Leopold Figl-Mercedes

Noch bevor die Besucherinnen und Besucher die eigentliche Ausstellung im Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich betreten, treffen sie bereits auf das erste Objekt: Das ehemalige Dienstauto des damaligen Außenministers Leopold Figl, ein Mercedes 220S, ist im Shop des Museums geparkt. Mit seinen stolzen 830.000 Kilometern am Tacho hat er Geschichte geschrieben.

Das Dienstauto von Außenminister Leopold Figl:
Geschichte auf Rädern

Leider nein. Mit diesem Auto fuhr der damalige Außenminister Leopold Figl nicht zur Unterzeichnung des Staatsvertrags, denn in dem der Redaktion vorliegenden „Typengenehmigungs-Bescheid“ ist das Baujahr und Erstzulassungsjahr mit 1957 vermerkt. Aber ja, das Auto ist nach wie vor fahrtüchtig und wurde von seinem privaten Vorbesitzer regelmäßig an Sonntagen auf den Golfplatz ausgeführt. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum das Automobil sagenhafte 830.000 Kilometer auf dem Tacho hat und dennoch in einem wirklich gepflegten, guten Zustand ist. Denn viele Kilometer hat es im Dienste der Republik Österreich zurückgelegt.

Figl Mercedes

Ein populärer Politiker und populäre Geschichten

Wer war Leopold Figl eigentlich? Nun, das liest man wohl am besten im Gedächtnis des Landes nach, aber so viel kurz gesagt: Der in Rust im niederösterreichischen Tullnerfeld geborene Politiker war in der Zweiten Republik Vizekanzler, Bundeskanzler, Außenminister, Nationalratspräsident und schließlich Landeshauptmann von Niederösterreich. Das Auto ist wie zu seiner Zeit als Außenminister mit dem Kennzeichen „W-15“ ausgestattet, auch wenn das Kennzeichen aus rechtlichen Gründen für den Museumsbetrieb in der Größe abweichend von einem tatsächlichen Kennzeichen nachgebaut wurde. Interessanter Weise sind im Archiv kaum Fotos von Leopold Figl mit diesem Auto zu finden, selbst wenn die Dokumentation des über das Bundeskanzleramt zugelassene Fahrzeug keine Zweifel über seine Herkunft lässt. Kenner meinen, im Nachkriegsösterreich – erinnern wir uns etwas an die Worte Leopold Figls zum Weihnachtsfest – war es nicht sonderlich opportun, sich mit fetten Karossen fotografieren zu lassen. Es ist aber nur eine der Theorien, warum es kein Fotomaterial in den Archiven gibt. Gesichert ist die Geschichte, dass im Kofferraum des Mercedes 220 S immer etliche Flaschen des heimischen Weinguts Figl zu finden waren.

Die rollende Wohnzimmercouch

Der „Große Ponton“ verkörpert stilvoll und gediegen das in Blech gegossene Wirtschaftswunder der 1950er-Jahre. Der Dienstwagen des damaligen Außenministers verfügt über eine luxuriöse Innenausstattung mit Wohnzimmerflair, zwei in Holz eingelassene Aschenbecher in den Türen für den starken Raucher inklusive. Der Redaktion liegen glaubhafte Zeugenaussagen vor, dass man auf einer Wohnzimmercouch nicht gemütlicher sitzt als auf den Rücksitzen dieses Wagens. Im Mai 2017 kauften die Landessammlungen Niederösterreich das Fahrzeug von einem privaten Besitzer an, um es als Objekt für das Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich zur Verfügung zu stellen. Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner nahm das elegante Gefährt damals persönlich entgegen.

Figl Mercedes-Kulturbezirk

Das in Blech gegossene Wirtschaftswunder

Selbst wer kein eingefleischter Fahrzeug-Fan ist, kann sich dem Zauber dieses eleganten Wagens nicht entziehen und noch weniger, wenn man bedenkt, welche Geschichte er verkörpert. Der 6-Zylinder Reihen-4-Takt Motor mit 2,2 Litern Hubraum mit heute gar nicht mehr so beeindruckenden 100 PS. Das in Stuttgart von der Daimler-Benz A. G. hergestellte Fahrzeug brachte aber zweifelsfrei die Republik Österreich um vieles weiter, gelang Leopold Figl in seiner Amtszeit als Außenminister doch die Aufnahme Österreichs in die Vereinten Nationen.

Text: Florian Müller

Weitere Blog-Beiträge zu Leopold Figl:
https://www.museumnoe.at/de/das-museum/blog/figl-von-oesterreich
https://www.museumnoe.at/de/das-museum/blog/erinnerungen-1
https://www.museumnoe.at/de/das-museum/blog/erinnerungen-2
Der Autor der Erinnerungs-Beiträge ist Ende 2016 verstorben.

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