Museum zu Gast: Franz Ferdinand Museum Artstetten

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Schloss Artstetten (© Elisabeth Vavra)

Weithin sichtbar liegt das mehrfach umgebaute ehemalige Renaissanceschloss Artstetten über dem Donautal. Seit 1823 war es im Besitz der Habsburger und diente seit 1868/9 als Sommersitz der Familie Erzherzog Carl Ludwigs. Carl Ludwig war einer der Brüder Kaiser Franz Josephs. Er war dreimal verheiratet. Seiner zweiten Ehe mit Maria Annunciata von Bourbon entstammte sein ältester Sohn Franz Ferdinand, der hier in Artstetten während seiner Kindheit mehrere Sommer verbrachte. 1890 ging das Schloss in seinen Besitz über. Unter Carl Ludwig erfolgte eine Aufstockung des Schlosses auf drei Geschosse und eine Neueindeckung der vier Türme. Weiters ließ er ein Badezimmer einbauen. Schloss Artstetten ging nach 1914 in den Besitz des ältesten Sohnes Max über. 1962 erbte es dessen ältester Sohn Franz Hohenberg.

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Badezimmer mit fließendem Kalt- und Warmwasser, Einbau veranlasst durch Carl Ludwig 1869 (© Elisabeth Vavra)
Zu Ostern 1982 wurde im Schloss Artstetten ein dem Andenken Erzherzog Franz Ferdinands gewidmetes Museum eröffnet. Heute präsentiert sich das Schloss mit dem historischen Schlosspark als modernes Museum und Veranstaltungszentrum. Die in den letzten Jahren neu gestaltete Ausstellung zeigt „Geschichte durch das Schlüsselloch“: Anita Hohenberg, die Urenkelin des ermordeten Thronfolgers, ermöglicht damit den Besucher*innen einen ganz persönlichen Zugang zur Geschichte und zum Schicksal ihrer Vorfahren, auch zu erleben durch eine App für iOS oder Android Smartphone/Tablet in deutscher und englischer Sprache („Durchs Schlüsselloch: 1.WK“).  

 

 

 

 

 

 

Das Museum

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Die Protagonisten (© Elisabeth Vavra)

Mit mehr als 20 Ausstellungsräumen und unzähligen spannenden Objekten lädt das Museum zu längerem Verweilen ein. Falls man zwischendurch eine Auszeit braucht, bietet sich das Schloss-Café an, das mit seinen historischen Salons und der Sonnenterrasse österreichische Kaffeehaustradition folgt. Da neben dem Museum auch noch Kirche, Familiengruft und der historistische Schlosspark zu einem Besuch einladen, lohnt es sich, für die Besichtigung von Schloss Artstetten einen Tag einzuplanen. An Sonnentagen sollte man vielleicht auch ein Picknick im Schlosspark ins Auge fassen, das das Schloss-Café anbietet.

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Blick in den Ausstellungsraum „Franz Ferdinand und die Marine“ (© Elisabeth Vavra)
Die Ausstellung bietet in den ersten Räumen einen Überblick über die geschichtlichen Ereignisse, die vom Attentat in Sarajewo zur Katastrophe des Ersten Weltkriegs und letztendlich zur Neuordnung Zentraleuropas nach dem Zusammenbruch des Habsburgerreiches führten. Daran anschließend werden das Leben des Thronfolgers und das Schicksal der neu begründeten Familie Hohenberg von 1914 bis heute mit reichem Objektmaterial den Besucher*innen nahe gebracht. Ich greife im Folgenden nur einige Stationen aus dem Leben des Thronfolgers heraus, die im Museum mit zahlreichen Exponaten beleuchtet werden. Sie sollen die Leser*innen dieses Beitrags zu einem Besuch animieren.

 

Kindheit und Jugend

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Der 6jährige Franz Ferdinand mit seinen Brüdern Ferdinand und Otto (© Archiv Schloss Artstetten)
Wer war eigentlich Franz Ferdinand? Sein Vater war Erzherzog Carl Ludwig (1833–1896), ein jüngerer Bruder Kaiser Franz Josephs. Carl Ludwig zeigte Zeit seines Lebens kaum Interesse für Politik oder Militär. Lieber widmete er sich als Protektor zahlreichen Kultur-, Kunst- und Gewerbevereinen, was ihm in der zeitgenössischen Presse den Namen Ausstellungserzherzog eintrug. Schon nach zwei Jahren verstarb seine erste Gemahlin Prinzessin Margarete von Sachsen (1840–1858), Tochter König Johanns I. von Sachsen und Prinzessin Amalies von Bayern. In zweiter Ehe vermählte er sich 1862 mit Prinzessin Maria Annunziata von Bourbon (1842–1871), Tochter König Ferdinands II. beider Sizilien aus dessen zweiter Ehe mit Erzherzogin Therese von Österreich. Am 18. Dezember 1863 erblickte in Graz das erste Kind das Licht der Welt und wurde Franz Ferdinand getauft. Schon 1871 verstarb seine Mutter an Tuberkulose. Zwei Jahre später heiratete Carl Ludwig die erst 18jährige Prinzessin Maria Theresa von Braganza (1855–1944), Tochter Herzog Miguels I. von Braganza und Prinzessin Elisabeths von Thurn und Taxis. Mit ihr bekam Franz Ferdinand eine liebevolle Stiefmutter, die ihm in den schwersten Stunden unterstützend zur Seite stand, wie die erhaltenen Briefe zeigen.

Franz Ferdinand war zunächst nur ein Erzherzog unter vielen. Noch ahnte niemand, dass er einst die erste Stelle in der Thronfolge einnehmen sollte. Unterricht erfuhr er gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Otto durch Hauslehrer. Der Tag war vollgestopft mit Unterrichtsstunden. Neben den üblichen Fächern standen Staatswissenschaften, Kirchenrecht, Latein, Englisch, Französisch, Tschechisch und Ungarisch auf dem Stundenplan. Der Schultag begann um 7:00 oder 7:30 und endete erst gegen 20:00. Und das an sechs Tagen in der Woche: Von der Früh bis in die Nacht, eine Stunde nach der anderen, alles durcheinander; kaum das wir einmal zwischen zwei Stunden brav an der Hand des Hofmeisters ein bisschen spazierengehen durften. So kommt es, daß wir alles gelernt haben und gar nichts Ordentliches wissen, so Franz Ferdinand über seine Schulzeit. Nach der Schulausbildung erfolgte wie üblich die Offiziersausbildung. Mit 19 Jahren trat er seinen Dienst beim Dragoner-Regiment Kaiser Ferdinand Nr. 4 in Enns an.  

Krankheit und Weltreise

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Erinnerungsstücke an die Weltreise (© Elisabeth Vavra)

Nach dem Selbstmord Kronprinz Rudolphs am 30. Jänner 1889 sah sich Franz Ferdinand plötzlich in der Rolle des Thronfolgers. Mit dieser Rangerhöhung waren natürlich noch mehr Pflichten und Aufgaben verbunden. Und gerade in dieser Zeit brach die gefürchtete Krankheit, an der bereits seine Mutter verstorben war, aus: Im Oktober 1891 erkrankten Franz Ferdinand und zwei seiner Schwestern an einem hartnäckigen Infekt. Zurück blieb bei ihm ein quälender Husten. Schließlich erfolgte die Diagnose Tuberkulose. Die noch heute gefürchtete Krankheit galt im 19. Jahrhundert als die Wiener Krankheit. Meist bedeutete sie das Todesurteil. Es gab weder Medikamente noch erfolgversprechende Therapien. Wer es sich leisten konnte, begab sich für längere Zeit in Sanatorien, um dort mit Liegekuren in gesunder Umgebung Heilung zu finden. Ein lungenkranker Thronfolger in einem Sanatorium – kaum vorstellbar. Eine Option wäre aber auch ein längerer Aufenthalt in frischer Meeresluft während einer Seereise: Franz Ferdinand konnte sich damit den lang gehegten Wunsch einer Weltreise erfüllen, die offiziell als wissenschaftliche Expedition deklariert wurde, in Wirklichkeit aber vor allem seinem Heilungsprozess dienen sollte.

Am 15. Dezember 1892 war es soweit. Der Torpedo-Rammkreuzer „Kaiserin Elisabeth“ stach in Triest in See, an Bord der Thronfolger Franz Ferdinand. Die Route führte zunächst durch den Suezkanal nach Ceylon und Bombay. Dann ging es zum Fuß des Himalayas. Weitere wichtige Stationen waren Kalkutta, Singapur und die vier großen Sunda-Inseln. Dann ging es weiter nach Australien, zu den Solomon-Inseln und nach Borneo. Von Hongkong aus setzte man nach Japan über. Der kanadische Dampfer „Empress of China“ brachte die Reisegruppe nach Nordamerika. Die erste Station war Vancouver. In Nordamerika besichtigte Franz Ferdinand den Yellowstone-Nationalpark, die Niagara-Fälle, Chicago und New York. Dann ging es zurück nach Europa. Die Rückreise wurde über Le Havre, Paris und Stuttgart angetreten. Am 18. Oktober 1893 traf Franz Ferdinand wieder in Wien ein.

Neben Souvenirs brachte Franz Ferdinand auch bedeutende volkskundliche und naturhistorische Objekte von seiner Weltreise nach Wien. Zunächst wurden die bedeutendsten in 17 Räumen des ersten Stockwerkes und in neun Sälen des Erdgeschoßes im Belvedere ausgestellt. Dann kamen die Objekte in die Hofmuseen und gehören noch heute zu den wertvollen Beständen des Weltmuseums und das Naturhistorischen Museums. 1895/6 wurden Teile seiner Reisetagebücher veröffentlicht. Darinnen finden sich auch Passagen, die sehr persönliche Eindrücke des Thronfolgers wiedergeben, etwa, wenn er die Lebensumstände in den Vereinigten Staaten kritisiert: Hart neben redlichem Gewerbe wird ein wüster Tanz um das Goldene Kalb aufgeführt, das hier die Gestalt des Dollars angenommen hat; ernstes Streben, geordnete öffentliche Zustände zu schaffen und zu erhalten, wird nur zu oft durch eine die maßgebende Kreise durchsetzende Korruption wettgemacht.

Nach der Weltreise im Juli 1895 flackerte die Tuberkulose noch heftiger auf und konnte nicht länger ignoriert werden. Man versuchte sie mit Liegekuren in klimatisch günstigen Gegenden in den Griff zu bekommen. Ein Alptraum für jemand, der so rast- und ruhelos war wie Franz Ferdinand, der immer wieder in depressive Phasen verfiel. So schreibt er vom Mendelpass bei Bozen aus an Nora Gräfin Fugger: […] bin so schwach und elend, daß ich kaum hundert Schritte gehen kann. Ich bin physisch und vor allem moralisch gebrochen […] ich muß für lange Zeit auf jede Lebensfreude verzichten, die Jagd, das Reiten, jede Beschäftigung aufgeben und nur als siecher Krüppel leben. Einziger Trost in diesen Monaten und Jahren, die er u.a. in Südtirol, auf der Insel Mali Losinj und in Ägypten verbrachte, waren die Briefe, die ihn erreichten. Darunter auch die von Sophie Gräfin von Chotek. Die Monate der Ruhe in gesundem Klima zeigten ihre Wirkung: Im Februar 1898 konnte eine Gesundheitskommission Franz Ferdinand ein Zeugnis über dessen vollständigen Genesung ausstellen.   

Ehemann und Familienvater

Franz Ferdinand und Sophie von Hohenberg (© Elisabeth Vavra)Mit dem Nachrücken in die Thronfolge wurde die Frage nach einer den Hausgesetzen der Habsburger entsprechenden Eheschließung aktuell. Eine zukünftige Ehefrau musste katholisch sein und einem regierenden Herrscherhaus Europas angehören. Für die Trauung war die Zustimmung des Kaisers erforderlich. Wo Franz Ferdinand auftauchte, versuchte man, ihm standesgemäße Bräute zuzuführen: lauter siebzehn- oder achtzehnjährige Piperln, eine schiecher als die andere, so Franz Ferdinand. Er wünschte sich hingegen ein nicht zu junges Wesen, mit bereits vollkommen gefestigtem Charakter und Anschauungen. Diesen seinen Vorstellungen entsprach eine Dame, die Franz Ferdinand vermutlich bereits 1891 anlässlich einer Soiree in Prag kennengelernt hatte: Sophie Gräfin von Chotek. Seit diesem Jahr standen sie in losem Kontakt, korrespondierten miteinander. Eine Liebesbeziehung dürfte sich allerdings erst später, etwa 1897/8, entwickelt haben. Die Choteks gehörten zum böhmischen Uradel. Sophie Gräfin von Chotek war Hofdame bei der Gemahlin Erzherzog Friedrichs, dem Urenkel Kaiser Leopold II., der in Preßburg residierte. Franz Ferdinand hielt sich öfter in Preßburg auf. Allerdings war nicht die im heiratsfähigen Alter befindliche Tochter Erzherzog Friedrichs der Grund, sondern die Hofdame Sophie. Als dies ruchbar wurde – angeblich wurde in der Uhr Franz Ferdinands das Porträt Sophies entdeckt –, kam es zum Skandal. Franz Ferdinand wurde umgehend nach Wien zitiert. In einer wohl heftigen Unterredung mit dem Kaiser beharrte der Thronfolger auf seinen Wunsch, Sophie Gräfin Chotek zu ehelichen. Der Kampf um die Eheschließung dauerte Monate. Juristen und Staatsrechtler wurden zu Konsultationen herangezogen. Selbst ausländische Mächte schalteten sich mit ihren Botschaftern ein. Franz Ferdinand war nicht bereit auf eine Ehe mit Sophie zu verzichten. Als Kompromiss bot sich eine morganatische Ehe ein: Die Kinder aus solch einer Ehe erhalten nicht die ihnen väterlicherseits zustehenden Titel, sondern folgen dem Rang der Mutter. Am 25. Juni 1900 war es endlich so weit: Kaiser Franz Joseph erteilte die Erlaubnis zur Eheschließung. Zum Trauungsort wurde das etwa 400 km von Wien entfernte Schloss Zákupy (Reichstadt) bestimmt, der Witwensitz der Erzherzogin Maria Theresia. Am Tag der Hochzeit, am 30. Juni, erhob der Kaiser Gräfin Chotek in den erblichen Fürstenstand mit dem Namen Hohenberg.

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Franz Ferdinand und Sophie Herzogin von Hohenberg mit ihren Kindern Ernst (* 1904), Sophie (*1901) und Maximilian (*1902), Fotografie, 1912 (©
Die Schickeria am Wiener Hof schäumte, die Presse berichtete aber durchwegs positiv über die Liebesheirat. Ein wenig erinnert die Berichterstattung an Lady Di, wenn etwa das Satireblatt Der Floh die Titelseite mit „Herzenskaiserin“ übertitelte und ein Gedicht auf das Brautpaar bracht, das mit folgenden Zeilen endete: Dein Reich ist nicht von dieser Welt, / Im Herzen bist Du Herrscherin, / Für den, der einst das Szepter hält, / Heut‘ schon die ‚Herzenskaiserin‘!

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Blick in die „Kinderstube“ (© Elisabeth Vavra)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ein Jahr nach der Trauung erblickte das erste Kind, eine Tochter, die auf den Namen Sophie getauft wurde, das Licht der Welt. Im Wiener Wohnsitz – im Schloss Belvedere – kam 1902 der erste Sohn, Maximilian, zur Welt. Zwei Jahre später wurde im Schloss Konopiště Ernst geboren. Das vierte Kind – ein Sohn – war eine Totgeburt. Es gab weder strenges Zeremoniell noch eine „Kindskammer“. Die Kinder wuchsen bei ihren Eltern auf. Wann immer möglich speiste Franz Ferdinand im Kreis seiner Familie. Bürgerlich wie das Familienleben waren auch die Speisen, die auf den Tisch kamen: Tafelspitz, Geselchtes mit Sauerkraut oder ein Schweinsbraten, davor eine Suppe. Hier im Kreis seiner Lieben konnte sich Franz Ferdinand von der Tagesarbeit erholen. In seinen Briefen spiegelt sich die Liebe zu seinen Kindern: Und unsere Kinder! Die machen meine ganze Wonne und meinen Stolz aus. Den ganzen Tag sitze ich bei ihnen und bewundere sie, weil ich sie gar so lieb hab. Und die Abende zu Hause […] die Kinder kugeln herum und werfen Alles von den Tischen herunter, das ist gar so köstlich und gemütlich!

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Sophie, Maximilian und Ernst von Hohenberg, Fotografie, 1908 (© Archiv Schloss Artstetten)

 

Gutsherr, Sammler, Denkmalpfleger

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Das „Sammelsurium“ (© Elisabeth Vavra)

Ein Jahr vor seiner Versetzung nach Prag 1888 hatte Franz Ferdinand das Schloss Konopiště gekauft. Im Laufe der Jahre baute er es zu einem beeindruckenden Fürstensitz um. Die umliegenden Häuser mussten seinen Ausbauplänen weichen. So entstand ein 300 ha großer Park. Das Schloss wurde modern ausgestattet: Strom wurde eingeleitet, hydraulische Aufzüge und Badezimmer eingebaut. Im Schloss wurde die Estensische Kunst- und Waffensammlung untergebracht – 1875 hatte Franz Ferdinand das Vermögen der Herzöge von Modena aus der Linie Habsburg-Este geerbt. Hier errichtete er auch ein Museum für St. Georgs-Darstellungen ein. Im Laufe der Zeit hatte er 3750 Objekte zu diesem Thema zusammengetragen. Ebenso interessiert war er an volkstümlicher Bauernkunst. Er plante die Errichtung eines Völkerkundemuseums, in der alle Völker der Habsburger-Monarchie vertreten sein sollten. Ebenso interessierte er sich für Volksmusik, so gab er anonym zwei Bände von „Gstanzeln“ (= Bezeichnung eines Spottgesangs im bayerisch-österreichischen Raum) heraus.

Schloss Konopiště wurde zum Lieblingssitz der Familie. Weitere Besitzungen waren das Schloss Chlumetz in Südböhmen, das zum Besitz der Herzöge von Modena gehörte. Schloss Artstetten hatte Carl Ludwig 1889 seinem Sohn geschenkt. Franz Ferdinand bestimmte es zum Witwensitz. In Kärnten besaß er das Jagdschloss Lölling, in dem er auch einige Wochen während seiner Erkrankung verbrachte. 1910 ließ er das Jagdschloss Blühnbach (Salzburg), das 1908 in den Besitz der Habsburger gekommen war, umbauen.

Franz Ferdinand war nicht nur ein begeisterter Sammler. Er setzte sich auch für die Erhaltung des kulturellen Erbes ein. 1910 wurde er mit kaiserlicher Verfügung zum „Protektor der Zentralkommission für Denkmalpflege“ ernannt. Noch vor seiner Ernennung hatte er sich immer wieder für die Erhaltung historischer Bauten eingesetzt und bei den zuständigen Behörden interveniert, wenn Gefahr drohte. 1907 verhinderte er so den Bau eines geplanten Tunnels, der unter dem Friedhof St. Peter in Salzburg durchführen sollte. Er bezeichnete das Vorhaben als Vandalismus der schlimmsten Sorte. Er setzte sich auch für eine Kontrolle des Kunstmarktes ein, um so einen Ausverkauf des kulturellen Erbes Österreichs zu verhindern.   

Die Schloss- und Pfarrkirche Artstetten

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Blick in den Innenraum der Schlosskirche (© Elisabeth Vavra)
Die dem Apostel Jakobus d. Älteren geweihte Pfarrkirche geht auf eine freistehende gotische Kapelle des 14. Jahrhunderts zurück. Zwischen 1691 und 1698 wurde der heutige barocke Saalbau errichtet. Die Erweiterung Richtung Westen schuf die Verbindung zum Schloss. Im Chor stecken noch die Reste des gotischen Vorgängerbaus. 1718 wurde Artstetten eine eigenständige Pfarre, deren Patronatsrecht (= Verantwortung für die Pfarr- und Kirchengemeinde, Verpflichtung zum Erhalt des Kirchenbaus etc.) noch heute bei den Besitzer*innen des Schlosses Artstetten liegt. Drei Großbrände richteten an Schloss, Kirche und Markt große Schäden an. Unter Erzherzog Carl Ludwig kam es zu umfassenden Restaurierungsmaßnahmen. Die heutige Einrichtung geht auf Franz Ferdinand zurück und spiegelt seine museale Sammeltätigkeit wieder: Der Hochaltar (Benedikt Faistenberger, 1659) stammt aus der Katharinenkirche in Kitzbühel, die Seitenaltäre aus bayerischen Kirchen. Das prächtige Marmorportal beim Nordeingang stand ursprünglich in Istrien.

Sarkophage Franz Ferdinands und seiner Gemahlin Sophie von Hohenberg in der Familiengruft (© Elisabeth Vavra)Nach Plänen Ludwig Baumanns – Wiener Eislaufverein, Planung Stadt Berndorf – Hofburg, Festsaaltrakt usw. – ließ Franz Ferdinand 1909 die Familiengruft errichten, da seiner nicht standesgemäßen Gemahlin und seinen Kindern ja die Kapuzinergruft als Begräbnisort verschlossen geblieben wäre. Hier nun fanden im ersten Raum der 1908 tot zur Welt gekommene vierte Sohn und 1914 Franz Ferdinand mit seiner Gemahlin ihre letzten Ruhestätten. Im zweiten Raum stehen die Sarkophage von Max und Ernst Hohenberg.

 

 

 

Der historische Park

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Das Areal rund um den Bade-Pavillon lädt zu einem längeren Aufenthalt ein (© Elisabeth Vavra)
Zu jeder Jahreszeit lohnt es sich, auch den Park zu besichtigen und dort länger zu verweilen. An der Kassa erhält man den Schlüssel für die kleine Tür, die in die Gartenanlage führt. Keine Angst – man kann ihn nicht verlieren, denn er hängt an einer kleinen Gartenschaufel.
Der rund um das Schloss Artstetten angelegte Park zählt zu den wichtigsten historistischen Landschaftsparks in Österreich. Alte Karten aus dem 18. und beginnenden 19. Jahrhundert zeigen die Vorläufer der heutigen Anlage: westlich des Schlosses eine große, eingefriedete, regelmäßig mit Bäumen bepflanzte Fläche. Unter Carl Ludwig entstand das historistische Gesamtkunstwerk: Das Gelände wurde neu modelliert, ein geschwungener Schwimmteich und ein Glashaus errichtet, Wasserleitungen für Brunnen und Fontänen verlegt. Bepflanzt wurde das ca. 5 ha große Gelände mit dichten, großen Strauchgruppen wechselnd mit Baumgruppen. In der Rasenlandschaft wurden solitäre Bäume eingefügt. Eine Kastanienallee bietet bis heute Schatten. Nach einem längeren Dornröschenschlaf ließ Franz Ferdinand den Park modernisieren. Exotische Gehölze wurden gepflanzt, die teilweise noch heute erhalten sind. Nach Plänen des Gartenarchitekten Josef Oskar Molnár wurden u.a. westlich des Schlosses Wassertreppen, Freitreppen und ein Rosenparterre angelegt.  

Vitrine im Museum Niederösterreich

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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© Andi Giesswein

 

Autorin: Prof.in Dr.in Elisabeth Vavra

Zum Weiterlesen:
Wladimir Aichelburg, Erzherzog Franz Ferdinand und Artstetten, Wien 1991.Erika Bestenreiner, Franz Ferdinand und Sophie von Hohenberg. Verbotene Liebe am Kaiserhof, München 2004.
Jean-Paul Bled, Franz Ferdinand. Der eigensinnige Thronfolger, Wien 2013.
Alma Hannig, Franz Ferdinand. Die Biografie, Wien 2013.
Christiane Scholler, Willkommen im Schloss. Anita Hohenberg über ihren Urgroßvater Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este, Schloss Artstetten 2011.
Friedrich Weissensteiner, Franz Ferdinand. Der verhinderte Herrscher, Wien 1983.

Schloss Artstetten:
Saison 2022: 1. April – 1. November
Öffnungszeiten (Museum, Familiengruft, Natur-Schlosspark, Shop):
täglich 10:00-16:30
(Öffnungszeiten des Natur-Schlossparks vorbehaltlich geschlossener Veranstaltungen)
https://www.schloss-artstetten.at/

 

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