Grosstrappe

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Die reiche Region

Das Umland des Nationalparks hat ein hohes Naturpotential
Au-Blick, Ausg. Nr. 37
Ein besonderer Schatz ist bis heute im Marchfeld, der Kornkammer Österreichs zu finden. Nur wenige Kilometer vom schlossORTH Nationalpark-Zentrum entfernt, inmitten der modernen Agrarlandschaft, leben noch einige wenige Exemplare der seltenen Großtrappe (Otis tarda). Sie zeigt uns, welch hohen Naturschutzwert nicht nur die Auen bieten, sondern auch das Umland des Nationalparks hat – oder haben kann, wenn man sich aktiv darum bemüht.
Die Großtrappe ist eine Charakterart der offenen Kulturlandschaft. Sie kam mit der traditionellen Form der Landwirtschaft gut zurecht, war im Marchfeld verbreitet und wurde bis in die 1960er Jahre sogar bejagt. Dass heute immer noch einige Individuen im Marchfeld und auch auf der Rauchenwarther Platte südlich der Donau beobachtet werden können, ist einem aufwändigen Trappenschutzprogramm zu danken. In Zusammenarbeit von Landwirten, Jägerschaft und Naturschutz werden seit 1995 eigene Trappenschutzflächen in der Region angelegt und aus dem Agrar-Umweltprogramm (ÖPUL) gefördert. Speziell bewirtschaftete Ackerflächen schaffen erst die geeigneten Lebensbedingungen für die Brut und die Aufzucht der Jungen.
 

Marchfeld, Foto: Kovacs, Manzano

Die Großtrappe braucht weiträumige offene Landschaften und verträgt sich daher nicht mit Starkstromleitungen oder Windkraftanlagen. Sie ist Leitart für ein großes Europaschutzgebiet im östlichen Marchfeld. Auch der Kaiseradler, der sich 2011 nach 200 Jahren wieder in den Donau-Auen angesiedelt hat, benötigt die offene Marchfeld-Landschaft zur Nahrungssuche. Ebenfalls Europaschutzgebiet sind die Überreste der ehemaligen ausgedehnten Sanddünen im Marchfeld mit alten Naturschutzgebieten wie den Sandbergen Oberweiden oder der Weikendorfer Remise.
Großtrappe, Foto: Kovacs, Manzano

In der Region südlich des Nationalparks bilden die Steppen- und Trockenrasen der Hainburger Berge mit ihrer eindrucksvollen Pflanzen und ihren hoch spezialisierten Tierwelt einen wunderbaren Kontrast zu den feuchten Lebensräumen der Auen. Eine große Besonderheit ist z. B. die Hainburger Federnelke (Dianthus lumnitzeri), die am Hainburger Schlossberg oder am Braunsberg zu finden ist. Sie ist ein Endemit, eine Art die nur hier und in den anschließenden Kleinen Karpaten vorkommt. Die großflächigen Trockenrasen sind ein Produkt Jahrhunderte langer Beweidung und bedürfen heute eines aktiven „Managements“: der regelmäßigen Entfernung von Gehölzen und Wiedereinführung der traditionellen Beweidung.
Die Donau-Auen sind seit gut 30 Jahren ein Teil des großen Landschaftschutzgebiets Donau-March-Thaya-Auen, ein Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung entsprechend der Ramsar-Konvention. Die March-Auen, traditionell mehr von menschlicher Nutzung geprägt als die Donau-Auen, stehen diesen im Naturschutzwert keineswegs nach. Der Tieflandfluss March prägt einen anderen Auen-Typ als der „Alpenfluss“ Donau, Fluss und


Auen sind Heimat von mehr als 500 gefährdeten Arten wie Schwarzstorch, Seeadler oder Urzeitkrebsen. In Marchegg, direkt hinter dem Schloss, findet man Europas größte Kolonie baumbrütender Weißstörche.
 

Was bringt die Zukunft?

Es ist nicht zu übersehen: Die einst „vergessene Region am Eisernen Vorhang“ nimmt heute eine rasante Entwicklung. Siedlungen wachsen und beanspruchen zunehmend Fläche, es zieht zahlreiche Menschen „aufs Land“ vor den Toren der Großstadt. Straßenprojekte werden vorangetrieben, der Flughafen Wien expandiert. Gewerbegebiete boomen – das jüngst eröffnete „G3“ bei Gerasdorf steht als Beispiel für die laufende Errichtung neuer Einkaufszentren außerhalb der Ortskerne. Dem wachsenden Energiebedarf bei steigender Nachfrage nach erneuerbaren Quellen wird mit neuen Windparks in der Region Rechnung getragen. Die Struktur der Landwirtschaft hat sich verändert und ist abhängig von europäischen Märkten, den Rahmenbedingungen und Zahlungen der europäischen und nationalen Agrarpolitik.
Die Marchfeldschlösser sind im neuen Glanz erstrahlt, Tourismusangebote werden  entwickelt, welche Menschen dies- und jenseits der österreichisch-slowakischen Grenzen ansprechen sollen. Der Wunsch nach Naturerlebnis wird bei der Freizeitgestaltung hoch gereiht, naturnahe Landschaften werden als Naherholungsziele zunehmend genutzt.
Alle diese Entwicklungen betreffen nicht nur die Menschen der Region, sie haben Auswirkungen auf Natur und Landschaft, auf Pflanzen und Tiere, innerhalb und außerhalb der Schutzgebiete. Im Nationalpark sind wertvolle Lebensräume und seltene Arten  geschützt, außerhalb des Nationalparks bietet der Status der Europaschutzgebiete den „besonderen“ Lebensräumen und ihren Bewohnern einen gewissen Schutz.
Doch wird das reichen? Oder wird der Nationalpark Donau-Auen in naher Zukunft eine letzte schmale Natur-Insel sein, inmitten einer intensiv vom Menschen genutzten Landschaft, die sich nur wenig von den Landschaften im Umfeld anderer großer Städte unterscheidet?

Text: Carl Manzano, Erika Dorn


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Eine der bedrohtesten Vogelarten als Zeiger für den Zustand unserer Kulturlandschaft

Foto: www.kovacs-images.com

Gesunde Ernährung, ökologische versus intensive Landwirtschaft, Verlust der Biodiversität – Stichworte, die wir derzeit oft hören oder lesen. All das hängt zusammen, miteinander und mit unserer direkten Umgebung, der Kulturlandschaft, die auch Naturlebensraum ist. Die Landschaft in Mitteleuropa und damit auch in Niederösterreich ist heute fast zur Gänze Kulturland. Seit Jahrhunderten sind die ursprünglichen Mischwälder sukzessive in Forste, Felder, Wiesen und Weiden verwandelt worden. Die Zusammensetzung unserer Fauna und Flora hat sich entsprechend geändert. Viele Tierarten mussten sich an die landwirtschaftlichen Gegebenheiten anpassen. Andere sind neu eingewandert, darunter Arten, die eigentlich an die Steppe angepasst sind. Mit der Intensivierung der Landwirtschaft sind aber heute selbst Arten, die früher geradezu als Allerweltsarten von Feld und Flur bekannt waren, seltener geworden, man denke an Feldhase, Feldlerche oder Rebhuhn.

Foto: www.kovacs-images.com

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Ein typischer Steppenbewohner ist auch die Großtrappe. Sie benötigt offene, trockene Ebenen oder extensiv bewirtschaftetes Kulturland mit großer Fläche und gutem Überblick. Das Männchen mit einer Körperlänge von 90 – 105 cm und einem Gewicht von bis zu 16 kg gehört zu den größten und schwersten flugfähigen Vögeln der Welt. Das Weibchen ist viel kleiner und zierlicher. Berühmt sind diese imposanten und geselligen Allesfresser für ihre spektakuläre Gruppenbalz im April und Mai. Bei dieser „krempeln“ die Männchen geradezu einen Großteil des Gefieders von innen nach außen und schütteln die weißen Federpartien, um den Weibchen zu imponieren, während Kopf und Hals im Rücken verborgen sind.

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Dieses Schauspiel kann man mittlerweile nur mehr selten beobachten, denn die Großtrappe ist in Österreich vom Aussterben bedroht (Rote Liste Kategorie 1 bzw. „Critically Endangered“).
Gründe dafür sind Fragmentierungen der Lebensräume und Störungen durch die intensive Landbewirtschaftung. Die angebauten Pflanzen wurden dichter und es werden weniger Schmetterlingsblütler wie Luzerne angebaut. Neben vielfältiger Pflanzenkost (Schmetterlingsblütler, Kreuzblütler, Kräuter, Beeren, Rhizome…) spielen auch Insekten als Nahrung eine wichtige Rolle, aber auch diese werden weniger. Potentielle tierische Gefahren für die Brut stellen Füchse und Wildschweine dar, deren Populationen wachsen. Die tief fliegenden Vögel werden zudem oft Opfer von Stromunfällen an Hochspannungsleitungen. Die allgemein hohe Störungsanfälligkeit und die große Fluchtdistanz von über 1 km tragen das Ihre zum Rückgang  bei. 


Foto: www.kovacs-images.com

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Internationale EU-Schutzprojekte kämpfen seit einigen Jahren um den Erhalt dieser einzigartigen Vögel in der Grenzregion Österreich, Ungarn und der Slowakei.

In Österreich gibt es etwa 100 Großtrappen (v.a. Burgenland und Weinviertel), den größten Bestand in Mitteleuropa hat Ungarn (etwa 1200).
Hierzulande wurden mehrere Trappenschutzgebiete ausgewiesen, etwa in Form von Natura 2000-Gebieten oder im Rahmen des österreichischen Programms zur Förderung einer umweltgerechten, extensiven und den natürlichen Lebensraum schützenden Landwirtschaft (ÖPUL 2000). 

Von 2010 bis 2015 läuft ein aktuelles LIFE+-Projekt zum Schutz der gesamten westpannonischen Population.
 


Großtrappen im Landesmuseum,
Foto:Schaar


Die drei wichtigen Trappengebiete Niederösterreichs sind das Westliche Weinviertel, das Marchfeld und die Rauchenwarther Platte. Den Wert solcher Lebensräume kann man mit der richtigen Pflanzenmischung auf Brachen (z.B. Klee-Luzerne-Gras-Raps) erhöhen. Wichtig sind auch Erdverlegungen bzw. Markierungen von Hochspannungsleitungen.
 

Mit der richtigen Mischung aus Lebensraumschutz, Managment und Interessensausgleich kann man auch heutzutage einen Kompromiss zwischen den Erfordernissen der Landwirtschaft und des Artenschutzes schaffen. Auch und gerade für anspruchsvolle und gefährdete Arten der Kulturlandschaft wie der Großtrappe. 


Grosstrappe: Foto: Steven Cooper / photos.com


Grund zur Hoffnung, das Schauspiel der Trappenbalz im April und Mai weiterhin beobachten zu können, gibt es: Im Westlichen Weinviertel wurden Mitte der 90er Jahre 22 Großtrappen gezählt, heute sind es wieder über 60. Nähere Informationen zu den niederösterreichischen Schutzbemühungen gibt es z.B. unter www.grosstrappe.at 

Text: Michael Schroll

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