75 Jahre Österreichische Donaukraftwerke AG

Die Portalkräne des Kraftwerks Greifenstein (© Elisabeth Vavra)

 

Vor 75 Jahren wurde im Rahmen des 2. Verstaatlichungsgesetzes die Österreichische Donaukraftwerke AG (Donaukraft) als Sondergesellschaft der Österreichischen Elektrizitätswirtschafts-Aktiengesellschaft gegründet. Ihre Aufgabe sollte es sein an der Donau zwischen der bayerisch-österreichischen und der österreichisch-tschechoslowakischen (heute slowakischen) Grenze eine durchgängige Kette von Elektrizitätswerken zu errichten. Von den ursprünglich dreizehn geplanten Kraftwerken wurden bis 1998 zehn Stauwerke ausgeführt.

Stromgewinnung war ein Grund für die Kraftwerksbauten an der Donau. Ein zweiter, gleich gewichtiger war die Schiffbarmachung der Donau für den geplanten „Europakahn“, der Waren von der Nordsee über den Rhein durch den Main-Donau-Kanal zur Donau und zum Schwarzen Meer und zurück befördern sollte. Der Bau des Main-Donau-Kanals war ein alter Menschheitstraum, den schon Kaiser Karl der Große träumte: Unter seiner Regentschaft wurde ein erster Bauversuch unternommen. Der nächste war der bayerische König Ludwig I., der rund 1100 Jahre später den „Ludwig-Donau-Main-Kanal“ errichten ließ, eine 172,4 km lange Wasserstraße von der Donau bei Kelheim und zum Main bei Bamberg führend. Allerdings war sie bei ihrer Fertigstellung 1845 bereits technisch überholt. In der Zwischenzeit waren die Frachtschiffe größer und vor allem breiter geworden.

Daher wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts die Idee für einen neuen Main-Donau-Kanal geboren. Konkrete Planungen begannen allerdings erst 1938. Dann kam der Zweite Weltkrieg. Er verhinderte den Baubeginn, der dann 15 Jahre nach Kriegsende gestartet wurde. 32 Jahre dauerte es bis zu seiner Vollendung. Erst 1992 war der Kanal durchgängig befahrbar, das Mammutprojekt vollendet. Und dann? Zwar produziert der Transport per Binnenschiffe weniger Treibhausgase als LKWs, trotzdem sinkt das Güteraufkommen in den Häfen an Main und Donau Jahr für Jahr, so etwa im ersten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorjahr 2021 um ein Fünftel. Transportiert werden in erster Linie unverderbliche Güter und solche, die langfristig benötigt werden. Denn die Binnenschifffahrt ist deutlich langsamer als der Güterverkehr auf der Straße. Diesen Trend erkennt man auch, verbringt man einen Tag an der Donau: Der Verkehr ist zwar im Vergleich zu den beiden vergangenen Corona-Jahren schon wieder dicht: Aber es sind in erster Linie Kreuzfahrtschiffe, die sich mühsam den Weg durch die schmale Fahrtrinne bannen – und für den Main-Donau-Kanal gilt weiter der Witz: Statt „Schiff ahoi“ heißt es dort „Hoi, a Schiff“. Geblieben sind aber die Kraftwerke an der Donau, die heute rund 20% der öffentlichen Stromgewinnung in Österreich abdecken, das sind etwa 13.200 GWh.

Der Startschuss

Schleusenanlage des Kraftwerks Ybbs-Persenbeug (© Elisabeth Vavra)
Schleusenanlage des Kraftwerks Ybbs-Persenbeug (© Elisabeth Vavra)

In Niederösterreich wurde das erste Laufkraftwerk an der Donau in Ybbs-Persenbeug errichtet. Planungen dafür wurden bereits in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts angestellt. Nicht nur die Stromgewinnung war von zentraler Bedeutung. Der Bau des Kraftwerks sollte auch den gefährlichen Wasserweg durch den Strudengau entschärfen, den die Kapitäne seit Jahrhunderten wegen der hohen Fließgeschwindigkeit und der zahlreichen Strudel fürchteten. Die wasserrechtliche Genehmigung zum Bau wurde 1936 erteilt. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1938 übernahm die Rhein-Main-Donau-AG den Bauauftrag mit dem Ziel, das Kraftwerk bis 1943 fertigzustellen. Die Bauarbeiten blieben in ihren Anfängen stecken. Nur wenige Spundwände waren erst in den Boden gerammt, als die Arbeiten eingestellt wurden. Als „deutsches Eigentum“ wurden die Baustelle und alle ihre Einrichtungen von der sowjetischen Besatzungsmacht 1945 beschlagnahmt. Erst 1953 wurde die Republik Österreich zur Eigentümerin; mit dem Bau wurde ein Jahr später begonnen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Donaukraftwerken wurde Ybbs-Persenbeug direkt im Strombett in Nassbauweise errichtet. Die Donau wird auf eine Länge von rund 34 km aufgestaut. Die Staumauer dient gleichzeitig als Straßenbrücke für die B25: Die sogenannte Erlauftal Straße beginnt in Persenbeug und führt über Purgstall und Scheibbs bis in die Steiermark. Nach fünf Jahren Bauzeit nahm das Kraftwerk Ybbs-Persenbeug 1959 seinen Betrieb auf. Bis heute steht der Bau als Symbol für den Wiederaufbau Österreichs. Die ursprünglich zwei Maschinenhäuser mit sechs Kaplanturbinen wurden in den 90er Jahren um ein weiteres ergänzt. Ab 2014 wurde mit dem Tausch der Maschinensätze (Kaplan-Turbinen und Generatoren) der ersten Generation begonnen, um die Leistungsfähigkeit des Kraftwerkes zu steigern. Der Tausch der letzten Einheit soll 2022 erfolgen (vgl. https://www.verbund.com/de-at/ueber-verbund/kraftwerke/unsere-kraftwerke/ybbs2020). 305.555 Haushalte können durch das Kraftwerk versorgt werden. Eine Fischwanderhilfe ist für Ybbs-Persenbeug in Planung. 

Grenzüberschreitend

Luftaufnahme des Kraftwerks
Luftaufnahme des Kraftwerks Wallsee-Mitterkirchen (© Hans Koberger/CC BY-SA 4.0)

Die Bundesländer Niederösterreich und Oberösterreich berührt das Kraftwerk Wallsee-Mitterkirchen. Der 24 km lange Stauraum erstreckt sich auf dem Gebiet der oberösterreichischen Gemeinde Mitterkirchen. Der Staudamm verbindet die beiden Bundesländer und ist für Fußgänger*innen, Radfahrer*innen und PKWs geöffnet. Er löste die alte Rollfähre ab, die zuvor die beiden Bundesländer verbunden hatte. Wallsee-Mitterkirchen war das erste österreichische Donaukraftwerk, das in Trockenbauweise hergestellt wurde: d.h. die Kraftwerksanlage wurde in einem neu gegrabenen Flussbett errichtet, in das die Donau dann umgeleitet wurde. Durch den Bau wurde auch die für die Schifffahrt gefährliche Donauschleife vor Wallsee entschärft.

Mit Baubeginn 1965 entstand hier die größte Baustelle Europas, auf der bis zu 2.700 Personen beschäftigt waren. Für die Schaffung des neuen Donaubettes mussten 10 Millionen Kubikmeter Erde bewegt und 950.000 Tonnen Beton verarbeitet werden. Gleichzeitig mit dem Bau des Kraftwerkes wurde auch der Hochwasserschutz für das Machland in Angriff genommen. Am rechten Donauufer wurde ein Maschinenhaus für sechs Maschinensätze (Kaplan-Turbinen und Generatoren) errichtet. Derzeit läuft auch hier der Tausch der in die Jahre gekommenen Maschinensätze. Bis 2024 soll die Modernisierung abgeschlossen sein. Das Kraftwerk kann bei der derzeitigen Leistung 295.868 Haushalte mit Strom versorgen. Das 1968 fertiggestellte Kraftwerk verfügte bereits über eine Fischwanderhilfe. Fischwanderhilfen sind künstlich angelegte Bäche, die Fischen die Möglichkeit geben sollen, die durch die Schleusen- und Stauanlagen geschaffenen Hindernissen in der Donau zu umgehen. Fische wechseln je nach Art im Lauf des Jahres bzw. ihres Lebens ihren Standort. So wandern manche beispielsweise von ihren Sommerstandorten zu Winterstandorten oder suchen bestimmte Standorte zur Laichabgabe auf.

Der Kampf um die Wachau

Die Donau bei Dürnstein
Die Donau bei Dürnstein – links im Bild die Augebiete, die von Rossatz bis Rührsdorf reichend als Staugebiet dienen sollten (© Elisabeth Vavra)

So malerisch sich die Wachau auch den Augen der Besucher*innen darbietet, so problematisch war ihr Passieren für die Donauschifffahrt. Denn die Wassertiefe schwankte hier zwischen 1,20 und vier Metern – viel zu wenig Tiefe für den „Europakahn“. Das geplante Containerschiff benötigte zumindest eine Tiefe von 2,70 Metern. Zu der Kette der geplanten 12 Staustufen gehörte daher auch eine im Bereich der Wachau: das Kraftwerk Rossatz-Rührsdorf. Ende 1971 wurde die bereits weit fortgeschrittene Planung der Öffentlichkeit bekannt. Rund 25 km sollte die Donau Richtung Melk aufgestaut werden, um so den Wasserspiegel um etwa sechs Metern anzuheben. Die Orte im Staugebiet wie Weißenkirchen oder Spitz würden dann hinter meterhohen Dämmen verschwinden. Binnen kürzester Zeit formierte sich über Parteigrenzen hinweg Widerstand gegen das geplante Bauvorhaben. Ob Bürgermeister, Winzer, Ökologe oder Mann bzw. Frau von der Straße, alle erhoben ihre Stimme. Die Gemeinden zogen gegen Wien und protestierten mit der „Weichen Welle“ am Graben. Bis zum Herbst 1973 hatte man 50.000 Unterschriften gesammelt. Schließlich gab die Bundesregierung nach. Das Projekt wurde abgeblasen. Um eine reibungslose Fahrt durch die Wachau auch bei Niederwasser zu ermöglichen, muss nun jeden Winter eine Schiffrinne gegraben werden. Der Wachau wurde das europäische Naturschutzdiplom verliehen, und im Jahr 2000 wurde sie zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt. Eine Absicherung vor weiteren Attacken? Wir wollen es hoffen. Aber Wachsamkeit ist weiter angesagt.

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Die Donau bei Weißenkirchen – Blick auf die Venedigau, die als Staugebiet dienen sollte (© Elisabeth Vavra)

 

Der Kraftlackel

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Das Kraftwerk Altenwörth (© Elisabeth Vavra)

Das leistungsstärkste Kraftwerk an der Donau wurde ab 1973 bei Altenwörth in den  Gemeindegebieten von Zwentendorf und Kirchberg am Wagram in der Sehne eines Rechtsbogens der Donau in Niedrigbauweise errichtet. Mit seinen neun Kaplanturbinen erzeugt es seit seiner Inbetriebnahme 1976 jährlich 2.004.196 MWh Strom. Wegen des Baus der Staustufe mussten die Mündungen der Flüsse Kamp, Traisen und Krems verlegt werden. Allerdings geschah dies in den 70er Jahren ohne große ökologische Ambitionen. Die Flussläufe wurden nur begradigt und verliefen dann gleichförmig bis zu ihrer neuen Mündung. So musste etwa der Lauf der Traisen um 7,5 km verlängert werden. Die neuen Flussabschnitte boten wenig Lebensraum für die typische Tier- und Pflanzenwelt. Die großen Augebiete waren von ihrer ursprünglichen Wasserversorgung abgeschnitten. 2009 wurde das Projekt LIFE+ Traisen gestartet, das die Renaturierung der Augebiete entlang der Traisen zum Inhalt hatte. 2019 abgeschlossen, war eine einzigartige Flusslandschaft entstanden. Parallel dazu wurde der Altarm der Donau bei Altenwörth in ein Naherholungsgebiet umgestaltet und die längste Fischwanderhilfe Niederösterreichs mit 12,5 km Länge geschaffen.

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Das Erholungsgebiet am Altarm der Donau in Altenwörth (© Elisabeth Vavra)

 

Zu Füßen des Stiftes

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Blick vom Staudamm auf das Stift Melk (© Elisabeth Vavra)

Mit dem Bau des Laufkraftwerks Melk – in einem Außenbogen rechts neben dem alten, gerade verlaufenden Flussbett der Donau errichtet – wurde 1979 begonnen. Die Wehranlage mit sechs Wehrfeldern und zwei Schleusen staut den Fluss auf 22,5 km zurück. Um möglichst wenig die reizvollen Landschaftsausblicke zu stören, entschloss man sich zum Einbau horizontaler Kaplanturbinen, die die Errichtung eines niedrigen Krafthauses ermöglichten. Seit der Fertigstellung speist das Kraftwerk 1.221.600 MWh in das Stromnetz ein.

Maßnahmen zur Verbesserung der ökologischen Situation im Staubereich setzten 2004 mit dem LIFE NATUR Projekt „Vernetzung Donau – Ybbs“ ein. Im Zuge des Projekts wurde das Mündungsdelta des Ybbs-Flusses neu gestaltet, mit Inseln und Kiesbänken strukturiert, um so in Zukunft bessere Lebensräume für Fische zu bieten. Im Bereich des Altarms der Donau wurde eine etwa 2 km lange Fischwanderhilfe errichtet, um eine Verbindung zwischen der Wachau und dem oberen Ende des Stauraums – der Stauwurzel – zu schaffen. Im Bereich der Stauwurzel mündet der Ybbs-Fluss. So ist es manchen Donau-Fischarten wieder möglich, zur Laichablage donauaufwärts bis in die Flüsse des Alpenvorlandes hinein zu schwimmen.

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Die Fischwanderhilfe beim Kraftwerk Melk (© Elisabeth Vavra)

Ein Erholungsgebiet für die Wiener*innen

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Das Kraftwerk Greifenstein von Süden gesehen (© Bwag/CC-BY-SA-4.0.)

Die nächste Ausbaustufe in Niederösterreich sollte der Kraftwerksbau bei Greifenstein sein. 1981 begann die Österreichische Donaukraftwerke AG mit dem Bau. Die Staustufe wurde nördlich des ursprünglichen Flussbettes in der Sehne eines Linksbogens der Donau errichtet. Nach Altenwörth ist Greifenstein das leistungsstärkste Laufkraftwerk an der Donau. Heute produzieren die neun Maschinensätze jährlich 1.717.300 MWh.

Sechs Wehrfelder, eingebaut in einen 455 m langen Damm, stauen die Wassermassen auf einer Länge von 31 km zurück. Am südlichen Ufer liegen die beiden Schleusen. Die Staumauer darf von Fußgängern und Radfahrer*innen überquert werden. Sie stellt so eine Verbindung zur Stockerauer Au her. Diese und der Altarm der Donau wurden zu einem Erholungsgebiet ausgestaltet. Für die Fischwelt wurde nördlich der Donau eine 4 km lange Fischwanderhilfe errichtet. Ein Bewässerungssystem, der sog. Gießgang, soll das Überleben der seit der Donauregulierung Ende des 19. Jahrhunderts von der Austrocknung bedrohten Stockerauer Au sichern.

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Der Altarm bei Greifenstein (© Elisabeth Vavra)

Nachdem der geplante Bau des Kraftwerks Hainburg 1984 am Widerstand der Bevölkerung  durch die Besetzung der Hainburger Au und einem anschließenden erfolgreichen Volksbegehren gescheitert war, errichtete die DOKW ab 1992 auf Wiener Boden das letzte Donaukraftwerk. Zur Vorsicht hatte man diesmal bereits im Vorfeld eine Volksbefragung in Wien abgehalten, die sich mit großer Mehrheit für den Bau aussprach.

Mehr zu den Ereignissen von 1984, dargestellt von einem Aktivisten:

 

 Autorin: Prof.in Dr.in Elisabeth Vavra

Literatur:
Österreichische Donaukraftwerke (Hg.), Donau-Strom, Wien 1984.

Gerhard A. Stadler, Das industrielle Erbe Niederösterreichs, Wien 2006.

Gerhard A. Stadler, Manfred Wehdorn, Monika Keplinger, Valentin E. Wille, Architektur im Verbund (=Schriftenreihe der Forschung im Verbund 100), Wien u.a. 2007.

https://www.verbund.com/de-at/ueber-verbund/kraftwerke/gewaesser/donau

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