Museum zu Gast: das Krahuletz-Museum in Eggenburg

© Wilhelmsburger Geschirr-Museum, Foto: Christa Stangl

© Titelbild: Die Uhrensammlung, die auf Johann Krahuletz und Eugen Frischauf zurückgeht, umfasst rund 220 Stücke. Sie umfasst Taschenuhren, Tisch- und Standuhren genauso wie Turm- oder Sonnenuhren (© Archiv Krahuletz-Museum)

Porträt des Sammlers Johann Krahuletz (© Archiv Krahuletz-Museum).
Porträt des Sammlers Johann Krahuletz (© Archiv Krahuletz-Museum).
Wie bei vielen von uns stammen seine Vorfahren aus Böhmen. In einem kleinen Dorf nördlich von Prag kam sein Vater Jiři (später Georg) Krahuletz als Sohn eines Landwirtes auf einem der größeren Bauernhöfe zur Welt. Er trat nicht in die Fußstapfen seines Vaters, sondern erlernte das Handwerk eines Büchsenmachers. Nach seinen Wanderjahren arbeitete er unter anderem in Wien und Wiener Neustadt, wo er auch seine spätere Frau kennenlernte. 1836 bewarb er sich bei der Stadt Eggenburg um das frei gewordene Gewerbe des Büchsenmeisters Josef Bischof. Sein Ansuchen war erfolgreich. Bereits ein Jahr später übersiedelte er nach Eggenburg und heiratete dort seine Verlobte Maria Anna Hofer. Im Lauf der Ehe kamen neun Kinder zur Welt, nur vier überlebten: Edmund, Leopoldine, Johann und Anton.

Das Haus des Büchsenmachers zog interessantes Publikum an: Unter den Kunden war auch Candid Ponz, Reichsritter von Engelshofen, der im benachbarten Schloss Stockern lebte. Er war der erste, der sich mit der Waldviertler Urgeschichte und Paläontologie beschäftigte. Mit seinem Interesse steckte er auch Georg Krahuletz an, der auf seinen Wanderungen auf dem Vitusberg, nach Maria Dreieichen oder Kühnring emsig aufsammelte, was beim Ackern auf den Feldern zum Vorschein gekommen war. Die Niederschlagung der Revolution des Jahres 1848 brachte Krahuletz einen schweren wirtschaftlichen Rückschlag. Büchsenmacher erhielten nun keine Aufträge mehr. Mit kleinen Arbeiten hielt er seine Familie über Wasser. Und er ging mit seinen Söhnen im Frühjahr und Herbst die Äcker ab und sammelte auf, was die Pflüge hervorgebracht hatten. Candid Ponz von Engelhofen entlohnte ihn reichlich für die Fundstücke. Kaum war Johann alt genug, begann er, wenn es die Schule erlaubte, mit seinen Streifzügen und lieferte seine Funde im Schloss Stockern ab. Dort machte er die Bekanntschaft namhafter Forscher: u.a. verkehrten dort der Geologe Eduard Suess und der Prähistoriker und Denkmalpfleger Matthäus Mach. Die Cholera, die die Preußen 1866 in Niederösterreich einschleppten, setzte dem allen ein Ende: Auch Candid Ponz von Engelhofen fiel der Epidemie zum Opfer. Seine Sammlungen wurden geteilt, ein Teil ging ans Naturhistorische Museum in Wien, den anderen erwarb Graf Hoyos.

Ausstellungsraum Miozän: Eggenburg lag einst am Meer. Fossilreiche Sedimente lagerten sich ab. Seekühe tummelten sich in den warmen Fluten des Meeres, dessen Wellen sich an der Waldviertler Ostküste brachen (© Archiv Krahuletz-Museum).

Ausstellungsraum
Ausstellungsraum Miozän: Eggenburg lag einst am Meer. Fossilreiche Sedimente lagerten sich ab. Seekühe tummelten sich in den warmen Fluten des Meeres, dessen Wellen sich an der Waldviertler Ostküste brachen (© Archiv Krahuletz-Museum).
Auf Drängen seines Vaters erlernte Johann Krahuletz zwar einen „anständigen“ Beruf, und wurde ebenfalls Büchsenmeister, allerdings übte er den Beruf niemals aus. Er widmete sich lieber weiter seiner Sammeltätigkeit. Sein Ruf in Eggenburg war nicht der allerbeste – er galt als Spinner und Taugenichts. Eine Anstellung in der städtischen Sparkasse lehnte er ab – zu wenig Zeit für seine Sammeltätigkeit. Der Posten als Eichmeister passte da schon besser in seinen Lebensentwurf: zweimal in der Woche Fässer eichen und Gewichte überprüfen, da blieb genug Zeit für den Aufbau seiner Sammlung. Seine Interessen blieben weit gefächert: Er untersuchte als erster die sog. Roggendorfer Fuchslucke, ein eiszeitlicher Höhlenhyänenhöhle,  er entdeckte die Gräber der ur- und frühgeschichtlichen Wehranlage bei Thunau am Kamp, aber er kümmerte sich auch um die Reste des Alltags vergangener Zeiten und baute eine volkskundliche Sammlung auf.

Bauernstube
Die Röschitzer Bauernstube (© Archiv Krahuletz-Museum)
1885 gelang ihm im Bereich der Paläontologie ein Sensationsfund: Im Eggenburger Schindergraben fand er einen Krokodilschädel und Skelettreste einer Seekuh. Sein Elternhaus in der Kremsergasse, in dem auch sein in den letzten Lebensjahren ans Bett gefesselte Vater lebte, platzte zwar bald aus allen Nähten, aber Johann Krahuletz schleppte von seinen ausgedehnten Wanderungen immer mehr Fundstücke herbei. Obwohl er Zeit seines Lebens ein Junggeselle blieb, beteiligte er sich emsig am gesellschaftlichen Leben der niederösterreichischen Kleinstadt. Er trat im Dilettantentheater der Casinogesellschaft als Coupletsänger auf, war Gründungsmitglied des Eggenburger Männergesangsvereins, des Verschönerungsvereins und der Freiwilligen Feuerwehr.         

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Die erste Aufstellung der Sammlung in der Bürgerschule, rechts Johann Krahuletz an seinem Arbeitstisch, um 1888 (© Archiv Krahuletz-Museum)
Ein Generationenwechsel an wichtigen Positionen in der Eggenburger Gesellschaft brachte Krahuletz zunehmend Anerkennung, auch in seiner Heimatstadt. Der Ortsschulrat genehmigte schließlich 1888 die Einrichtung von Ausstellungsräumen in der neu errichteten Volks- und Bürgerschule, in denen ein Teil der Sammlung Krahuletz gezeigt werden sollte. Die Sparkasse übernahm die Kosten für den Bau von zehn großen Wandkästen und zwei Pultvitrinen. Nach einigen Jahren mussten die Räume aber wieder geräumt werden, da die Klassenzimmer benötigt wurden. Krahuletz erwog den Verkauf seiner Sammlung – Angebote dazu aus der USA und aus Frankfurt am Main lagen auf dem Tisch. Um die Abwanderung der Bestände zu verhindern, gründeten Eggenburger Bürger, an ihrer Spitze der Bezirkshauptmann Felix Graf Stainach, 1900 den Verein „Krahuletz-Gesellschaft“, mit dem Ziel, eine würdige Unterbringung zu schaffen. Die Stadtgemeinde erwarb im selben Jahr die Sammlungen von Johann Krahuletz gegen eine jährliche Leibrente von 2000 Kronen. Ferner hatte er auf Lebenszeit die Funktion eines Custos des zu gründenden städtischen Museums und städtisches Archivs zu übernehmen. Eine für beide Seiten ersprießliche Lösung war damit gefunden.

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Das 1902 eröffnete Museumsgebäude in Eggenburg, ein Werk des Wiener Architekten Richard Jordan (© Elisabeth Vavra)
Bereits am 12. Oktober 1902 konnte das Krahuletz-Museum eröffnet werden. Anwesend waren der Unterrichtsminister Dr. Wilhelm Ritter von Hartel, Statthalter Erich Graf Kielmannsegg, Landmarschall Freiherr von Gudenus, der Präsident der k.k. Akademie der Wissenschaften Prof. Eduard Suess, Dr. Othenio Abel, um nur die wichtigsten Repräsentanten aus Wissenschaft und Gesellschaft zu nennen.

Für die Errichtung des ersten eigenständigen Museumsbaus auf niederösterreichischem Boden konnte der Wiener Architekt Richard Jordan (1847–1922) gewonnen werden. Jordan hatte an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Friedrich Schmidt  studiert. 1867 trat er zunächst in dessen Atelier ein. Als selbständiger Architekt prägte er in den Jahrzehnten danach die Kirchenlandschaft Wien mit seinen in neuromanischen oder neugotischen Formen errichteten Kirchen. Das Museum in Eggenburg war bereits vollständig elektrifiziert – eine Sensation zu dieser Zeit.

Als in Wien 1903 der Internationale Weltgeologen-Kongress tagte, besuchten die Teilnehmer auch das Museum in Eggenburg. Krahuletz vermerkte dazu in seinem Tagebuch: Es war der schönste Tag in meinem Leben. Mit der Anerkennung der internationalen Fachwelt korrespondierten die Ehrungen, die nun auch in seiner Heimat einsetzten. Er wurde Ehrenbürger von Eggenburg und Zogelsdorf; Kaiser Franz Joseph verlieh ihm das Goldene Verdienstkreuz mit der Krone; Kaiser Karl ernannte ihn zum Kaiserlichen Rat. Mit Postkarten entsprechenden Inhaltes warb man für den berühmten Sohn der Stadt Eggenburg.

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Postkarte, herausgegeben anlässlich des 60. Geburtstages von Johann Krahuletz am 3. November 1908 (© Archiv Krahuletz-Museum)

Die Folgen des Zusammenbruchs der Donaumonarchie stürzten Johann Krahuletz in wirtschaftliche Probleme. Die Inflation fraß den Wert der Leibrente auf. Sorgen und Not bestimmten in den letzten Jahren sein Leben. So wundert es nicht, dass er verbittert in sein Tagebuch schrieb: Meine Steine waren mir lieber als böse Menschen. Die Eggenburger ließen ihren Ehrenbürger aber nicht im Stich. Sie spendeten Lebensmittel und Heizmaterial. Seinen 75. Geburtstag nützten die Krahuletz-Gesellschaft, das Land Niederösterreich und ausländische Vereinigungen um die materiellen Sorgen zu mildern. Auch die junge Republik ehrten den greisen Sammler: Bundespräsident Hainische besuchte am 1. Oktober 1924 das Museum und verlieh ihm den Titel eines Professors der Geologie. Er konnte noch seinen 80. Geburtstag in voller Frische feiern, Wenige Wochen später am 11. Dezember 1928 ereilte ihn der Tod im Schlaf.

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Blick in die diesjährige Sonderausstellung (© Archiv Krahuletz-Museum)
Die diesjährige Sonderausstellung widmet sich unter dem Titel Geheimnisvolle Mechanik – Truhen, Schlüssel, Schlösser der Entwicklung von Schloss und Schlüssel durch die Jahrhunderte. Gezeigt werden nicht nur ungewöhnliche und faszinierende Stücke aus der Sammlung des Krahuletz-Museums wie kiloschwere Vorhangschlösser aus dem Barock oder komplizierte Verschlusssysteme, die den Inhalt von Truhen und Kriegskassen vor Räubern schützen sollten. Der Besucher kann auch selbst an Nachbauten und Originalschlössern drehen und das Ineinandergreifen der einzelnen Teile mit jedem Klick nachverfolgen.

Am 26. Oktober 2020 wird der neu gestaltete Ausstellungsraum für Glas und Porzellan mit dem Titel Matt und Glänzend eröffnet.

 

Text: Prof.in Dr.in Elisabeth Vavra – Johannes Tuzar

Weitere Informationen:

Gaspar Burghard, Johann Krahuletz (1848–1928), Heimatforscher und Museumsgründer, in: Waldviertler Bioigraphien, Band 1, Waidhofen/Thaya 2001, S. 165–178 (mit weiterer Literatur).

http://www.krahuletzmuseum.at/

https://www.noemuseen.at/museumsmenschen/

 

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