Flink in Grün – die Zauneidechse

Titelbild: Zauneidechse, Foto: Monika Schaar-Willomitzer

Bei einem Spaziergang raschelt es plötzlich am Wegesrand. Sofort bleibt man stehen, um nachzuschauen, welches Tier das sein könnte. Eine Maus? Eine Eidechse? Tagsüber im warmen Sommer ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es sich um Letztere handelt, doch nur mit Glück bekommt man das Tier zu sehen, denn Eidechsen sind sehr schnelle Reptilien, die sofort einen Unterschlupf finden. Gerade die Zauneidechse macht auf ihrer Flucht aber auch immer wieder Halt in Deckung, sieht nach der Ursache der Gefahr, um dann wieder ein Stück weiter zu laufen. Vielleicht kann man sie ja doch sehen…

Zauneidechse im Museumsgarten
Zauneidechse im Museumsgarten, Foto: Helga Metzenroth

Etwas bessere Chancen hat man im Museum Niederösterreich. Vier von fünf in Niederösterreich vorkommenden Arten von Echsen werden hier in naturnahen Terrarien gezeigt. Neben der Zauneidechse (Lacerta agilis) sind das die Mauereidechse (Podarcis muralis), die Östliche Smaragdeidechse (Lacerta viridis) und die Blindschleiche (Anguis fragilis), die ja keine Schlange, sondern eine beinlose Echse ist. Es fehlt nur die Berg- oder Waldeidechse (Zootoca vivipara).

Scheue Sonnenanbeterinnen

Da Eidechsen scheue Tiere sind, braucht man allerdings auch im Museum ein bisschen Geduld und Glück, um sie beobachten zu können. Es empfiehlt sich, mehrmals an den Gehegen vorbeizuschauen, denn regelmäßig kommen die kleinen Reptilien aus ihren Verstecken, um sich auf einer erhöhten Warte unter einer der installierten Wärmelampen aufzuwärmen. Dieses Sonnenbaden ist eine wichtige Verhaltensweise auch in freier Natur, denn alle Reptilien sind wechselwarme Tiere, die externe Wärmequellen benötigen, um ihre Betriebstemperatur zu erreichen. Zauneidechsen richten ihren Körper dazu direkt zur Sonne aus und flachen ihn ab, um möglichst viel Fläche der Wärme auszusetzen. Zu viel Hitze meiden Zauneidechsen allerdings und bewegen sich an sehr heißen Tagen mehr in der Vegetation oder bleiben sogar in ihren Verstecken, wie verlassenen Nagetierbauten, Löchern und Spalten in der Erde oder zwischen Steinen und Holzstücken.
Tagsüber gehen die Zaunidechsen aktiv auf die Jagd nach allerlei Kleingetier. Dabei sind Insekten wie Heuschrecken, Käfer, Raupen und Spinnen besonders beliebt. Aber auch die kleinen Reptilien selbst müssen sich vor einer großen Zahl an hungrigen Beutegreifern in Acht nehmen.
Dazu gehören verschiedene Greif- und Rabenvögel sowie Säugetiere wie Marder, Füchse, Igel oder Wildschweine. Die ebenfalls in Niederösterreich lebenden Schlingnattern fressen sehr gerne Echsen. Untersuchungen haben gezeigt, dass unter den Vögeln besonders Turmfalken und die in großen Zahlen zur Jagd ausgesetzten Fasane viele Zauneidechsen erbeuten. Umstritten ist die Frage, inwieweit freilaufende Hauskatzen zur Dezimierung der Eidechsen beitragen, einige Untersuchungen deuten durchaus darauf hin (siehe auch die untenstehenden Links). Wie ihre Verwandten können auch Zauneidechsen ihren Schwanz an Sollbruchstellen brechen und abwerfen, um Feinden zu entgehen (Autotomie).

Meist gut getarnt, auf Brautschau aber strahlend grün

Woran erkennt man nun die Zauneidechse? Wie andere Eidechsenarten sind auch Zauneidechsen sehr variabel gefärbt bzw. gemustert, was ihre schnelle und eindeutige Bestimmung oft erschwert. Typisch für die Zauneidechse ist ein deutliches, dunkles, recht breites Band auf dem sonst helleren Rücken, das aus schmäleren, gekielten Schuppenreihen besteht. Drei schmale, helle Längsstreifen sind nicht immer gut zu erkennen. Die Flanken zeigen unterschiedliche Muster an Marmorierungen oder Flecken, darunter meist typische „Augenflecken“, also helle Flecken, die dunkel eingerahmt sind. Diese fehlen bei der Mauereidechse, die auch zierlicher und langschwänziger als die eher plump und kompakt wirkende Zauneidechse ist. Bergeidechsen sind noch kleiner als die beiden genannten Arten. Zauneidechsen erreichen bei uns eine Gesamtlänge von 24 cm.

Zauneidechse
Zauneidechse, Foto: Zechel

Eine leuchtend grüne Färbung der Flanken und der Kehle zeigen nur die Männchen in der Paarungszeit, Weibchen bleiben braun oder grau. Mauereidechsen sind dagegen nur selten etwas grünlich und das eher in Italien. Smaragdeidechsen wiederum sind größer und die Männchen haben eine blaue Kehle. Übrigens gehören auch die Zauneidechsen zu den Smaragdeidechsen im weiteren Sinne (Gattung Lacerta).  
Die Bauchseite der Zauneidechsen ist bei den Weibchen weißlich bis gelblich, bei den Männchen grünlich. Es gibt aber auch fast einfärbige Varianten. Diese können braun, grün oder sogar schwarz sein. Eine rotrückige Form (genannt „erythronotus“) kommt auch in unseren Breiten vor.

Wann kann man sie beobachten?

Die Zauneidechse ist nur etwa die Hälfte des Jahres aktiv. Jungtiere kommen im März als Erste aus den Winterverstecken, gefolgt von den Männchen und 1 bis 3 Wochen später den Weibchen. Nach der Paarung im Frühling werden zwischen Mai und Juli ein bis zwei Mal 5 bis 15 Eier in ein selbst gegrabenes Erdloch gelegt und von der Sonnenwärme ausgebrütet. Nach 1,5 bis 2 Monaten schlüpfen die Jungtiere. Schon im August ziehen sich viele Männchen in ein geschütztes Quartier zur Winterruhe zurück, die Weibchen und Jungtiere etwas später im September bis spätestens Oktober.

Weit verbreitet und doch zunehmend gefährdet

Neben der Bergeidechse ist die Zauneidechse die am weitesten verbreitete und häufigste Eidechsenart in Mitteleuropa.
Sie kommt von Frankreich und Südengland über ganz Mittel- und Osteuropa bis zum Baikalsee und im Süden bis Nordgriechenland vor. Dabei bevorzugt sie flache bis hügelige Lagen. Sie lebt in eher trockenen und warmen, aber nicht zu heißen Lebensräumen, die offen und nicht zu waldig sein sollen. Für Niederösterreich bedeutet das, dass sie besonders charakteristisch für Weinviertel, Wienerwald, Wiener Becken und Alpenvorland ist. Der Name Zauneidechse deutet schon darauf hin, dass diese Art gerne Saum- und Übergangshabitate besiedelt. Beispiele sind Wald- und Feldränder sowie Zonen entlang von Verkehrswegen wie Bahndämme, aber auch Weinberge oder naturnahe Gärten.
Dennoch findet bei dieser Art in den letzten Jahren ein Trend zum Bestandsrückgang statt. Gründe sind Lebensraumverlust und Beeinträchtigung der Nahrungsgrundlage durch Biozide.
Einige Beispiele für Ursachen: Verbuschung und Verlust offener Flächen und Saumhabitate; Abtragung von Schotter stillgelegter Bahnlinien, Entfernung von Hecken, Umwandlung von Magerrasen in Grünland oder Äcker.
In Niederösterreich ist die Situation je nach Region unterschiedlich. So scheint der Bestand in den Donauauen recht stabil zu sein, der im Weinviertel beispielsweise sinkt dagegen besorgniserregend.

Bereits zum zweiten Mal Reptil des Jahres

In Österreich wird die Zauneidechse aktuell in der Rubrik „Gefährdung droht“ der Roten Liste eingestuft, in Deutschland steht sie auf der „Vorwarnliste“, in der Schweiz und anderen europäischen Ländern gilt sie bereits als „gefährdet“.
Um auf diese Problematik hinzuweisen, wurde die Zauneidechse von der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) gemeinsam mit der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie (ÖGH) und anderen europäischen Partnern heuer erneut zum Reptil des Jahres gewählt. Damit soll sie nach der Nominierung im „Corona-Jahr“ 2020 eine zweite Chance auf die verdiente öffentliche Aufmerksamkeit erhalten.

Wie kann man die Zauneidechse schützen?

Behördlich und politisch kann man bestehende Schutzgesetze besser umsetzen, in der Raumplanung, Forst- und Landwirtschaft kann man typische Lebensräume bewahren oder neu schaffen: Aufwertung von Waldrändern und Wiesen, Offenhaltung von Habitaten durch extensive Beweidung oder nicht bodennahe Streifenmahd, Vernetzung von Lebensräumen und dergleichen.
Aber auch jede*r Einzelne kann dazu beitragen, die „flinke Eidechse“ (Lacerta agilis wörtlich) zu schützen. Naturnahe Gärten mit viel Struktur bieten Nischen und Versteckmöglichkeiten (Holzstöße, Steinhaufen) und die nötige Artenvielfalt an wirbellosen Tieren.
Sichtungen von Zauneidechsen können an die herpetologische Abteilung des Naturhistorischen Museums (Dr. Silke Schweiger) gemeldet werden (siehe auch untenstehenden Link zum Standard-Interview).

Kontakt:

Telefon: +43 1 52177-619

Übrigens sind in Niederösterreich alle 20 Amphibien- und alle 12 Reptilienarten streng geschützt. Man darf weder die Tiere und ihre Entwicklungsstadien, noch ihre Lebensräume beeinträchtigen oder zerstören. Die Zauneidechse ist auch europaweit im Rahmen der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie geschützt.
Noch vor Jahrzehnten war die Zauneidechse eine allgegenwärtige Erscheinung. Das hat sich leider geändert. Ihre schöne und variable Färbung macht sie heute zu einem attraktiven und sympathischen Aushängeschild des heimischen Reptilienschutzes, zu dem wir alle unseren kleinen Beitrag leisten können.

Autor: Mag. Michael Schroll

Quellen und Links:

Tiedemann, F., 2002. Lurche (Amphibien) und Kriechtiere (Reptilien) in Niederösterreich. In: Natur im Herzen Mitteleuropas (Katalog des Museums Niederösterreich). Niederösterreichisches Pressehaus Druck- und Verlagsgesellschft m. b. H.
Kwet, A., 2005. Reptilien und Amphibien Europas. Der Kosmos Naturführer. Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG. Stuttgart

Die Zauneidechse ist Reptil des Jahres 2020 und 2021 - NABU
Zauneidechse_Flyer_Web.pdf (dght.de)
Zauneidechsen_Broschüre_Web.pdf (dght.de)
https://de.wikipedia.org/wiki/Zauneidechse
https://naturschutzbund.at/lurch-reptil-leser/items/id-2020-zauneidechse.html
https://www.dght.de/zauneidechse
https://stadtwildtiere.at/tiere/zauneidechse
https://www.derstandard.at/story/2000117583077/die-zauneidechse-ein-gefaehrdeter-gartengast

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