Rotföhre, die Vielseitige

Rotföhren, Foto: Georg Teischinger

Wenn man durch die Wälder und Berge des südlichen Niederösterreich wandert, begegnet man einem besonders anmutenden, Wärme ausstrahlenden Baum. Der rötliche Baum mit breiter Krone erinnert uns an den Süden, den Pinienduft des Urlaubs, ans Meer und vor allem an Erholung. Es handelt sich hierbei um die Rotföhre oder wissenschaftlich Pinus sylvestris. Das lateinische Pinus bezieht sich auf ihre langen spitzen Nadeln. Die Rotföhre ist ein bis zu 40 Meter hoher, immergrüner Nadelbaum. Sie ist auch bekannt als Waldföhre, Waldkiefer, Kienföhre oder Weißkiefer. Sie ist ein sehr anpassungsfähiger, weit verbreiteter und holzwirtschaftlich oft genutzter Baum, der sich vor allem an trockenen Standorten wohlfühlt.

Ihre wichtigsten Merkmale

Stellvertretend für alle Koniferen besitzt die Rotföhre große, rundliche Zapfen, umgangssprachlich „Bockerl“ genannt. Ihre Nadeln sind bis zu 7cm lang. Ihre Rinde ist rötlich mit grober Borke, die rötliche Rinde Namensgeber für den Baum. Die Rotföhre produziert etwas weniger Harz als ihre Cousine die Schwarzföhre. Dieses Harz dient dem Wundverschluss ihrer Rinde, sowie der Abwehr von Krankheiten, dem Schutz vor verschiedenen Pilzen oder auch Eindringlingen, wie holzliebenden Käferarten. Der wohltuende Duft des Harzes erinnert uns, wie schon erwähnt, an den Pinienduft des Meeres. Darüber hinaus ist das im Gegensatz zur Schwarzföhre weniger harzreiche Holz sehr interessant für die Holzwirtschaft. Ihre Pfahlwurzeln erreichen eine Tiefe von bis zu acht Metern. Ihre Seitenwurzeln können bis zu 16 Meter lang werden. Dieses enorme Wurzelwerk kann einerseits Wasser aus einem großen Bereich beziehen und macht andererseits die Rotföhre sehr sturmfest.

Ihre Verwandten

Kiefern sind Nacktsamer (Gymnospermae), deren Samenanlagen im Gegensatz zu den Bedecktsamern (Angiospermen), nicht bedeckt oder eingeschlossen in einem Fruchtknoten sind. Sie gehören zu der Übergruppe der Koniferen, deren Gattung Pinus mit 110 Arten die artenreichste Gruppe innerhalb der Kieferngewächse ist. Die Rotföhre ist genetisch gesehen einzigartig und besteht weltweit nur aus 50 bis 150 unterschiedlichen Sippen mit genetisch unterschiedlicher Ausprägung.

Wo begegnet man der Rotföhre in Niederösterreich und weltweit?

Rotföhre
Foto: Georg Teischinger
Kiefern sind generell nur in der nördlichen Hemisphäre von Nordamerika über Europa bis nach Ostasien natürlich verbreitetet. Eingeschleppt und erfolgreich angepflanzt wurden Kiefern auch in der südlichen Hemisphäre. In ihrem ursprünglichen Habitat Europa reicht ihr Verbreitungsgebiet von Mitteleuropa über Ostasien bis nach Sibirien.

Die Rotföhre fühlt sich nicht nur auf trockenen Standorten wohl. Durch ihre hohe Toleranz und Ausdauer, kann man der Rotföhre auch bei Wanderungen im moorigen Waldviertel oft begegnen. Die Rotföhre benötigt in jungen Jahren wenig Licht, fühlt sich aber ausgewachsen an sonnigen Standorten bedeutend wohler. Als sogenannte konkurrenzschwache Halblichtbaumart steht sie in ihrer Wachstums- und Jugendphase in Konkurrenz zu der lichtbedürftigeren Schwarzföhre (Pinus nigra).

In Österreich und Mitteleuropa wurde die sehr anpassungsfähige und weit verbreitete Rotföhre durch forstwirtschaftlich stärker genutzte Bäume, wie Fichte oder Buche, in extreme Standorte abgedrängt. An diesen extremen Standorten, wie Moore oder trockene, steinige Böden, sind Rotföhren einem enormen Stress ausgesetzt, wodurch sie Mangelerscheinungen, wie z.B. Krüppelwuchs, aufweisen.

Niederösterreich ist eines der waldreichsten Gebiete in Europa. Begeben wir uns jetzt auf eine einzigartige Reise durch diese weitläufigen Wälder Niederösterreichs, um uns die Verbreitung der Rotföhre genauer anzuschauen. Starten wir diese Reise durch Niederösterreich in der malerischen Kunststadt Krems und gelangen dann ins nördliche Waldviertel nach Horn vorbei an den mystischen Wackelsteinen. Überall dort laufen wir der Rotföhre sehr oft über den Weg.

Wenn wir uns jetzt vorstellen, weiter nach Hollabrunn ins nordöstliche Weinviertel durch den schon von keltischen Siedlern verehrten Ernstbrunner Eichenwald und weiter nach Mistelbach zu reisen, werdet ihr die Rotföhre in manchen Weingärten und Wäldern vereinzelt begrüßen dürfen.

Auf dieser Reise geht es jetzt zügig weiter in die südliche Berglandschaft der Gutensteiner Alpen. Ja, auch dort werdet ihr vereinzelt die Rotföhre antreffen. In diesen Gebieten wurde die Rotföhre aber wahrscheinlich vom Menschen angepflanzt.

So und jetzt aber schnell weiter an den traumhaften Bergen Kieneck, über wunderschöne niederösterreichische Bergrücken an Rax und Schneeberg vorbei, kommen wir in die Bucklige Welt und beenden unsere Reise in Wiener Neustadt. Überall dort am Weg begegnen wir der Rotföhre wieder öfter. Meist läuft sie uns mit ihrer häufiger verbreiteten Verwandten, der Schwarzföhre, über den Weg. Beide Baumarten wurden auch dort von unseren Vorfahren angepflanzt.

Warum pflanzten Menschen die Rotföhre aktiv an?

Die Bäuerinnen und Bauern des Mittelalters nutzten Blätter der Laubbäume wie Eichen oder Buchen als Einstreu ihrer Stallungen. Viele Samen, Nüsse und Blätter wurden auch teilweise an die Tiere verfüttert. Diese historische Landnutzung führte zu einer Versauerung des Waldbodens und zu einer Verdrängung der ursprünglichen Laubbäume durch die Rotkiefer. Die Schwarzkiefer und die Rotföhre wurden dann wegen ihrer Säurebeständigkeit als Laubbaumersatz zusätzlich aktiv angepflanzt.

Wem begegnen wir auf und um die Rotföhre noch, wenn wir durch unsere Wälder reisen?

Unterschiedliche Vogelarten wie Spechte, Meisen und Zitronenzeisig fühlen sich in den sonnig luftigen Rotföhren besonders wohl und ernähren sich im Winter von den Kiefernsamen. Auerhahn und Birkhuhn können wir ebenfalls in den Gutensteiner Alpen antreffen. Dieser Hühnervögel ernähren sich unter anderem von den Samen unserer Rotföhren. Kleine Krabbeltiere wie der Kiefernprachtkäfer und der Kiefernrüsselkäfer sind oft Gäste an der Rotföhre. Zusätzlich finden sich auch Schmetterlingsarten, wie Kiefernspanner und Kieferneulen auf der Rotföhre ein. Alle diese Insektenarten sind großteils auf Rotföhrenbestände angewiesen und enorm wichtig für unser Ökosystem.

Darüber hinaus werden wir des öfteren Forstarbeiter:nnen, Tischler:nnen und Bastlern begegnen, die das schön gemaserte, wohlriechende Holz für Inneneinrichtungen, aber auch wegen seiner Beständigkeit für Fensterholz und Bauholz ernten.

Rotföhren
Foto: Georg Teischinger

Schlussendlich die Frage, welche Herausforderungen noch auf unsere Rotföhren zukommen werden?

Der Klimawandel wird auch vor der Rotföhre nicht haltmachen. Es wird vermutet, dass die Rotföhre durch ihre Anpassungsfähigkeit mit trockenen, wärmeren und sonnigen Standorten besser zurechtkommen wird, als andere heimische Koniferen. Anzunehmen ist, dass die Rotföhre in Zukunft in inneralpinen warmen, trockenen Tälern von der auch gut an Wärme angepassten Flaumeiche verdrängt wird. Dieser biologische Shift, auch Artenwechsel genannt, wird schon im Schweizer Wallistal beobachtet.
Die Rotföhre ist, solange sie genügend Wasser zu Verfügung hat, ein in Zukunft forstwirtschaftlich interessanter Baum. Bei zu viel Trockenstress kann die Rotföhre nicht forstwirtschaftlich genutzt werden, weil sie einerseits einen zu schwachen Wuchs aufweist, dadurch zu viel Harz produziert, und für die Holzindustrie uninteressant ist.

Verschmutzung durch Abgase machen der Rotföhre sehr zu schaffen. Sie reagiert äußerst empfindlich auf Schwefeloxide. Diese Abgase aus Verkehr und Industrie führen im Alter zu einer bräunlich-gelblichen Färbung der Nadeln und können schon ab einem Alter von zwei Jahren zur Schwächung des Baumes und zum Absterben der Nadeln führen.

Auch Pilzbefall bereitet dem Baum Probleme. Pilzkrankheiten wie z.B. die Rotbandkrankheit, hervorgerufen durch den Pilz Dothistroma spp., ist erkennbar an der bänderförmigen roten bis gelblichen Verfärbung der Nadeln. Auch die Rinde kann davonbetroffen sein.

Eine weitere Pilzerkrankung, das Föhrentriebsterben, ausgelöst durch den Pilz Diplodia sapinea, bei dem sich ganze Triebe und Nadeln gelblich-braun verfärben und absterben, stellen eine Gefahr für die Rotföhre dar.

Eine weitere Herausforderung ist die Triebschwindenkrankheit.  Ausgelöst wird diese Krankheit durch den Pilz Cenangium ferruginosum. Dieser Pilz befällt die Triebansätze an den Ästen und die Äste rund um die Triebansätzep. Der Pilz tritt vor allem durch braun bis schwarz gefärbte Äste, Triebe und Nadeln in Erscheinung. Auf den Ästen sind bei Befall von Cenangium ferruginosum auch Fruchtkörper als kleine 0,5 cm große rundliche schwarze Auswüchse zu erkennen.

Diese häufigsten Pilzerkrankungen der Rotföhre werden durch feuchtwarmes Wetter mit unregelmäßigen und massiven Niederschlagsmengen, in Kombination mit wärmeren Tagen durch den Klimawandel, vermutlich begünstigt.

Auch macht der Rotföhre der Trockenstress durch wenig Niederschlag und lange Hitzeperioden zu schaffen. Vor allem das viel beobachtete Absterben des Baumes durch den Befall verschiedener Borkenkäferarten setzt die heimischen Wälder unter Druck. Eigentlich sind viele Borkenkäferarten Nützlinge, die unsere Wälder von kranken Bäumen und schlechtem Totholz befreien. Zu Unrecht kamen diese außerordentlichen, interessanten und nützlichen Borkenkäferarten dadurch in Verruf.

Die starke, intensive forstwirtschaftliche Nutzung und der menschengemachte Klimawandel ist hauptverantwortlich dafür, dass sich der wärmeliebende Borkenkäfer drastisch vermehrt. Diese Faktoren in Kombination mit dem Klimawandel setzen den Baum unter Stress, was den Befall begünstigt und zum Absterben der Rotkiefer führt.

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Autor: Georg Teischinger

Quellen:
Farjon, A. (1998): World Checklist and Bibliography of Conifers. Kew: Royal Botanical Gardens.
Kiermaier, P. 1993: BdB-Handbuch, Teil VIII, Wildgehölze des mitteleuropäischen Raumes, 5. Auflage, Pinneberg: Fördergesellschaft "Grün ist Leben" Baumschulen mbH
Kilz, E. (1995): Kiefernwirtschaft – quo vadis? Der Wald Berlin 45, 15–17
Leitgeb, E. , Starlinger, F. (2022): Rolle der Kiefern im Klimawandel, Institut für Waldökologie und Boden, Bundesforschungszentrum für Wald
Machura, L. (1949): Über die natürliche Waldbedeckung Niederösterreichs
Mayer, H. (1977): Waldbau auf soziologisch-ökologischer Grundlage, G. Fischer- Verl. Stuttgart - New York, 3., neu bearb. Aufl. 1984.
Pfosser, M. (2009): Naturkundliches Objekt des Monats - Biologiezentrum Linz, Ausgabe 2009_05
Schütt P., Schuck, H. J. & Stimm, B. (2002): Lexikon der Baum- und Straucharten, das Standardwerk der Forstbotanik, Hamburg: Nikol Verlag

https://bfw.ac.at/300/pdf/wald(boden)sanierung.pdf
https://www.kuratoriumwald.com/rotf%C3%B6hre-infos

Weiterführende Links:
https://www.bluehendesoesterreich.at/naturlexikon/rotfoehre-rotkiefer
https://www.waldwissen.net/de/
https://bfw.ac.at/rz/bfwcms2.web?dok=5604
https://www.kuratoriumwald.com/rotf%C3%B6hre-infos

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