Johannes von Nepomuk – ein Mann aus Böhmen erobert Europa

Titelbild: Johannes von Nepomuk in der Glorie, Stuckrelief, Leopold Michael Perger, um 1740. Krems, Körnermarkt 8, ehem. Mesnerhaus. Foto: © Elisabeth Vavra

Vor 300 Jahren, am 31. Mai 1721 wurde in einer feierlichen Zeremonie ein Mann aus Böhmen durch Papst Innozenz XIII. seliggesprochen. Nur wenige Jahre später am 29. März 1729 erfolgte seine Heiligsprechung durch Papst Benedikt XIII. Bereits vor diesen beiden offiziellen Zeremonien hatte seine Verehrung nicht nur in den böhmischen Landen weite Verbreitung gefunden. Nun öffneten sich aber die Schleusen: Binnen kürzester Zeit wurde Johannes von Nepomuk zu einem der am häufigsten dargestellten Heiligen. Seine unzähligen Denkmäler prägen bis heute das Bild der niederösterreichischen Landschaft. Als Schutzpatron der Brücken und gegen Wassergefahren finden sich seine Denkmale auf Brücken und bei Wasserläufen, selbst wenn diese heute schon längst kanalisiert und unter der Erde verschwunden sind. Seine Verbindung zum Wasser machte ihn zum Schirmherrn der Schiffer, Flößer und Müller. Als Priester, der aufgrund seiner Standhaftigkeit das Martyrium erlitt, wurde er zum Schutzheiligen des Beichtgeheimnisses und der Verschwiegenheit.

Wer war aber nun dieser Mann aus Böhmen, der uns in Niederösterreich immer wieder begegnet?

Der historische Hintergrund

Nepomuk_Fels
Bei der Öffnung des Grabmals im Veitsdom 1719 fand man im Schädel unverweste Gewebeteile, die man für die Zunge des Heiligen hielt. Oft bringt er daher auf Gemälden seine Zunge als Opfer dar. Die ihm auf barocken Gemälden und Bildsäulen umringenden Putti tragen weitere Attribute; bisweilen verschließt einer von ihnen mit einem Finger den Mund als Ausdruck des Schweigens. – Der hl. Johannes von Nepomuk seine Zunge darreichend, Martin Johann Schmidt, 1786, Fels/Pfarrkirche. Foto: © Peter Böttcher

Geboren wurde Johannes um 1350 in Nepomuk (Pomuk), einer kleinen Stadt südöstlich von Pilsen. Im 12. Jahrhundert hatten Zisterzienser aus dem fränkischen Ebrach den Ort gegründet. Sein Vater dürfte Stadtrichter gewesen sein. Über seine Jugend wissen wir nichts. Erst 1370 begegnet er uns wieder als amtlich vereidigter Kanzleischreiber des erzbischöflichen Haushalts in Prag. In den folgenden Jahren diente er sich in der erzbischöflichen Kanzlei hinauf: vom Protokollführer des erzbischöflichen Gerichts bis zum Vorstand der Vikariatskanzlei. 1380 erhielt er die Priesterweihe. Im selben Jahr wurde er Pfarrer der Galluskirche in der Prager Altstadt. In der Folge studierte er Kirchenrecht an der Prager Juristenuniversität und setzte sein Studium 1385 in Padua fort. Im Herbst 1386 promovierte er und kehrte nach Prag zurück, wo er seine Karriere im kirchlichen Verwaltungsdienst vorantrieb. Im September 1389 wurde Johannes von Nepomuk zum Generalvikar ernannt. Als Vertreter des Erzbischofs war er nun für die Verwaltung der Erzdiözese zuständig. Ein Zeitgenosse beschrieb ihn als wohlfällig vor Gott und beliebt bei Deutschen und Tschechen. Aber am 20. März 1393 ließ ihn König Wenzel IV. festnehmen und foltern. Und in der Nacht warfen die Folterknechte den sterbenden Generalvikar von der Moldaubrücke in den Fluss.

Was war geschehen? Das noch junge Erzbistum Prag kämpfte um seine Unabhängigkeit vom Königtum, ein schwieriges Unterfangen in einer Zeit, in der das Papsttum durch das große abendländische Schisma in seinen Grundfesten erschüttert war: in Rom residierten Papst Urban VI. und sein Nachfolger Bonifatius IX., in Avignon der Gegenpapst Clemens VII. Johannes von Nepomuk wurde zum Opfer des Machtkampfs zwischen Kirche und Königtum, genauer gesagt des Machtkampfs zwischen Erzbischof Johann von Jenzenstein und König Wenzel IV. Der Erzbischof hatte Beamte des Königs ohne Rücksprache exkommunizieren lassen, und er hatte verhindert, dass ein Günstling des Königs Abt des reich dotierten Benediktinerklosters Kladrau und damit Bischof des neubegründeten Bistums Kladrau wurde. Wenzel IV. bedrohte den Erzbischof deshalb dreimal mit der Todesstrafe: Wenn du irgend etwas vorhast gegen mich oder die Meinen, dann werde ich dich ersäufen […].

Nepomuk_Langenlois
Der hl. Johannes von Nepomuk Almosen verteilend, Martin Johann Schmidt, 1749, Langenlois, Pfarrkirche. Foto: © Peter Böttcher

Der Erzbischof entzog sich dem cholerischen König durch Flucht. Dieser hielt sich nun an dessen Vertretern schadlos. Er inhaftierte Johannes von Nepomuk, Nikolaus Puchnik, Wenzel Knoblich, den Probst von Melnik, und den erzbischöflichen Hofmeister. Der „peinlichen Befragung“ während des Verhörs konnte nur Johannes von Nepomuk unterzogen werden, da er als Einziger nicht dem Adel angehörte und überdies durch Geburt königlicher Untertan war. Das Brennen eines Verdächtigen mit Fackeln während eines Verhörs war zu dieser Zeit nur Teil des kirchlichen Inquisitionsverfahrens. Hier wurde es im Rahmen einer weltlichen Untersuchung angewandt. Allerdings ging man bei der Folter zu weit. Johannes von Nepomuk war so schwer verletzt, dass man sich seiner entledigen musste. So schleppte man ihn zur Moldau und warf ihn von der Brücke in den Fluss.

Johannes von Nepomuk hatte trotz der Folter keine Geheimnisse preisgegeben; allerdings wissen wir nicht, was er eigentlich hätte verraten sollen, sicher nicht das Beichtgeheimnis der Königin, wie die Legende berichtet. Vielleicht befürchtete Wenzel IV. schon damals eine Verschwörung gegen seine Person, ausgeheckt vom Erzbischof und seinen Verwandten, mit denen Wenzel ständig im Streit lag. Immerhin wurde er bereits ein Jahr später von Adeligen in Králův Dvůr/Königshof gefangen gesetzt.

Nepomuk_Stockern
Der hl. Johannes von Nepomuk vor der Gnadenmadonna von Bunzlau, Martin Johann Schmidt, 1772, ehemals in der Schlosskapelle zu Stockern. Foto: © Peter Böttcher

Auf dem Weg zur Heiligsprechung

Nepomuk_Rehberg
Statue des Hl. Johannes von Nepomuk, bez. 1704, bei der Brücke über die Krems, Rehberg Foto: © Elisabeth Vavra

Unmittelbar nach den Ereignissen schickte der Erzbischof ein Schreiben an den Papst, in dem er über die ungeheuerlichen Ereignisse berichtete und den ermordeten Generalvikar als Märtyrer bezeichnete. In der wenige Jahre später verfassten Biographie des Erzbischofs wird Johannes von Nepomuk wiederum bereits als glorreicher Märtyrer Christi, der viele Wunder veranlasste beschrieben.

Der aus Haselbach bei Stockerau stammende Theologie, Geschichtsschreiber und Universitätsprofessor Thomas Ebendorfer brachte 1449 zum ersten Mal zwei Legenden in Umlauf: Er erzählt von der standhaften Weigerung des Johannes, Auskunft über die Beichte der Königin zu geben und von der Marter des königlichen Kochs. Letzterer hatte einen bestellten Braten nicht gebracht, und König Wenzel IV. – bekannt für sein aufbrausendes Gemüt – ließ ihn daraufhin foltern. Johann von Nepomuk ermahnte daraufhin den König zur Mäßigung seines Temperamentes.

Nach der Schlacht am Weißen Berg 1618 erschien Johannes von Nepomuk dann bereits im Kreis der böhmischen Landespatrone an der Seite von Wenzel, Veit, Ludmilla, Adalbert, Prokop und Iwan. Und als der Hofprediger des calvinischen Kurfürsten Friedrich von der Pfalz, der als Winterkönig in die Geschichte einging, bei der Plünderung des Veitsdomes 1619 auf die Grabplatte des Johannes von Nepomuk trat, wurde er sogleich von Gott bestraft und starb auf der Stelle. 1640 begann man damit, das Geburtshaus in Nepomuk in eine Kirche umzubauen.  Eine erste Lebensbeschreibung des Märtyrers erschien im Druck. Als der Erzbischof von Prag die 1660 fertiggestellte Kirche in Nepomuk 1673 besuchte, hing in dieser bereits über dem Hochaltar ein Bild des Johannes von Nepomuk. Der Erzbischof verlangte dessen Entfernung, da Johannes noch nicht kanonisiert war. Die Strafe folgte auf dem Fuß: Die rechte Hand des Erzbischofs, mit der er auf das Bild gewiesen hatte, veränderte sich krankhaft und vertrocknete schließlich. 1680 entstand eine ausführliche Lebensbeschreibung, die zur Grundlage für die Selig- und später für die Heiligsprechung wurde.

Der Kult des Märtyrers war nun nicht mehr aufzuhalten. 1683 errichtete man sein Standbild auf der Steinernen Brücke in Prag. Nach deren Vorbild entstanden an vielen Orten Denkmale zu seinen Ehren.1696/97 begannen auf Ansuchen Kaiser Leopolds I. die kirchlichen Untersuchungen. Bereits 1710 ließ Kaiser Josef I. den Diözesanprozess einleiten. 1714 erhob man in der Erzdiözese Prag und den benachbarten Diözesen systematisch Zeugnisse der Verehrung und des Kultes des Märtyrers. Am 13. April 1719 öffnete man das Grabmal im Veitsdom. Im Schädel fand sich ein Geweberest, der von den anwesenden Ärzten als unversehrte Zunge des Johannes identifiziert wurde. Weltliche und geistliche Fürsten setzten sich nun in Rom für ein beschleunigtes Verfahren der Seligsprechung ein, die schließlich am 25. Juni 1721 in Rom stattfand. Überraschenderweise erfolgte bereits wenige Jahre später – am 19. März 1729 – seine Heiligsprechung.

Johannes von Nepomuk – ein Heiliger der HabsburgerInnen

Nepomuk_Melk
Hl. Johannes von Nepomuk, Peter Widerin, 1736, im Auftrag von Abt Berthold Dietmayr, Melk. Foto: © Elisabeth Vavra

Mit dem Sieg über die Osmanen und dem Aufstieg Österreichs zur Großmacht vollzog sich eine Konsolidierung der „Landschaft der habsburgischen Heiligen“, in der nun auch Johannes von Nepomuk seinen festen Platz fand. An der Spitze der Heiligenschar, unter deren Schutz und Schirm die HabsburgerInnen ihre Lande stellten, stand natürlich Maria, die Himmelskönigin, die Generalissima der kaiserlichen Heere, die Imperatrix, die Magna Mater Austriae. Kaiser Leopold I. (1640–1705; römischer Kaiser 1658–1705) wählte den hl. Joseph zum Patron seiner Erbländer und Schutzheiligen des kaiserlichen Hauses. Seinen 1678 geborenen Sohn – der erste, der das Kleinkindalter überlebte – ließ er auf den bisher in der Dynastie unüblichen Namen Joseph taufen. Der hl. Joseph sollte zum Symbol der Einheit des habsburgischen Reiches werden. Maria Theresia setzte ihn als Landespatron in Kärnten, der Steiermark, in Tirol und dem Küstenland ein. Zu Maria und Joseph gesellte sich nun im 18. Jahrhundert auch der hl. Johannes von Nepomuk. Noch vor dessen Seligsprechung stellte Kaiser Karl VI. das Banat unter den Schutz des böhmischen Heiligen. Und auf dem Festgerüst, das am 4. Juli 1721 anlässlich der Feier zur Seligsprechung des Heiligen in Prag errichtet wurde, war die kaiserliche Familie in Anbetung des über dem Doppeladler schwebenden Heiligen dargestellt. Die weit über Böhmen hinausgehende Bedeutung der Feier wurde noch durch die Anwesenheit der kaiserlichen Gemahlin Elisabeth Christine unterstrichen. In der Folge wurde der Kult des Heiligen in die entferntesten Winkel des habsburgischen Reiches getragen.

Nepomuk_Asparn
Johannes von Nepomuk-Denkmal, 1724, Asparn an der Zaya. Foto: © Elisabeth Vavra

Die Verbreitung seines Kultes

Nepomuk_Altpölla
Johannes von Nepomuk-Statue, um 1730, Altpölla. Foto: © Elisabeth Vavra

Der Beginn seines Kults in Niederösterreich lässt sich weder an einer bestimmten Person noch an einem bestimmten Datum festmachen. Die erhaltenen Denkmale belegen aber auch für diese Region eine Verehrung noch vor seiner Selig- bzw. Heiligsprechung. Diese frühen Zeugnisse stellen Johannes von Nepomuk in den Kreis der Pestheiligen, so etwa auf der 1679 als Pestsäule errichtete Mariensäule in Horn neben Sebastian, Rochus und Rosalia oder auf der zwischen 1705 und 1709 in Waidhofen an der Thaya aufgestellten Dreifaltigkeitssäule.

Auch die Einzeldarstellungen setzen schon vereinzelt vor dem Kanonisationsprozess ein. Ein frühes Beispiel ist etwa das Denkmal auf der Brücke über die Krems in Rehberg, 1704 bezeichnet. Die Steinfigur vor der Filialkirche in Maigen finanzierte 1706 der dortige Pfarrer.  In Horn war es Maria Susanna Gräfin Hoyos, die 1709 dem Märtyrer ein Denkmal erbauen ließ (heute auf der Brücke über den Breiteneicher Bach). Frühe Denkmäler finden sich aber nicht nur nördlich der Donau. So war Abt Stephan Braun vermutlich für die eindrucksvolle Skulptur verantwortlich, die seit 1706 den Ortsteil Dörfl in Lilienfeld vor den Überschwemmungen durch die Traisen bewahren sollte.

Nepomuk_Mannersdorf
Johannes von Nepomuk-Kapelle, Mitte 18. Jh., Schubertplatz, Mannersdorf am Leithagebirge. Foto: © Elisabeth Vavra
Die durch den Bischof von Passau 1715 in den Pfarreien durchgeführte Umfrage nach Gebetserhörungen bzw. Wunder zeichnet ein unterschiedliches Bild: In manchen Pfarren Niederösterreichs war Johannes von Nepomuk nahezu unbekannt, in anderen wurde er zu dieser Zeit bereits wie ein Heiliger verehrt: In Reidling soll er ein Pfarrkind auf derselben inbrünstigen anrufung glückseeligst und Miraculoser weis von selber wasser gefahr erröttet […] haben. Auch der Pfarrer von Maigen berichtete von einer Gebetserhörung in eigener Sache, vermutlich der Grund für die Statue, die er 1706 gestiftet hatte. Johannes von Nepomuk hatte ihn nicht aus Wassergefahr gerettet, aber in einem Prozess beigestanden, wo seine Ehre und all sein Habe auf dem Spiel gestanden sei. 

Nach der Selig- bzw. Heiligsprechung kam es zu einer kaum mehr überschaubaren Zahl von Denkmälern für den Heiligen aus Böhmen. Sehr oft war es der Landadel, der die Bildstöcke errichten ließ oder zumindest seinen Beitrag dazu leistete. Aber auch Zünfte und Markt- oder Dorfgemeinschaften traten als Stifter auf: so das Handwerk der Barchent-, Zeug- und Leinweber in Waidhofen an der Thaya oder die Gemeinde Hadersdorf am Kamp. Die Minoriten in Tulln setzten dem Heiligen mit ihrer 1732–1739 errichteten neuen Klosterkirche ein Denkmal: Sie ist Johannes von Nepomuk geweiht. Ein Grund für die Wahl dieses Patroziniums war vielleicht auch die gefährliche Lage des Klosters direkt am Ufer der Donau. Bereits 1616 war bei einem Hochwasser ein Teil der Klostergebäude eingestürzt.

Nepomuk_Schönberg
Johannes von Nepomuk-Kapelle, Mitte 18. Jh., Kampbrücke, Schönberg am Kamp. Foto: © Elisabeth Vavra

Bruderschaften im Dienste des Heiligen

Nepomuk_Stein
Johannes-Nepomuk-Denkmal am Rathausplatz in Stein, 1715 errichtet. Foto: © Elisabeth Vavra

Die Gegenreformation brachte auch eine neue Blüte des Bruderschaftswesen mit sich. Ihre demokratische Struktur ermöglichte einen großen Zulauf aus allen Bevölkerungsschichten, egal ob Adel, Bürger, Handwerker, Bauer oder Angehörige geistlicher Berufe, egal ob Frau oder Mann. Bruderschaften waren in erster Linie Gebetsvereinigungen, die sich um einen bestimmten Kult kümmerten: das konnte eine heilige Person sein, ein bestimmtes Gebet oder ein bestimmter Glaubenssatz. Darüber hinaus erfüllten sie wie im Mittelalter karitative Aufgaben, kümmerten sich um in Not geratene Mitglieder und um das Begräbnis ihrer Verstorbenen.

Bereits 1696 konstituierte sich in Prag die erste Johannes-Nepomuk-Bruderschaft, lange vor der Seligsprechung des Heiligen.1709 wurde in Wien eine Conföderation unter dem Schutz der Immaculata conceptio und des Johannes von Nepomuk gegründet, deren Schirmherrin Eleonore Magdalena Theresa, die Witwe Kaiser Leopolds I., war. Nach der Heiligsprechung wurde diese Conföderation in den Rang einer Bruderschaft erhoben. Dem Vorbild Wiens nacheifernd entstanden solch frühe Bruderschaften in Stein an der Donau, Mistelbach und Großglobnitz. In Stein standen hinter der Initiative die Bürgerschaft und der Bürgermeister Jakob Oswald von Mayereckh. Auf ihre Aktivitäten ging auch die Errichtung des Johannes Nepomuk-Denkmal auf dem Rathausplatz in Stein zurück, das bereits 1715 errichtet wurde. 1725 erhielt die Bruderschaft dann ihre bischöfliche Approbation, nachdem sich die Stadt dazu verpflichtet hatte, für alle notwendigen Ausgaben aufzukommen.

Nepomuk_Michelhausen
Glorie des hl. Johannes von Nepomuk, Altarbild in der nördlichen Seitenkapelle, 2. Viertel 18. Jh., Michelhausen, Pfarrkirche Hll. Petrus und Paulus. Foto: © Elisabeth Vavra

Die Schriftquellen für die Bruderschaft bei der Pfarrkirche in Michelhausen im Tullner Feld fließen nur spärlich. Hier haben sich aber eindrucksvolle künstlerische Zeugnisse erhalten. Seit 1710 gab es hier eine Marienwallfahrt. Für die wundertätige Muttergottesstatue, die man in diesem Jahr aus der Dominkanerinnenkirche in Tulln nach Michelhausen geholt hatte, baute man 1712 an das Langhaus eine Seitenkapelle an. Auf Betreiben des damaligen Pfarrers Johann Michael Dötter wurde 1733 die Johannes-Bruderschaft als Bruderschaft der Christlichen Lehr und Andacht aufgerichtet. Ein Jahr danach erichtete man als Pendant zur Marienkapelle die Johannes-Nepomuk-Kapelle. In der Kapelle stellte man ein Doppelsäulenretabel mit seitlichen Opfergangsportalen auf. Das Altarblatt zeigt die Aufnahme des hl. Johannes Nepomuk in den Himmel. 1781 vernichtete ein Großbrand Teile des Kirchenbaus. In die einheitliche Freskenausstattung, die Joseph Adam Mölck bis 1789 fertig stellte, wurde auch die Johannes-Nepomuk-Kapelle miteinbezogen. Das Deckenfresko zeigt im Hauptbild den Heiligen, wie er Almosen unter den Armen verteilt. Die das Mittelbild umgebenden vier Medaillons verweisen auf Ereignisse im Leben des Heiligen: seine Wallfahrt nach Altbunzlau, die Beichte der Königin, der Heilige vor König Wenzel und die Folter des Heiligen. Zu diesem Zeitpunkt war die Bruderschaft längst aufgehoben – aus den Bruderschaftsröcken hatte man 1782 Röcke für die Ministranten genäht. Der Kult des hl. Johannes Nepomuk lebte aber weiter.

Nepomuk_Michelhausen2
Fresken in der Johannes-Nepomuk-Kapelle, im Hauptbild der Heilige Almosen spendend, in den Medaillons Szenen aus dem Leben des Heilige, Joseph Adam Mölck, 1789, Michelhausen, Pfarrkirche Hll. Petrus und Paulus. Foto: © Elisabeth Vavra

 

Autorin: Prof.in Dr.in Elisabeth Vavra

Literatur

Reinhold Baumstark, Johanna von Herzogenberg und Peter Volk (Hg.), Johannes von Nepomuk 1393–1993, München 1993.
Franz Matsche (Hg.), Johannes von Nepomuk. Ausstellung des Adalbert Stifter Vereins in Zusammenarbeit mit dem Münchner Stadtmuseum, dem Oberhausmuseum Passau, dem Österreichischen Museums für Angewandte Kunst in Wien und dem Bayerischen Rundfunk, Passau 1971.
Johannes Neuhardt (Hg.), 250 Jahre Hl. Johannes von Nepomuk (Katalog der IV. Sonderschau des Dommuseums zu Salzburg Mai bis Oktober 1979), Salzburg 1979.
Walpurga Oppeker, Zur Verehrung des heiligen Johannes von Nepomuk in der Diözese St. Pölten, in: Thomas Aigner (Hg.), Aspekte der Religiosität in der frühen Neuzeit (Beiträge zur Kirchengeschichte Niederösterreichs 10), St. Pölten 2003, S. 170–214.
Dies., Johannes von Nepomuk-Bruderschaften in Österreich unter der Enns im Bereich der Bistümer Passau und Wien, in: Unsere Heimat 83 (2012) S. 151–198.
Heinrich Rauscher, Die Johanni Nepomukbruderschaft in Stein a. d. D., in: Unsere Heimat VII (1934), S. 227–237.

Mein Besuch

0 Einträge Eintrag

Voraussichtliche Besuchszeit

Liste senden