Zeit Kunst NÖ Krems

© NÖ Museum Betriebs GmbH, Foto: Christoph Fuchs

Elisabeth von Samsonow. Transplants

05/06 – 16/10/2016
Mit der am 4. Juni 2016 eröffneten Ausstellung "Elisabeth von Samsonow. Transplants" zeigt die Zeit Kunst Niederösterreich nun auch am Standort Krems ihre letzte Schau. Die 1956 in Neubeuern, Oberbayern, geborene Philosophin und Künstlerin Elisabeth von Samsonow lotet in ihren Werken die Grenzen des Ich und die Grenzen der Skulptur aus und setzt dazu ihre philosophischen Ideen in sinnlich erfahrbare dreidimensionale Kunstwerke um.
Betritt der Besucher der von Felicitas Thun-Hohenstein kuratierten Ausstellung den mittelalterlichen Bau der Dominikanerkirche, so sieht er sich Skulpturengruppen aus Holz gegenüber, die von geschwungenen eisernen Paravents hinterfangen werden. Gekonnt lenkt so Carl Pruscha, der für die Ausstellungsarchitektur verantwortlich zeichnet, Auge und Ohr hin zum Chor. Bringt doch Elisabeth von Samsonow mit ihrer eigens für die Schau geschaffenen Installation Labor des Endo-/Exokorpus vom Chor ausgehend den gesamten Raum zum Schwingen. Die Installation besteht aus fast fünf Meter hohen bemalten Holzstegen, an denen Klaviersaiten automatisch angestimmt werden. Genauso wie das Ich wirkt für die Künstlerin auch die Skulptur über ihre Grenzen hinaus. Ihre Werke zum Klingen zu bringen ist für sie eine Möglichkeit, dies auszudrücken. Dabei versteht Elisabeth von Samsonow die Dominikanerkirche mit ihrem langgestreckten Chor als Klangkörper, als eine Mandoline.
Ausstellungsansicht "Elisabeth von Samsonow",
Foto: Christoph Fuchs

 

Elisabeth von Samsonow, Foto: Daniel Hinterramskogler

 

Die Künstlerin, die seit 1996 eine Ordentliche Professur an der Akademie der bildenden Künste in Wien innehat und ein Atelier in Hadres betreibt, arbeitet bevorzugt in Lindenholz, einem hellen Material, das sie mit dem Eisenmeißel bearbeitet, welchen sie selbst als hart und brutal erachtet. Das sanfte, weiche Haar des Pinsels, mit dem sie die Skulpturen danach bemalt, wirkt dagegen wie eine Liebkosung. Gegenüber einer kleineren Auswahl älterer Arbeiten wie der Kapitolinischen Wölfin von 1998 und dem Schrein des Tieres aus dem darauffolgenden Jahr sind vor allem jüngere Werke in der Ausstellung vertreten, die sich durch eine leichtere, zeichnerisch aufgefasste Bemalung von den früheren Skulpturen abheben. In den Transplants der Jahre 2011 bis 2014, die der Ausstellung zugleich ihren Namen geben, verschwimmen die Grenzen zwischen Mensch und Pflanze. Sie erscheinen als menschliche Wesen, die fest im Boden verwurzelt sind und Blütenblätter als Ohren tragen. Dabei ist die Frage, ob eine Skulptur sich bewegen kann, für Elisabeth von Samsonow von zentraler Bedeutung. So gibt sie manchen ihrer Skulpturen wie dem Duo (große Neuberger Lyra) von 2014 Räder. Durch ihre Mobilität erscheinen diese der Künstlerin menschenähnlicher.
Ausstellungsansicht "Elisabeth von Samsonow",
Foto: Christoph Fuchs

 

Ausstellungsansicht "Elisabeth von Samsonow", Foto: Christoph Fuchs

 

Ausstellungsansicht "Elisabeth von Samsonow", Foto: Christoph Fuchs
Die Elektra aus dem Jahr 2010 hebt sich durch ihre Vergoldung von den anderen Skulpturen ab. Zugleich steht sie programmatisch für den weiblichen Blick der Künstlerin. Elisabeth von Samsonow leistet mit ihren Arbeiten, in denen sie sich intensiv mit Fragen von Weiblichkeit befasst und einen feministischen Ansatz vertritt, einen wichtigen Beitrag zum zeitgenössischen Diskurs über Geschlechterverhältnisse.
Videos von den Performances der Künstlerin, die über Kopfhörer im Originalton mitzuverfolgen sind, runden das Bild ihrer Arbeit ab. Besonders hervorzuheben sind hier die Performances The Secrets of Mary Magdalene, die im Jahr 2008 als Prozession in Jerusalem realisiert wurde, und The Symptom and the Cure, in der sich Elisabeth von Samsonow 2016 im Kunstraum Niederoesterreich narkotisieren ließ, um als abwesende Künstlerin den Zusammenhang zwischen Medizin und Kunst zu thematisieren.
Zur Schau erscheint im Kerber Verlag ein 288 Seiten umfassender, reich bebilderter Katalog mit Beiträgen von Elisabeth von Samsonow, Felicitas Thun-Hohenstein, der ehemaligen künstlerischen Leiterin der Zeit Kunst Alexandra Schantl und vieler anderer.
Die Ausstellung, in der sich Elisabeth von Samsonow als kluge, kritische und dabei humorvolle Künstlerin präsentiert, die auch einen Blick für die Ästhetik ihrer Werke hat, wird bis zum 16. Oktober 2016 in der Dominikanerkirche Krems zu sehen sein. Nach dem Ende des Bestehens der Zeit Kunst wird diese als ein Ort in Erinnerung bleiben, an dem zeitgenössische Kunst in einen spannenden Dialog mit mittelalterlicher Bausubstanz an der Wende von der Spätromanik zur Frühgotik getreten ist.
Text: MMag. Ursula Düriegl

Mein Besuch

0 Einträge Eintrag

Voraussichtliche Besuchszeit

Liste senden