Museum zu Gast: Das Zisterzienserstift Zwettl

Stift Zwettl (© Elisabeth Vavra)

Nur wenigen Klöstern ist es gelungen, ihre Pforten seit ihrer Gründung ohne Unterbrechung geöffnet zu halten. Zu diesen gehört das Zisterzienserstift Zwettl. Der Name Zwettl ist slawischen Ursprungs und bedeutet „lichter Ort, Lichtung" und – in einem weiteren Sinn – „lichtes Tal". Das Kloster hatte wesentlichen Anteil an der Erschließung des Waldviertels, das nicht zuletzt durch die Tätigkeit der Zisterzienser zum „Lebensraum“ wurde. Bis heute ist das Stift ein bedeutender regionaler Wirtschaftsfaktor.
1137 holte Hadmar I. von Kuenring zwölf Zisterzienser aus dem Mutterkloster Heiligenkreuz; er stellte ihnen Grund und Boden im unerschlossenen Waldgebiet des Nordwaldes für die Gründung eines Klosters zur Verfügung. Der Platz erfüllte die in den Ordensvorschriften festgeschriebenen Regeln: Abgeschiedenheit, fließendes Wasser, Schutz und ein reiches Betätigungsfeld für Rodung und Aufbauarbeit. Das 1159 geweihte Kloster wurde zum Hauskloster der Kuenringer. Eine erste Blüte erlebte es im 13. und 14. Jahrhundert. Die folgenden Jahrhunderte können als Krisenzeiten bezeichnet werden. Hussitenkriege, Reformationszeit und Dreißigjähriger Krieg setzten dem Konvent schwer zu. Erst unter Abt Johann Bernhard Linck (1646–1671) erfolgte eine Konsolidierung.

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Eingangsbereich zum Abteihof (© Elisabeth Vavra)

Unter seinen Nachfolgern Caspar Bernhard (1672–1695) und vor allem Melchior Zaunagg (1706–1747) erhielt das Stift seine heutige Gestalt. Hof und Kirche wurden barock umgebaut, der 80 Meter hohe Kirchturm, die Bibliothek, die Stiftstaverne und Teile des Konventgebäudes neu errichtet. Namhafte Künstler wie Josef Munggenast, Paul Troger, Martino Altomonte, Martin Johann Schmidt (Kremser Schmidt), Johann Georg Schmidt (Wiener Schmidt) und Jakob Schletterer wirkten an Bau und Ausstattung mit.
Mit einem Audioguide, der auch als App auf das Smartphone geladen werden kann (Zisterzienserstift Zwettl über google play) und auch offline verfügbar ist, lässt sich das Stift selbständig erkunden. Der Rundgang führt durch die historischen Innenräume wie Dormitorium, Necessarium und Kreuzgang mit Brunnenhaus und Kapitelsaal sowie durch die Gartenanlagen. Nur mit Führungen, die mehrmals am Tag angeboten werden, sind die Bibliothek, die Stiftskirche und die Schatzkammer zu erkunden.

Hier folgt nun Wissenswertes zu einzelnen Räumen, die man während des Rundganges besucht.

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Blick in den Abteihof, ab 1680 errichtet (© Elisabeth Vavra)

Der Rundgang durch das Kloster...

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Das sog. Dormitorium (© Elisabeth Vavra)
... führt zunächst durch die ältesten noch erhaltenen Bauteile aus dem 12. Jahrhundert. Dazu gehören das Dormitorium (Schlafraum) und das Necessarium (Latrinenanlage). Bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts schliefen die Mönche in einem gemeinsamen Schlafsaal. Nur der Abt verfügte über eine eigene Zelle. Im Idealplan eines Klosters führte eine Treppe direkt vom Dormitorium in den Chorraum der Kirche, um anlässlich der nächtlichen Gebete rasch die Kirche erreichen zu können. Hier in Zwettl lag das mittelalterliche Dormitorium weiter entfernt von der Kirche, vermutlich weil die gewählte Lage des Raumes besser vor der Kälte im Winter schützte. Die Räume im Kloster wurden ja nicht beheizt. Bei dem alten Dormitorium handelt es sich um einen sog. Einstützenraum. Der Pfeiler teilt den Raum in vier Quadrate und dient als Widerlager für vier Gewölbeschalen. Das unverputzte Mauerwerk lässt noch deutlich die zur Anwendung kommende Wölbetechnik erkennen: Auf die Schildbögen der Wände und die Gurtbögen wurden Schalungsbretter aufgelegt. Dann wurde Mörtel in die Schalung gegossen. Der Mörtel trägt noch heute die Spuren der Schalungsbretter.

Wo die Voraussetzungen dafür gegeben waren, nutzte man fließendes Wasser zum Abtransport der Fäkalien. So konnte man die gefährliche Verschmutzung des Trinkwassers verhindern. In Zwettl errichtete man auf drei Bögen über einer Ableitung des Kamp wohl schon 1138 ein zweigeschossiges Necessarium – die Bezeichnung leitet sich vom lateinischen necesse est (= es ist notwendig) ab. Die Latrinenanlage in Zwettl gehört zu den wenigen erhaltenen Einrichtungen dieser Art in Europa.

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Das Necessarium (Latrinenanlage) (© Elisabeth Vavra)

Kreuzgang mit Kapitelsaal und Brunnenhaus

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Kreuzgang, ab 1210–1230/40 errichtet (© Elisabeth Vavra)

Der vierflügelige Kreuzgang in Zwettl ist eines der ersten Beispiele frühgotischer Architektur in Österreich, bei dem zahlreiche französische Einflüsse verarbeitet wurden. Durch die Verwendung verschiedenfarbiger Steinarten (Granit, Sandstein, Marmor) und durch eine äußerst abwechslungsreiche Modellierung wurde ein dekoratives und sehr lebhaft-plastisches Gliederungssystem geschaffen. Ab 1210 begann man mit dem Bau des Nord- und Ostganges, während West- und Südgang erst um 1230/40 vollendet werden konnten. Die Stiftung geht wohl auf Hademar II. von Kuenring (gest. 1217) zurück. Den Wunsch nach einem symmetrischen Grundriss konnte man in Zwettl nicht voll erfüllen, da man auf die bereits bestehenden Bauteile Rücksicht nehmen musste: im Norden lag die Klosterkirche, im Osten das Kapitelhaus, im Süden das untere Dormitorium und im Westen der Konversentrakt (Konverse = Laienbruder). Die vier Gänge weisen daher ungleiche Jochzahlen auf. Der Nordflügel und der Ostflügel besitzen jeweils sieben, der Westgang acht Gewölbejoche.

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Der Kapitelsaal (© Elisabeth Vavra)

Das Kapitelhaus ist eines der ältesten erhaltenen Zisterzienser-Kapitelhäuser. Er ist der kunsthistorisch bedeutendste Raum der romanischen Klosteranlage. Der bereits vor 1180 erbaute quadratische Zentralraum war unmittelbar an das Querschiff der Kirche angebaut. Eine mächtige Mittelsäule trägt das vierjochige Kreuzrippengewölbe. Die Wände bestehen aus fein behauenem Quadermauerwerk mit gefärbten Fugenbändern. Besonders bemerkenswert ist die Gestaltung der Mittelsäule, deren Pfeilerhaupt mit je vier Dreiviertelsäulchen, die eigene reliefierte Kapitelle tragen, bekrönt wird. Hier im Kapitelsaal versammelten sich die Mönche zu alltäglichen oder auch besonderen nicht-liturgischen Zusammenkünften. Die Bezeichnung „Kapitelsaal“ leitet sich vom Brauch ab, solche Treffen mit der Lesung eines Kapitels aus der Ordensregel oder aus den Schriften der Kirchenväter zu beginnen. Hier im Kapitelsaal wurde der neue Abt gewählt, Novizen eingekleidet oder die zeitliche Profess (= Ordensgelübde) abgelegt.

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Das Brunnenhaus im Kreuzgang, als sechsseitiger Zentralbau errichtet (© Elisabeth Vavra)

Zum längeren Verweilen lädt das Brunnenhaus im Südtrakt ein. In mittelalterlichen Klöstern wurde von den Ordensregeln meist ein solcher Waschraum verpflichtend vorgeschrieben. Die Brunnenschale im Zentrum wurde mit fließendem Wasser gespeist. Die Mönche wuschen sich hier die Hände vor den Mahlzeiten und schnitten sich hier wöchentlich ihre Tonsur. Das Steinbecken in Zwettl entstand 1706. Der nördliche Kreuzgangflügel wird als Lesegang bei Abendgebet und Completorium (= Gebet nach Vollendung des Tagewerks, letztes Gebet vor der Nachtruhe) genützt. Hier befindet sich das Lektionsgestühl, das um 1730 der Zwettler Konverse Mathias Mark schuf. Mathias Mark verdanken wir auch die Schränke in der Bibliothek; diese ist allerdings nur mit Führung zu besichtigen.

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Nördlicher Kreuzgangflügel mit Lektionsgestühl (© Elisabeth Vavra)

Die Bibliothek

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Blick in die Bibliothek (© Zisterzienserstift Zwettl)

Neben der Kirche ist die Bibliothek das Herzstück eines jeden Klosters. Hier wurden das Wissen und die Weisheit von Jahrhunderten gesammelt und der Nachwelt erhalten. Ohne die mittelalterlichen Klosterbibliotheken und ihre Schreiber wären wohl viele antike Schriften in Vergessenheit geraten. Auch im Stift Zwettl wurde fleißig geschrieben. In manchen Handschriften haben die Schreiber sogar ihre Namen verewigt, so heißt es etwa im Codex 52: Dieser Codex wurde von drei Schreibern geschrieben, deren erster Hermann hieß, der zweite Haward, der dritte aber ein Mönch namens Hermann ist, der ihn nicht ohne große Schläfrigkeit im Jahr des Herrn 1287 vollendete. Zu den großen Schätzen des Stiftes gehört neben zahlreichen kunstvoll geschmückten liturgischen Handschriften die Zwettler Bärenhaut, das Stifterbuch des Klosters, entstanden im zweiten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts. Sie erzählt in Bildern und Text die Frühgeschichte der Kuenringer und des Klosters und enthält mehr als 400 Urkundenabschriften. Den Namen „Bärenhaut“ erhielt die Handschrift, weil der Einband aus der Haut eines „Saubären“, eines Zuchtebers hergestellt wurde.

Der heutige prächtige Bibliotheksraum wurde in den Jahren von 1730–32 nach Plänen von Josef Munggenast errichtet. Aus Platz- und klimatischen Gründen wurde der fünfjochige Rechteckraum im Nordflügel des Konventhofes angelegt. Für die Fresken der fünf Gewölbefelder entwickelte vermutlich Abt Melchior Zaunagg das theologische Konzept: Betritt man den Saal durch das mittig liegende Portal, so fällt das Auge auf den Triumph der Sapientia (= Weisheit), der das Mittelfeld einnimmt. Links und rechts davon erzählen die Malereien die Geschichte des Herkules: die Tötung des Zerberus und der Held am Scheideweg. Die Geschichte des Herkules zeigt den Weg zur Weisheit auf: Wer zur wahren Weisheit gelangen wolle, müsse durch unermüdlichen Fleiß und Arbeit alle Laster ausrotten und die Tugenden unverwelklich in sich einpflanzen. Die äußeren Felder zeigen Herkules, der von Fama, der Göttin des Ruhmes, mit dem Lorbeerkranz gekrönt wird sowie Herkules, der mit der cron der unsterblichkeit bekränzet und mit allen zur weißheit dienenden tugenden gezieret wird, wie es im Konzept heißt. Die Fresken schuf Paul Troger zwischen Dezember 1732 und April 1733. Die gesamte weitere Ausstattung der zweistöckigen Bibliothek, die 421 Handschriften, 277 Inkunabeln und etwa 55.000 Drucke beherbergt, stammt ebenfalls aus der Bauzeit und wurde von Laienbrüdern des Klosters geschaffen: reich intarsierte Bücherschränke, die als Aufgang zur Galerie dienende intarsierte Holzwendeltreppe und die zum Teil mit Gitterwerk durchbrochene hölzerne Brüstung der Galerie.

Die Stiftskirche und die Schatzkammer

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Die Westfassade der Stiftskirche, die Erzengel Michael und Raffael (© Elisabeth Vavra)

Ebenfalls nur mit einer Führung sind die Stiftskirche und die daran anschließende Schatzkammer zu besichtigen. Ein schmiedeeisernes Gitter erlaubt aber zumindest einen Blick in die dreischiffige gotische Hallenkirche. Der Start des Umbaus der 1159 geweihten romanischen Kirche erfolgte 1343 mit der Grundsteinlegung. Zunächst errichtete man einen Kapellenkranz um den alten Chor. Die Weihe der 14 Altäre erfolgte 1348. Erst 1360 begann man mit dem Bau des Hallenumgangschors, der 1383 geweiht wurde. Das romanische Langhaus blieb bis zum barocken Umbau des Stiftes erhalten. Erst 1722 wurde dieses abgebrochen und in pseudo-gotischen Formen neu errichtet. Voll der barocken Formenwelt verpflichtet ist der 1728 fertig gestellte Westturm, der nach Plänen von Matthias Steinl und Josef Munggenast errichtet wurde. Das Bildprogramm der Fassade wurde vermutlich von Abt Melchior Zaunagg konzipiert: Die Kuenringer Hadmar I. und Hadmar II. flankieren auf Pfeilern das Hauptportal. Über diesem erhebt sich in einer Rundbogennische die Figur des Ordensgründers Bernhard von Clairvaux. Auf den als Voluten gebildeten Anläufen des Fassadengiebels haben sich die Erzengel Michael und Raffael niedergelassen.

Die hochbarocke Ausstattung fügt sich harmonisch in den hochgotischen Kirchenraum. Die führenden Künstler der Zeit konnten gewonnen werden: Matthias Steinl, Josef Munggenast, Josef Mathias Götz, Jakob Schletterer, Martino Altomonte, Paul Troger, Johann Georg Schmidt (der Wiener Schmidt), Martin Johann Schmidt (der Kremser Schmidt) u.a. Für den gewaltigen Hochaltar, der die gesamte Höhe des Chors einnimmt, schuf Matthias Steinl 1726 ein Modell, das ab 1731 leicht abgewandelt umgesetzt wurde: Gleich einer barocken Theaterbühne wird das Motiv der Himmelfahrt Mariens umgesetzt. Im unteren Bereich haben sich die ekstatisch bewegten Figuren der Apostel rund um den leeren Sarkophag versammelt. Auf dem Gebälk schwebt Maria auf einer von Engeln getragenen Wolke in den Himmel, wo sie bereits von der hl. Dreifaltigkeit erwartet wird. Aus der alten Stiftskirche wurde einzig der sog. Bernhardi-Altar übernommen. Er stand ursprünglich in der Privatkapelle des Abtes. Jörg Breu d. Ä. malte ihn während seines Aufenthaltes in Österreich, als er in einer Werkstatt in Krems arbeitete (ca. 1500-1502). Im Altarschrein thront in der Mitte Maria mit dem Kind, zu ihrer Seite stehen die Heiligen Bernhard und Benedikt. Die Malereien zeigen Szenen aus dem Leben des hl. Bernhard von Clairvaux.

Ein weiteres Highlight der Kirchenausstattung ist die Orgel auf der Westempore, die 1728–1731 Johann Ignaz Egedacher (1675–1744) erbaute. Der Bildhauer Joseph Matthias Götz schuf das prachtvolle Gehäuse. Die Egedacher waren eine der bedeutendsten Orgelbauerfamilien im süddeutsch-österreichischen Raum. Vom 17. bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts betrieben ihre Mitglieder Werkstätten in München, Passau, Salzburg und Wels. Nur mehr wenige Orgeln haben ihr Klangbild unverändert bis heute bewahrt. Deshalb sollte man unbedingt eines der in Zwettl veranstalteten Orgelkonzerte einmal besuchen. Ebenso empfehlenswert sind die Konzerte der Stiftsmusik Zwettl (https://www.stift-zwettl.at/kloster-und-pfarren/stiftsmusik/termine-und-konzertsaison/).

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Blick in das Kircheninnere und auf den Hochaltar (© Elisabeth Vavra)

Anlässlich der 875-Jahr-Feier des Stiftes wurde die Schatzkammer neugestaltet. Hier werden vorwiegend mittelalterliche Objekte gezeigt, die meist in der Liturgie Verwendung fanden. Zu den einzigartigen Meisterwerken, die man unbedingt besichtigen sollte, gehören u.a. der romanische Abtstab aus Elfenbein aus der Zeit um 1240, die gotische Elfenbeinmadonna, die Abt Bohuslaus von seinem Aufenthalt beim Kapitel in Citeaux mitbrachte (1258) oder das sog. Zwettler Kreuz aus dem frühen 13. Jahrhundert. Letzteres entstand vermutlich in einer Salzburger Goldschmiedewerkstatt. Der Holzkern ist mit getriebenem vergoldetem Silber umkleidet. Die Treibarbeit zeigt auf der Vorderseite den Gekreuzigten, auf der Rückseite in der Mitte Maria mit dem Jesuskind, umgeben von den Symbolen der vier Evangelisten. Die Kreuzarme sind mit Halbedelsteinen und Glasfluss besetzt. Die Elfenbeinmadonna bildete vermutlich das Mittelstück eines Polyptychons (= ein mehrfach klappbarer Flügelaltar). Das 1311 verfasste Stiftungsbuch berichtet, dass das elfenbeinerne Bild der Jungfrau an Festtagen am Hochaltar der seligen Jungfrau aufgestellt wurde.

Die Gärten des Stiftes

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Blick in den Prälatengarten mit Gartenpavillon, vermutlich nach Plänen von Joseph Munggenast 1721/22 errichtet (© Elisabeth Vavra)

Die einstige Pracht der barocken Gartenanlage lässt sich heute nur mehr erahnen. Abt Kaspar Bernhard (Abt 1672–1695) ließ die erste Version des Prälatengarten anlegen, wie Johann von Frast 1838 beschrieb: In dem für Gäste bestimmte Theil der Prälatur legte er (Abt Kaspar Bernhard) den neuen Garten an, in welchen Blumen-Parthien das Auge gefällig ansprechen, und ließ Wasser zu den Springbrunnen leiten, welche den Garten und den Hof beleben; bedeckte mit Mauergemählden die innern Wände; der Thurm in der Mitte des Gebäudes wurde über der Einfahrt in eine Grotte umgewandelt. Etwa 50 Jahre später veranlasste Abt Melchior Zaunagg (Abt 1706–1747) im Zuge des hochbarocken Stiftausbaus eine Umgestaltung der Gartenanlage: Vermutlich nach Plänen von Joseph Munggenast wurde ein zweigeschossiges Sommerschlösschen errichtet, das sog. Kaiserstöckl, links und rechts davon Glashäuser – die Orangerien, die durch eine Heizanlage im Keller des Gartenhauses beheizt wurden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden die Gartenanlagen, die auch Obstgärten umfassten, durch einen dem Zeitgeist entsprechenden Naturpark erweitert. Dessen Entstehung beschrieb Johann Anton Friedrich Reil 1823 in seinem Wanderer im Waldviertel: Dem Stifte gegenüber, nur durch den Kamp getrennt, besorgen die jungen Geistlichen außer ihren Berufs- und Studienstunden die Verschönerung eines kleinen Waldberges, wo die Natur zu der herrlichsten Anlage eines englischen Gartens Winke gibt. Schon sind Felsen gesprengt, Bogen gespannt, Brücken gelegt, die Wege geebnet, Gebäude geführt und Grotten und Sitze angebracht. Heute werden der Prälatengarten und der Naturpark jenseits des Kamps durch eine in Terrassen angelegte Anlage ergänzt, die einen Garten nach Hildegard von Bingen, einen Schutzengelgarten, einen Kräuter- und einen „Nasch“garten umfasst.

Die romanische Brücke

Zwettl_romanische Brücke
Die romanische Brücke über den Kamp, 12. Jh. (© Elisabeth Vavra)

Nicht versäumen sollte man einen Spaziergang zum Kamp, zur romanischen Brücke, die im Verlauf der Landesstraße L 8245 unterhalb des Stiftes über den Fluss führt. Das Flussbett wird auf einer Länge von rund 40 m von drei mächtigen Tonnengewölben überspannt. Die 2,45 m dicken Strompfeiler wurden aus Bruchsteinmauerwerk aufgerichtet, die Tonnengewölbe aus großen Quadersteinen mit einer Wölbstärke von 45 cm. Die Brücke wurde in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts errichtet und ist damit eines der ältesten Brückenbauwerke in Österreich.

Will man sich von den Anstrengungen des Rundganges durch die weitläufige Klosteranlage erholen, so bieten sich das Café im Kaiserstöckl oder die Stiftstaverne an. In beiden kann man Waldviertler Spezialitäten genießen. Auch ein Besuch in der Adventzeit lohnt sich: Im Westflügel der Orangerie findet ab Mitte November eine der größten Ausstellungen von Lebkuchen-Knusperhäuschen statt. Genaue Daten dazu finden sich auf der Homepage des Stiftsrestaurants.
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Autorin: Prof.in Dr.in Elisabeth Vavra


Verwendete und weiterführende Literatur:

Eva Berger, Historische Gärten Österreichs. Garten- und Parkanlagen von der Renaissance bis um 1930, Band 1: Niederösterreich, Burgenland, Wien-Köln-Weimar 2002, S. 663–666.
Johann Kronbichler, Paul Troger 1698–1762, Berlin 2012.
Karl Kubes – Joachim Rössl, Stift Zwettl und seine Kunstschätze, St. Pölten-Wien 1979.
Die Kuenringer. Das Werden des Landes Niederösterreich. Niederösterreichische Landesausstellung 1981 (Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums NF 110), Wien 1981.
Leonore Pühringer-Zwanowetz, Matthias Steinl, Wien-München 1966.
Gerhard A. Stadler, Das industrielle Erbe Niederösterreichs. Geschichte – Technik – Architektur, Wien-Köln-Weimar 2006, S. 923.
Wilhelm Zotti, Kirchliche Kunst in Niederösterreich – Diözese St. Pölten, Bd. 2; Pfarr- und Filialkirchen nördlich der Donau, St. Pölten 1986, S. 440–448.
Einträge zu Stift Zwettl in: https://www.gedaechtnisdeslandes.at/

Hinweise zu Öffnungszeiten und auf Veranstaltungen unter:

https://www.stift-zwettl.at/
https://www.stiftsrestaurant-zwettl.at/index.html

 

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