Zeit Kunst NÖ St. Pölten

© NÖ Museum Betriebs GmbH, Foto: Christoph Fuchs

BERNHARD LEITNER. TON - RAUM – SKULPTUR

05/03/2016 – 31/07/2016

Mit der Ausstellung "BERNHARD LEITNER. TON - RAUM - SKULPTUR", die am 4. März 2016 in der Shedhalle St. Pölten eröffnet wurde, bespielt die Zeit Kunst Niederösterreich ein letztes Mal Hans Holleins spektakulären Bau mit dem namensgebenden, so charakteristischen Sägezahndach. Mit dem Ende der Schau am 31. Juli 2016 wird die Zeit Kunst ihre Pforten am Standort St. Pölten schließen, um dem Haus der Geschichte Niederösterreich Raum zu geben.


Ausstellungsansicht © Foto: Christoph Fuchs

Auf Einladung Alexandra Schantls zeigt der 1938 in Feldkirch geborene Bernhard Leitner Werke von den späten 1960er Jahren bis zur Gegenwart. Der Künstler beschäftigt sich in seinen Arbeiten mit der Frage, wie Raum akustisch und körperlich erlebbar gemacht werden kann. Die von Florian Steininger, dem designierten Künstlerischen Leiter der Kunsthalle Krems, kuratierte Schau setzt mit Leitners Ton-Raum-Untersuchungen der Jahre 1969-1975 ein, in denen der Künstler, der damals in New York lebte, Notationen entwickelte, die ein System akustisch-räumlich-körperlicher Wahrnehmung begründen. Dabei versteht Bernhard Leitner eine Aufeinanderfolge von Tönen nicht als Melodie, sondern als Material, mit dessen Hilfe er fühlbare Räume erzeugt.

Ton-Liege © Foto: Daniel Hinterramskogler
Besonders attraktiv wird die Ausstellung dadurch, dass ein Begehen der Installationen Bernhard Leitners durch die BesucherInnen ausdrücklich erwünscht ist. So ist dieser eingeladen, auf der ab 1974 entwickelten Ton-Liege Platz zu nehmen, bei der die Lautsprecher am Kopf- und Fußende einer Art von Liegestuhl angebracht sind, wodurch der Körper des Liegenden selbst zur schwingenden Form wird. Charmant ist, dass sich auch einige der Originalobjekte aus den 1970er Jahren in der Ausstellung befinden, die interessanten Vintage-Charakter haben. Diese zählen zu den wenigen Exponaten, die nicht berührt werden dürfen.
Dass Bernhard Leitner auch an einer Aneignung des Raumes durch Tanz interessiert ist, zeigen seine ab 1975 entwickelten Ton-Anzüge, bei denen Tänzer den Ton in Gestalt mehrerer Klangquellen leibhaftig am Körper tragen und in ihren Performances elastische Räume schaffen, die sich ihren Bewegungen folgend erweitern oder zusammenziehen. An der Wand findet sich dazu ein erstaunlich modern wirkendes Zitat des romantischen Dichters Novalis, das die zugrundeliegende Philosophie begreiflich macht: "Bewegungsspiel - Freude an mannigfaltigen Bewegungen. Tanzspiel. Maschinenspiel. Elektrischer Tanz."


Ausstellungsansicht © Foto: Christoph Fuchs
Doppelwiege © Foto: Christoph Fuchs
Beim körperlichen Hören wird der tiefe Celloton der Doppelwiege aus dem Jahr 1976 mit den Sohlen aufgenommen, im Ton-Feld IV von 1995 reicht der Ton, der über zwölf Lautsprecher unter zwölf Granitsteinen hervorkommt, bis zu den Knien. In der 2007 entstandenen Pulsierenden Stille bewegt sich der Besucher zwischen zwei sehr eng hängenden Metallplatten hindurch, von denen tiefe Frequenztöne ausgehen, die den Besucher durchdringen und ihn in klaustrophobischer Umklammerung umfassen. Fast greifbar wird der Ton in den eigens für die Shedhalle entworfenen Klang-Spiegelungen aus dem Jahr 2016, in denen der Betrachter versucht ist, nach den akustischen Bildern auf den Reflektoren der kleinen Parabolspiegel, die hier zu Sendern werden, zu greifen. Was alle Installationen gemeinsam haben, ist, dass der Besucher zu einem Ganzkörperhören hingeführt wird, in dem die Grenzen des Raumes durch ihn selbst hindurchgehen.

Bernhard Leitner, Klangstein, seit 2003 im St.Pöltener Kulturbezirk © Atelier Leitner
Viele von Bernhard Leitners Werken eignen sich auch bestens für die Aufstellung im öffentlichen Raum. So ist sein Klangstein seit 2003 im Kulturbezirk St. Pölten in unmittelbarer Nähe zur Shedhalle zu sehen. Wie sehr die Installationen des Künstlers den Betrachter zu verblüffen vermögen, zeigt die Tatsache, dass Besucher immer wieder nach dem Wasserstrahl suchen, den Bernhard Leitner als Hörbild auf einen schwarzen, spiegelnden Monolithen projiziert.



© Foto: Christoph Fuchs
Im Kerber Verlag erscheint ein zweibändiger, reich bebilderter Katalog im Schuber mit Texten von Florian Steininger, Bernhard Leitner und Stefan Fricke. Band 1 befasst sich mit der Ausstellung "TON - RAUM - SKULPTUR", Band 2 mit dem Atelier des Künstlers in Ravelsbach, einer ehemaligen elektrischen Getreidemühle, die den atmosphärischen Rahmen für Bernhard Leitners durchaus raumgreifende Installationen bildet.
Das Ende der Zeit Kunst Niederösterreich in St. Pölten stimmt nach vielen seit 2012 realisierten, gelungenen Ausstellungen wehmütig. Ein Trost ist es dabei, dass die Zeit Kunst an ihrem zweiten Standort, der Dominikanerkirche in Krems, heuer noch die Ausstellung "ELISABETH VON SAMSONOW. TRANSPLANTS" eröffnet, die vom 5. Juni bis 16. Oktober 2016 zu sehen sein wird.


Text: MMag. Ursula Düriegl

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