensweise als durch den Aufbau ihrer Zellen: Anders als Tiere besitzen Pilze nämlich Zellsafträume und Zellwände. Pilze zählen also weder zu den Pflanzen noch zu den Tieren. Sie bilden ein eigenständiges Reich.
Manche Pilze enthalten psychoaktive Substanzen. Diese Stoffe, die das menschliche Bewusstsein verändern können, spielten bei magischen, religiösen und kultischen Handlungen stets eine wichtige Rolle. Zu den ältesten Drogen, die für religiöse Zwecke genutzt wurden, gehört der Fliegenpilz (sh. Abbildung).

Geschätzt und gefürchtet

Klebriger Hörnling,
Foto: A. Giesswein
Pilze gehören zu den ältesten Nahrungsmitteln des Menschen. Sie bilden die Grundlage für zahlreiche Produktionsverfahren. (So wäre zum Beispiel die Herstellung von Brot, Bier und Wein oder der Reifeprozess von Milchprodukten ohne Pilze nicht möglich.) Vor allem in der traditionellen asiatischen Medizin werden Pilze seit vielen hundert Jahren als Heilmittel verwendet. Heute gewinnt der Mensch aus Pilzen Medikamente, Vitamine und Enzyme. Pilze erhöhen außerdem die Bodenfruchtbarkeit durch den Abbau organischer Substanzen zu Humus. Sie unterstützen die Entwicklung von Pflanzen und steigern ihre Wuchsleistung.
Andererseits sind manche Pilze stark giftig. Parasitische Pilze führen zu Krankheiten bei Kulturpflanzen und Nutztieren und dadurch zu Ertragseinbußen in Land- und Forstwirtschaft. Pilze schädigen Vorräte und sind auch für verschiedene Erkrankungen beim Menschen verantwortlich. Daher war das Verhältnis des Menschen zu den Pilzen stets zwiespältig – auch wenn der Nutzen die Nachteile bei weitem überwiegt.


Ein Leben im Verborgenen

Pilzmyzel des Hallimasch,
Foto: A. Giesswein
Das, was wir üblicher Weise als Pilze bezeichnen, sind in Wirklichkeit nur die Fruchtkörper – also die Fortpflanzungsorgane des Pilzes. Und auch der Begriff „Fruchtkörper“ ist irreführend. Denn Pilze bilden keine Früchte, sondern Sporenträger zur Verbreitung ihrer Sporen. Der eigentliche Pilzkörper (das sogenannte Mycel) befindet sich verborgen im Substrat. Es besteht aus einem Geflecht von unzähligen feinen Pilzfäden, den sogenannten Hyphen. Verglichen mit dem Fruchtkörper ist das Mycel riesig. In nur einem Kubikmeter Erde kann ein Geflecht von tausenden Kilometern von Pilzfäden enthalten sein.
Pilze spielen im Stoffkreislauf der Natur eine äußerst wichtige Rolle. Sie bauen pflanzliche und tierische Reste ab und setzen dabei Mineral- und Nährstoffe für eine Wiederverwertung frei.


Nicht nur im Herbst

Dünnschaliger Kartoffelbovist,
Foto: A. Giesswein
Schmackhafte Speisepilze können das ganze Jahr über gesammelt werden. Die ersten Pilze, wie zum Beispiel Märzschnecklinge oder Fichtenzapfenrüblinge, kann man schon zu Beginn des Frühjahrs finden. In den Monaten April und Mai gedeihen Lorchel und Morchel. Im Mai beginnt die Steinpilz-Saison. Ab Juni kommt die Zeit der Eierschwammerl und Parasole. Doch die ergiebigste Jahreszeit ist zweifellos die „Pilzsaison“ von August bis Ende Oktober. Auf den Wiesen, in den Laub- und Nadelwäldern finden unzählige Pilze nun ideale Wachstumsbedingungen vor – darunter auch viele der bekanntesten Speisepilze. Ende Oktober kommt die Pilzschwemme des Herbstes durch die ersten Nachtfröste zu einem jähen Ende. Aber auch im Spätherbst und sogar noch im Winter gedeihen verschiedene Speisepilze. Frostschneckling und Winterhelmling etwa bilden nur während der kalten Jahreszeit ihre Fruchtkörper aus. Und manche Pilzarten haben das ganze Jahr über Saison.


Doch Vorsicht! Pilze sammeln will gelernt sein!

Grüner Knollenblätterpilz,
Foto: A. Giesswein
Viele Speisepilze haben giftige Doppelgänger. Der unerfahrene Pilzsammler gefährdet seine Gesundheit und im schlimmsten Fall sein Leben. Es gibt leider keine sicheren Regeln, Giftpilze von Speisepilzen zu unterscheiden. Bestimmungsbücher sind sehr hilfreich, können aber Erfahrung nicht ersetzen. Essen Sie am besten nur Pilze, die von einem Experten kontrolliert worden sind!

Eine hervorragende Informationsquelle zum Vorkommen, zur Verbreitung und zur Vielfalt der Pilze Österreichs bildet auch die „Datenbank der Pilze Österreichs“: http://austria.mykodata.net/

Rund 150 der etwa 5.000 europäischen Großpilze sind für den Menschen giftig. Doch nur wenige davon sind tatsächlich lebensgefährlich wie zum Beispiel der Grüne Knollenblätterpilz (sh. Abbildung).

Text: Dr. Andrea Benedetter-Herramhof

Die Sonderausstellung "Pilze - Mehr als nur Schwammerl" ist von 13. April 2014  bis 8. Februar 2015 im Landesmuseum zu sehen: http://www.landesmuseum.net/de/ausstellungen/sonderausstellungen/pilze/pilze

Weitere Blogbeiträge zu den Pilzen:
http://landesmuseum.blogspot.co.at/2014/04/ein-interview-mit-der-kuratorin-der.html
http://landesmuseum.blogspot.co.at/2014/03/ein-interview-mit-unseren.html

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