Der Mitropapokal und der Mitropacup

Titelbild: SK Rapid Wien, Mitropacupsieger 1930, Foto: © SK Rapid Wien/Rapideum

Dieser von Österreich initiierte Bewerb für kontinental-europäische Profi-Fußballvereine startete 1927. Er war der Vorläufer des ehemaligen Europapokals und ist vergleichbar mit der heutigen Champions League. Zur Zeit der Einführung war er der erste große internationale Fußballbewerb für Vereinsmannschaften. Angemerkt sei noch, dass 1927 – auch auf Grund österreichischer Initiative - der „Coupe International européenne“ für Nationalmannschaften des Kontinents eingeführt wurde, er entspricht der heutigen Europameisterschaft.
Die Idee zur Schaffung des Mitropacup-Bewerbes ging vom Generalsekretär des 1926 neugegründeten „Allgemeiner Österreichischer Fußballbund (AÖFB)“, Hugo Meisl aus, vor allem, weil das Publikumsinteresse an Freundschaftsspielen österreichischer Vereine gegen ausländische Spitzenteams beträchtlich nachgelassen hatte. Hugo Meisl schrieb 1935 in einem Beitrag in einer offiziellen Mitropacup-Festschrift:

Als sich die Konjunktur in der Nachkriegszeit auch im Fußball verflüchtigt hatte und die Ansprüche der großen Sportgemeinde, ganz besonders der Anhänger des Fußballsports, immer größer wurden, übten die internationalen freundschaftlichen Veranstaltungen nur mehr eine geringe Anziehungskraft aus. Mitschuld ist auch die laxe Auffassung und Erledigung solcher Spiele seitens einzelner Vereine. Erinnern wir uns doch, daß sowohl unsere als auch die großen Mannschaften des Auslandes derartige Freundschaftsspiele nur selten mit den kompletten Mannschaften und mit dem Ernst der Vorkriegszeit bestritten haben!

Zum anderen Teil waren auch die Vereine an höheren Einnahmen interessiert, weil der, infolge der Trennung von Niederösterreich 1923 neugegründete Wiener Fußball-Verband 1924 als erster im kontinentalen Europa den Professionalismus im Fußball eingeführt hatte. Der Profifußball entstand 1885 in England, 1893 in Schottland und 1924 in Österreich. Die Tschechoslowakei folgte 1925, Ungarn und Italien 1926, 1932 Frankreich. In Deutschland wurde er erst 1972 eingeführt.

Im Mitropacup spielten die Meister und Cupsieger der teilnehmenden Länder. Später kamen noch die Vizemeister dazu.

Der Österreichische Meister wurde vom Wiener Verband gestellt, weil der mit der Schaffung der Profiliga auch die Bezeichnung „Österreichische Meisterschaft“ eingeführt hatte, obwohl nur Klubs aus dem Großraum Wien an dieser Meisterschaft teilnahmen, durfte sich der Sieger – auch international anerkannt – „Österreichischer Meister“ nennen. Diese Regelung bestand bis 1949! Für die Amateurmannschaften wurde 1928 eine österreichweite Amateur-Meisterschaft eingeführt.

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Abb.1 Austria Wien besiegte Slavia Prag im Viertelfinale 2:1, nach einer 1:0 Niederlage in Prag endete das Entscheidungsspiel 5:2 für die Violetten. Austria kam zwar ins Finale, verlor aber gegen Ferencváros Budapest mit einem Gesamtscore von 7:4 Foto: © Helmut Bauer

Im MITROPACUP hatte jede Mannschaft ein Heim- und ein Auswärtsspiel zu absolvieren. Die erzielten und erhaltenen Tore aus diesen Spielen wurden addiert und die Mannschaft mit einer positiven Tordifferenz stieg auf bzw. wurde Mitropacup-Sieger, weil auch das Finale in zwei Spielen ausgetragen wurde. Ergab sich keine Tordifferenz – es gab damals die „Auswärtstorregel“ noch nicht – so mussten die Mannschaften ein Entscheidungsspiel bestreiten. Endete dies auch nach Verlängerung unentschieden, wurde der Sieger durch Los bestimmt. Diese Losentscheidung kam in der Geschichte des Mitropacup zweimal vor. Die erste entstand, weil 1934 Sparta Prag gegen MTK Budapest einen kurz vorher vom FC Zürich erworbenen Spieler eingesetzt, aber die Ablösesumme noch nicht vollständig bezahlt hatte und der Spieler daher kein vollständiges Vereinsmitglied und deshalb nicht spielberechtigt war. Obwohl die Mannschaft von Sparta Prag laut Mitropacup-Reglement disqualifiziert hätte werden müssen, wurden die drei Spiele (ein Entscheidungsspiel war notwendig geworden, das Sparta gewonnen hatte) nur annulliert, weil der Verein den Restbetrag beglichen hatte. Die durch diese Entscheidung notwendig gewordenen weiteren zwei Spiele endeten unentschieden und machten ein Entscheidungsspiel erforderlich, das nach Verlängerung ebenfalls unentschieden endete und durch Los zugunsten von Sparta Prag entschieden wurde. Es ergab sich der einzigartige Fall im, dass zwei Vereine im laufenden Mitropacup-Bewerb sechs Mal gegeneinander antreten mussten. Auch 1940 endete ein Entscheidungsspiel unentschieden und wurde per Los entschieden.

Teilnehmer am Mitropacup (1927-1940):
1927 und 1928: acht Mannschaften aus Österreich, Ungarn, Tschechoslowakei und dem SHS-Staat (Serbien, Kroatien, Slowenien)
1929 putschte der König des SHS Staates, errichtete eine Diktatur, der Staat erhielt den Namen Jugoslawien und nahm nicht mehr teil. Italienische Klubs traten aber bei, so dass wieder acht Mannschaften um den Pokal kämpften.
Diese Regelung hielt bis einschließlich 1933.
1934 und 1935 nahmen aus diesen Ländern 16 Vereine teil und 1936 kam auch die Schweiz dazu. In diesem Jahr musste eine Qualifikationsrunde gespielt werden, bei der alle Schweizer Vereine ausschieden.
1937 kamen die 16 teilnehmenden Vereine aus Österreich, Ungarn, Italien, der Tschechoslowakei, Jugoslawien und Rumänien.
1938 nahmen wieder 16 Vereine teil. Weil aber Österreich durch die Annexion ausfiel, entsandten Ungarn, die Tschechoslowakei und Italien je 4 Vereine und je 2 Mannschaften kamen aus Rumänien und Jugoslawien.
1939 nahmen nur mehr acht Vereine aus Ungarn, Italien, dem Protektorat Böhmen und Mähren (ehemalige Tschechoslowakei), Jugoslawien und Rumänien teil.
1940 gab es dann aus dem Protektorat Böhmen und Mähren keine Teilnehmer mehr. Weil auch Italien wegen des Krieges auf eine Teilnahme verzichtete, waren nur mehr Ungarn, Jugoslawien und Rumänien mit insgesamt acht Vereinen vertreten, wobei die beiden Finalspiele wegen des Krieges nicht mehr ausgetragen wurden und es daher keinen Mitropacup-Sieger gab.

Von 1927 bis 1939 stellten Österreich und Ungarn je vier Mitropapokal-Sieger, wobei es 1931 zu einem rein österreichischen Finale kam, in dem der First Vienna FC 1894 gegen den Wiener AC gewann. 1939 kam es zu einem rein ungarischen Finale, in dem der Ujpesti FC gegen Ferencvaros Budapest siegte.

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Abb. 2 SK Rapid Wien, Mitropacup-Sieger 1930 Rapid verlor zwar das Match gegen Sparta in Wien 2:3, das 2:0 in Prag reichte aber für den Sieg. Die Vienna war im Viertelfinale gegen Sparta ausgeschieden. Foto: © SK Rapid Wien/Rapideum

Für Österreich war zweimal der FK Austria Wien und je einmal der SK Rapid Wien und der SK Admira Wien erfolgreich. Weiters wurden fünfmal österreichische Klubs erst im Finale besiegt.

Dass der Mitropacup gut ankam – trotz der wirtschaftlich schlechten Zeiten – beweisen die Zuschauerzahlen. So kamen z.B. zu den 16 Spielen der ersten Mitropacup-Runde 1935 insgesamt 208.000 Zuschauer, die sich auf die einzelnen Länder wie folgt aufteilten: zu den Spielen in Wien kamen 70.000, in Italien 54.000, in der Tschechoslowakei 49.000 und in Ungarn 35.000 Zuschauer. Das schlechtest besuchte Spiel hatte immerhin noch 7.000 Zuschauer.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Mitropacup 1955 wieder für die Länder Österreich, Italien, Ungarn, Tschechoslowakei und Jugoslawien eingeführt. Extrem abgewertet wurde er aber durch den im gleichen Jahr eingeführten EUROPAPOKAL DER LANDESMEISTER, da am Mitropacup bald nur noch mittelklassige Mannschaften teilnahmen, die keine Chance auf einen Europapokal-Startplatz hatten. Der letzte Mitropacup fand 1992 mit nur mehr vier Mannschaften statt, das Finale fand vor nur 900 Zusehern statt.

Von 1955 bis 1992 gewannen nur drei österreichische Mannschaften den Pokal, nämlich Wacker Innsbruck 1975 und 1976 sowie 1984 der SC Eisenstadt.

Für mich ist der Mitropacup ein leuchtendes Beispiel dafür, dass der Sport das Medium ist, dem es als einem der ersten gelingt, Grenzen zu überwinden. In relativ friedlichem Wettstreit standen sich in diesem Bewerb Vertreter von Ländern gegenüber, die sich vor zehn Jahren noch auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkrieges bekämpft hatten. Es wurde hier bewusst von einem „relativ friedlichen Wettstreit“ gesprochen, dann die Spiele waren vor allem von Härte geprägt. Friedrich Torberg, ein begeisterter Fußballfan, schrieb in seinem Buch „Die Erben der Tante Jolesch“: „Was ein richtiges Mitropacupmatch ist, muß auf der Botschaft zu Ende gespielt werden.“

Autor: Helmut Bauer

Verwendet wurden Sportstatistiken und die „Offizielle Mitropacup Festschrift“ der Zeitung „SPORT-SONNTAG“ anlässlich des Mitropacup Spieles SLAVIA – AUSTRIA am 7. Juli 1935 in Wien.

TIPP: Sonderausstellung des Haus der Geschichte
I wer´ narrisch! Das Jahrhundert des Sports
13. März 2021 bis 9. Jänner 2022

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