400 Jahre Erdäpfelanbau in Niederösterreich

Einlegen der Jubiläumserdäpfel am Zeitfeld hinter dem Hofgarten des Stiftes Seitenstetten – Abt Petrus Pilsinger am Lenkrad (Foto: © Josef Penzendorfer)

Wenn der Abt persönlich einen Traktor lenkt und das Einbringen der Saaterdäpfel überwacht, muss das schon einen besonderen Grund haben: Stift Seitenstetten feiert heuer mit einer Sonderausstellung 400 Jahre Erdäpfelanbau in Niederösterreich und damit die Rolle des Stiftes als „Erdäpfelpionier“.

Seitenstetten – die Wiege des Erdäpfelanbaus

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Stift Seitenstetten (Foto: © Elisabeth Vavra)
Aus der Feder des Abtes Kaspar Plautz (1556–1627, Abt: 1610-1627) stammt eine 1621 im Druck erschienene Schrift, in der er die Missionstätigkeit der Benediktiner beschrieb, die Christopher Columbus auf seiner zweiten Erkundigungstour in die Neue Welt 1493 begleiteten. Unter dem Pseudonym Honorius Philoponus schildert Kaspar Plautz darin die Taten und Abenteuer des Mönches Bernardo Boyl in Westindien. Reiche Inspiration bezog er dabei aus älteren Reiseberichten, beginnend mit der berühmten Dichtung über die Seefahrt des irischen Mönches Brendan, die seit dem 10. Jahrhundert reiche Verbreitung fand. Plautz berichtet aber nicht nur über die gefahrvolle Reise und die Missionstätigkeit, er streut in den Text immer wieder auch Wissenswertes über die neu entdeckte Welt ein, so auch über die Pflanzenwelt, wie etwa die Papas Indorum – uns heute als Erdäpfel oder Kartoffel bekannt. Plautz erzählt auch, dass er sich aus Antwerpen Erdäpfelpflanzen – wohl Knollen – besorgt hatte und diese im Klostergarten anbauen ließ. Er gibt auch gleich Tipps zur Verwendung, etwa als Salat oder als Süßspeise: Man koche die Papas in gewöhnlichem Wasser oder brate sie in Papier eingewickelt in Asche, bis sie weich werden und ziehe ihnen die rote Haut ab, wasche dann das ganze weiße Fleisch rein, zerstoße es und vermenge diese Masse mit Zucker und Rosenwasser, sowie mit etwas Zimmetgewürz, gebe Butter dazu, backe das ganze und man erhält, wenn man es in Teig geschlagen hat einen Kuchen oder ein Tafelgeschenk von königlichem Geschmack (Wagner 1996).

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Abt Kaspar Plautz, Stift Seitenstetten (© Mathias Weis – Stift Seitenstetten)

Eine Frucht – viele Namen

In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts brachten die Spanier die Knollenfrucht mit ihren Schiffen von den Anden Südamerikas zunächst auf die Kanarischen Inseln und mit ihr auch den Namen, den sie im Inkareich trug: papa. Aus papa wurde patata (span.) und potato (engl.). Die Italiener erinnerten die kleinen Knollen unter der Erde an die kostbare Trüffel. Daher benannten sie diese tarathopholi bzw. taratouphli. Im Deutschen wurden daraus die tartuffeln, die Pate standen für die Bezeichnung Kartoffeln. Die Franzosen nannten sie pommes de terre – daraus resultierte der Begriff Erdäpfel. Regional differenziert wurden sie auch Erdbirnen, Grumbeer, Grundbirne, Schocken, Mäusle oder Tuffeln genannt. Bisweilen kann man in frühneuzeitlichen Quellen nicht deutlich erkennen, ob nun mit dem Begriff Erdäpfel gemeint sind oder Topinambur, eine Knollenfrucht, die seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts in Europa angebaut wurde.

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Ananas, Papa (Erdäpfel) und Juucas, Kupferstich 9 aus Nova typis transacta navigatio, 1621 (© Stift Seitenstetten)
Von den Kanarischen Inseln kam der Erdapfel um 1570 nach Spanien und dann nach Italien. Von dort fand er seine Verbreitung über das europäische Festland. Sehr gut lässt sich das in der botanischen Literatur der frühen Neuzeit verfolgen. Der Schweizer Botaniker Caspar Bauhin (1560-1624) gab der Erdäpfel den lateinischen Namen solanum tuberosum (1590), auf Deutsch nannte er die Pflanze grüblingsbaum oder knollenbaum. Mit dieser Bezeichnung nahm er sie in seine 1613 erschienene Neubearbeitung des Neuw vollkommentlich Kreuterbuch des Jacobus Theodorus Tabernaemontanus auf. In der Pflanzenbeschreibung erwähnt Bauhin, dass es in Österreich eine besondere Sorte mit gefüllten Blüten gäbe. Diese Bemerkung zeigt schon, dass Erdäpfel damals eher wegen ihrer Schönheit angepflanzt wurden. Das belegt auch die Aufnahme der Pflanze in den Hortus Eystettensis. Dieses im Auftrag des Eichstätter Fürstbischofs Johann Konrad von Gemmingen durch den Nürnberger Apotheker und Botaniker Basilius Besler 1613 erstmals herausgegebene Werk gibt den Pflanzenreichtum des berühmten Schlossgartens bei der bischöflichen Residenz in Eichstätt wieder. Man liebte die Schönheit der Erdapfelblüten, misstrauisch war und blieb man, was die Nutzung der Pflanze anging. Versuche die oberirdischen Früchte zu verkosten, endeten mit Vergiftungserscheinungen. Mit den Knollen unter der Erde wusste man auch nicht so richtig etwas anzufangen. Allerdings gab es in Europa hier große Unterschiede: In Irland etwa begann man schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts mit dem Feldanbau. Man hatte erkannt, dass auf den kargen Böden Erdäpfel mehr Ertrag erbrachten als etwa Getreide.

Die Erdäpfel bei Hohberg und Krünitz

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Tartouffles oder Indianischer Papas, aus: Wolf Helmhardt von Hohberg, Georgica Curiosa, Nürnberg 1682 (© München, Bayerische Staatsbibliothek)
Will man sich über die Lebensbedingungen auf niederösterreichischen Gütern in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts informieren, so lohnt sich immer ein Blick in Hohbergs Georgica Curiosa, 1682 in Nürnberg im Druck erschienen. Und man wird auf der Suche nach Erdäpfeln auch fündig. Auf der Seite 639 findet sich unter Kapitel XLII die Überschrift: Tartouffles oder Indianischer Papas und Adenes Canadenses oder Erdäpffeln. Das Kapitel gehört allerdings noch dem Teil des Werkes an, das sich mit dem Kuchen- und Artzney-Garten beschäftigt.  Nach einer Beschreibung ihrer Herkunft und ihres Aussehens gibt Hohberg Tipps über deren Aufbewahrung und Verwendung: im Herbst gräbt mans aus, verwahrts im Keller im Sande; im Frühling werden sie im letzten Viertel wieder in ein sandiges und mürbes Erdreich eingelegt. […] Die Indianischen Papas kocht und isst man warm oder auch überbrüht und geschält, kalt mit Oel Essig Pfeffer und Salz.

Will man sich Informationen zum 18. Jahrhundert holen, greift man zunächst am besten zur Oekonomische Encyklopädie des Johann Georg Krünitz, deren erster Band 1773 erschien. Erst 1858 erlebte das Monumentalwerk mit dem 242. Band seine Vollendung. Unsere Erdäpfel findet man unter dem Stichwort Kartoffel in Band 35, erschienen 1785. Unter dem Stichwort Erd=apfel wird Helianthus tuberosus – der Topinambur – abgehandelt. Im ausgehenden 18. Jahrhundert preist Kürnitz bereits mit 55.000 Worten die Kartoffel als wichtiges Nahrungsmittel für Mensch und Tier, lobt ihren hohen Ertrag und ihre Genügsamkeit im Anbau: eine ursprünglich amerikanische Erdfrucht, welche seit 50 bis 60 Jahren, wegen der ausserordentlichen Fruchtbarkeit und des vielfachen Nutzens, bey uns und unsern Nachbarn fast einheimisch geworden ist, und durch deren Anbau ganze Landesstriche so glücklich geworden sind, ihren Einwohnern und zahmen Thieren ein ganz neues und vorzügliches Nahrungsmittel zu verschaffen, welches nicht allein zur Zeit der Noth die Stelle der übrigen vertreten, sondern auch ausserdem in der Land= und Haus=Wirthschaft vielerley Nutzen gewähren kann. […] Eine Speise, die beynahe so schätzbar ist, als das Brod, in der Noth dessen Stelle vertritt, und sich so einfach und in so mancherley Gestalten zubereiten lässet, als kaum ein anderes Nahrungsmittel; die den Arbeiter stärkt, die Zuflucht des Armen, und der sicherste Schutz gegen den Hunger in theuern Zeiten ist; die aber auch dem Vornehmen schmeckt, und neben überflüssigen Gerichten geschätzt wird. Eine Frucht, die in allerley Boden, unter jeder Himmels=Gegend, in den rauhesten Gegenden, wo kein Getreide fortkommt, wohl gedeihet, sich ungemein vermehrt, zum Anbau nur wenig Mühe und Kosten erfordert, dem Acker wohl bekommt, und dem Mißwachse und jenen Zufällen, welche oft die Hoffnung des Landmannes plötzlich vernichten, weniger, als irgend eine Getreide=Art, unterworfen ist.

Von der Zierpflanze zum Grundnahrungsmittel

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Papas Peruanorum (= Erdapfel) – Kupferstich aus dem Hortus Eystettensis („Eichstätter Garten“), 1613 (© München, Bayerische Staatsbibliothek)
Wie schaut es nun mit dem Erdäpfel-/Kartoffelanbau in Österreich aus? Nach Krünitz brachte der niederländische Arzt und Botaniker Carolus Clusius (Charles de lʼ Écluse, 1526–1609) 1588 die ersten Erdäpfel von den Niederlanden nach Wien. Kaiser Rudolf II. hatte Clusius zum Vorsteher der Wiener Gärten ernannt. Wir verdanken Clusius auch die ersten Pflanzungen von Rosskastanien, Tulpen und Kaiserkronen. Es sollte allerdings noch sehr lange dauern, bis aus der Zierpflanze eine Ackerfrucht wurde. Weitere Verbreitung fand sie erst in den 70er Jahren des 18. Jahrhunderts in Verbindung mit der Hungersnot von 1771/72. Erst zu dieser Zeit begann man langsam ihr Potenzial zu erkennen: Erdäpfel wuchsen auch auf kargen Brachflächen, die man für den Getreideanbau nicht nutzen konnten, und brachten selbst dort beträchtlich höhere Flächenerträge. Ein weiterer Grund für einen verstärkten Anbau war die Nutzung der Knolle als Stärkelieferant. Bis dahin hatte man Stärke aus Weizen gewonnen. Am 14. März 1771 erschien in Wien eine Hofresolution, die die Schön- und Schwarzfärber dazu verpflichtete, nur mehr aus Erdäpfeln gewonnene Stärke zu verwenden. Auch die zu dieser Zeit wichtige Puderproduktion musste auf Erdäpfelstärke umstellen. Weiters lösten Erdäpfel den Roggen als Ausgangsprodukt bei der Branntweinherstellung ab. So stand nun mehr Brotgetreide für die Ernährung der Bevölkerung zur Verfügung. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Erdäpfel zu der Pflanze, deren Anbau die Gefahr von Missernten und Hungersnöten drastisch reduzierte.

In Niederösterreich begann man im Wald- und Weinviertel sowie im Alpenvorland mit dem Anbau auf größeren Flächen. Viele Bauern standen der Frucht allerdings skeptisch gegenüber. Für sie waren Erdäpfel keine menschenwürdige Nahrung und nur als Viehfutter zu gebrauchen, Kleinhäusler und die großen Herrschaftsgüter waren es zunächst, die Erdäpfel auf ihre Ackerflächen anbauten. Besonders um die Einführung des Erdäpfelanbaus bemühte sich Johann Wiegand, der fürstlich Liechtensteinscher Schlossinspektor in Valtice/Feldsberg war. Im Auftrag Maria Theresias verfasste er mehrere Schriften, darunter 1759 auch eine über die Vorzüge des Erdäpfelanbaus (wiederabgedruckt in seiner Schrift Der wohlerfahrene Landwirt). Am 12. Mai 1767 erschien in Wien eine weitere Hofresolution mit der Anweisung, alles Notwendige zur Förderung des Erdäpfelanbaus zu unternehmen.

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Pfarrkirche in Prinzendorf an der Zaya (Foto: © Elisabeth Vavra)

Nicht vergessen darf man in diesem Zusammenhang den „Erdäpfelpfarrer“ Johann Eberhard Jungblut (1722–1795). Der gebürtige Luxemburger kam 1758 als Kooperator nach Wilfersdorf, das zu den Patronatspfarren der Fürsten Liechtenstein gehörte, auf deren Gütern im niederösterreichische-südmährischen Raum der Erdäpfelanbau betrieben wurde. 1761 wurde Jungblut Pfarrer in Prinzendorf an der Zaya und begann dort die Bevölkerung für den Erdäpfelanbau zu begeistern. Die Saaterdäpfel holte er aus Holland. Sein Nachfolger setzte ihm 1834 ein Denkmal an der Kirchenaußenwand:

Ihm, dem Pflanzer jener Knollen,
die in großer Not sich so bewährt,
will die Nachwelt ihren Dank hier zollen,
wenn sie seine Ruhestätte ehrt.
Heb ab, Wanderer, dankbar deinen Hut:
Hier liegt Johann Eberhart Jungblut!

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Der Grabstein Johann Eberhard Jungbluts, Prinzendorf an der Zaya (Foto: © Elisabeth Vavra)

Ab 1769 versuchte die NÖ Regierung durch direkte Einflussnahme den Erdäpfelanbau voranzutreiben. So ordnete sie Im Oktober 1769 an, dass auf den Gütern des Grafen Hoyos im Waldviertel Anbauversuche gestartet werden sollten. Die in der Folge angeforderten Gutachten über diesen Versuch fielen allerdings unterschiedlich aus: Noch immer schien die Knollenfrucht am besten als Viehfutter geeignet. Als Nahrungsmittel wollte man sie nicht akzeptieren. Erst die Notzeiten während der napoleonischen Kriege, die Hungerjahre 1816/17 und die Protoindustrialisierung trieben den Erdäpfelanbau voran. Denn ein Erdäpfelacker konnte die jährlich notwendige Grundnahrung für eine Familie liefern. Als 1833 die Erdäpfel für zehentfrei erklärt wurden – es mussten also dafür keine Abgaben mehr geleistet werden, führte dies zu weiteren Vergrößerungen der Anbauflächen. Um 1890/1900 betrug die Anbaufläche rund 50.000 Hektar, nach dem Ersten Weltkrieg waren es 96.000 Hektar; der Ertrag steigerte sich von 83,4 Meterzentner (1 Meterzentner=100 kg) pro Hektar auf 194,6 Meterzentner.

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Blick in die Ausstellung Waldviertler Erdäpfelwelt in Schweiggers (© Elisabeth Vavra)

Aus alten Kochbüchern …

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Louise Seleskowitz, Wiener Kochbuch, 12. Auflage, Wien 1905 (© Elisabeth Vavra)
Die zwiespältige Einstellung gegenüber den Erdäpfeln lässt sich auch aus Speiseplänen, soweit sie überliefert sind, ablesen: einerseits werden sie abfällig als Viehfutter bezeichnet, andrerseits tauchen sie in den Speisefolgen von Feiertagen an prominenter Stelle auf. In Wien wurden angeblich, glaubt man den Quellen, bereits im ausgehenden 18. Jahrhundert gern Erdäpfel gegessen. Sie waren kein Essen der Unterschichten, dazu war ihr Preis zu dieser Zeit noch zu hoch. Anscheinend, so Roman Sandgruber, übernahmen im frühen 19. Jahrhundert bäuerliche Haushalte Erdäpfelgerichte aus der bürgerlich-städtischen Küche. Erdäpfel kamen als Beilage an Sonntagen auf den Tisch. Erst gegen die Jahrhundertmitte wurden sie zu einem wohlfeilen Essen, das mehrmals am Tag auf den Tisch kam.

Dass Erdäpfelgerichte in der bürgerlichen Küche schon im frühen 19. Jahrhundert ihren Platz gefunden hatten, belegen Kochbücher, wie etwa das 1827 von Anna Dorn herausgegebene Neuestes Universal= oder Großes Wiener=Kochbuch. Blättert man darin, so findet man Rezepte für Erdäpfelsuppe und Suppe mit Erdäpfelknödel sowie diverse Zubereitungsarten bei den Gemüsegerichten; unter den Mehlspeisen durften die Erdäpfelnudeln natürlich nicht fehlen. Bei den Zuckerbäckereyen stößt man sogar auf eine Erdäpfel=Torte, deren Rezept ich Ihnen nicht vorenthalten möchte: Man reibt 12 Loth (1 Wiener Loth = 15,6-17,6 Gramm) gekochte, geschälte und abgekühlte Erdäpfel von der guten mehlichten Gattung auf dem Reibeisen, gibt 4 Loth fein gestoßene Mandeln mit einigen bitteren vermischt, 4 Loth Zucker und die klein geschnittene Schalen einer Limonie in den Weidling, schlägt 2 ganze Eyer und 6 Dotter nach und nach hinein, rührt es eine halbe Stunde immer gleich fort, mengt zuletzt den festen Schnee von 4 Eyerklaren leicht darunter, füllt den mit Butter bestrichenen Model etwa über die Hälfte an, und backt es bey einer nicht starken, aber doch anhaltenden Wärme.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts findet sich in den Kochbüchern bereits die volle Bandbreite der auch heute noch gebräuchlichen Erdäpfelgerichte. Als Beispiel sei hier das Wiener Kochbuch der Louise Seleskowitz herangezogen, das 1879 erstmals erschien. Seleskowitz kam 1830 in Deutsch-Altenburg zur Welt. Trotz ihrer unehelichen Geburt machte sie in Wien Karriere, eröffnete ein Feinkostgeschäft auf der Freyung in Wien, ein Speisenrestaurant und eine Kochschule. Ihr Kochbuch erschien in 20 Auflagen. Im Inhaltsverzeichnis finden sich allein unter dem Stichwort Erdäpfel 48 Rezepte, Neben salzigen Speisen und Vorschlägen für Beilagen gibt es natürlich auch schon Zwetschken=Knödel von Erdäpfelteig, einen süßen Erdäpfel=Strudel, bei dem die Erdäpfelfülle auf Strudelteig aufgestrichen wird, oder ein Erdäpfel Koch (Soufflé aux pommes des terre): Wenn man 16 Deka Butter flaumig abgetrieben hat, werden 24 Deka Geruchzucker (etwa mit Vanille aromatisierter Zucker) und 8 Eidotter, einer nach dem anderen, dazugerührt, dieses mit 50 Deka gekochten, passierten, ausgekühlten Erdäpfeln vermengt und zuletzt der Schnee von 8 Eiern leicht untergemischt, worauf man diese Masse in eine mit Butter bestrichene, mit Mehl ausgefehte (sic) Form füllt und zugedeckt ¾ Stunden in Dunst kochen oder in der Röhre backen läßt. Nach dieser Zeit wird das Koch auf eine Schüssel gestürzt und mit fein gestoßenem Zucker bestreut zu Tisch gegeben. Seleskowitz kennt natürlich auch das Rezept für die Erdäpfel=Torte, allerdings verfeinert sie diese noch mit klein gehacktem Zitronat, Orangenschale, Zimt und Gewürznelken. Nach dem Backen glasiert sie die Torte.

Viel Spaß beim Nachkochen!

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Die Schönheit einer Erdäpfelblüte (© Agricultural Research Service)

Autorin: Prof.in Dr.in Elisabeth Vavra

Literatur:
Erik Arnberger, Zur Geschichte und Geographie der wichtigsten Hackfrüchte Niederösterreichs, in: Unsere Heimat 23 (1952), S. 22–32.
Anna Dorn, Großes Wiener Kochbuch, Wien 1827.
Hannes Etzlstorfer-Reinhard Linke-Christoph Mayer, Erdäpfel. Die Genüsse des Waldviertels, Berndorf 2018.
Rupert Hauer, Die Einführung der Kartoffelkultur in Nieder=Österreich, in: Unsere Heimat 6 (1933), S. 99–100.
Ignaz Hübel, Die Einführung der Kartoffelkultur in Niederösterreich, in: Unsere Heimat 5 (1932), S. 69–78.
Roman Sandgruber, Österreichische Agrarstatistik 1750–1918, Wien 1978.
Ders., Die Anfänge der Konsumgesellschaft. Konsumgüterverbrauch, Lebensstandard und Alltagskultur in Österreich im 18. und 19. Jahrhundert, Wien 1982.
Louise Seleskowitz, Wiener Kochbuch, 12. Auflage, Wien 1905.
P. Benedikt Wagner, Früher Kartoffelbau als Kuriosität in Seitenstetten, in: Stift Seitenstetten – Historischer Garten, Stift Seitenstetten 1996.
Joelle Weis, Historisch-kritische Analyse der Nova Typis Transacta Navigatio novi Orbis Indiae occidentalis (Linz 1621), Masterarbeit, Wien 2014.

Links zu den Ausstellungen:
Ausstellung im Stift Seitenstetten
Erdäpfelmuseum in Prinzendorf an der Zaya
Erdäpfelwelt in Schweiggers

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