© Barbara Seiberl-Stark

Ostern. Mein Name ist Hase

Ich weiß von nichts. Das ist gewöhnlich kein erfolgversprechender Beginn für einen Text. Die Redewendung geht auf den angeklagten Heidelberger Jusstudenten Victor von Hase zurück, der sich 1855 mit diesen Worten verantwortet haben soll. Seine Auskunft bei Gericht ging viral, wie wir heute sagen, sie fand beträchtliche Verbreitung. Nicht überall, wo Hase draufsteht ist der Feldhase drin. Nur der Feldhase ist der wahre Osterhase. In freier Wildbahn geht es ihm nicht besonders gut, er ist potenziell gefährdet. Wer Näheres zum Wildtier des Jahres 2015 erfahren will, ist hier gut beraten: https://www.museumnoe.at/de/das-museum/blog/meister-lampe-in-bedraengnis

Der Osterhase ist kein Hasenfuß

Wenn wir ängstliche Menschen als Hasenfuß bezeichnen, dann tun wir dem beeindruckenden Risikomanager genauso Unrecht, wie ihm der Igel im Märchen mit einem schmutzigen Trick übel mitspielt. Der Hase im Feld reagiert besonnen, nachdem er die Situation analysiert hat. Je nach Lage greift er zur Gegenstrategie: der Gefahr seelenruhig ins Auge blickend, das allein schon verschreckt manche Feinde. Wenn das nichts hilft, energieschonend wegducken und schließlich als Ultima Ratio die Überraschung, mächtige Sätze und Hakenschlagen.
Im 17. Jahrhundert taucht er hierzulande als Osterhase auf, warum er Eier färbt und sie Kindern schenkt, darüber schweigen seriöse Quellen. Einige Einsichten lassen sich aber hinsichtlich anderer Osterbräuche gewinnen.

Auferstehung und bunte Eier

Für Christen ist aus theologischer Sicht Ostern mit der Auferstehung Jesu Christi das bedeutendste Fest im Jahreskreis, auch wenn ihm Weihnachten konsumatorisch den Rang abgelaufen hat. Im Volksglauben war Ostern von jeher das Frühlingsfest. Die Fruchtbarkeitssymbole Hase und Ei lassen das leicht erkennen. Weniger eindeutig verhält es sich mit der Herkunft des Wortes Ostern.
Naheliegend wäre die Himmelsrichtung Osten, wo die Sonne aufgeht, wo sie täglich aufersteht. Dagegen spricht die theologische Annahme, dass die Auferstehung in der Nacht stattfindet. Die Grimm-Brüder leiten es von einer vermuteten germanischen Frühlingsgöttin Ostara ab, eine solche ist nicht belegt. Der Namenkundler Jürgen Udolph geht einen dritten Weg über die nordgermanischen Sprachen, in denen ausa Wasser gießen und austr begießen heißt, womit wir bei der Taufe wären, die im frühen Christentum eng mit Ostern verbunden war.
Neben dem Osterhasen verbinden wir mit dem Osterfest vor allem bunte Eier. Schon im alten Ägypten und in der Antike spielte das Ei im Kreislauf von Leben und Geburt eine wesentliche Rolle. Im christlichen Mittelalter begann man Eier rot zu färben, in Erinnerung an das vergossene Blut Christi und seinen Opfertod am Kreuz. Am Aschermittwoch beginnt bekanntlich die vierzigtägige Fastenzeit, was früher auch den Verzehr von Eiern ausschloss. Und weil Hühner ihre Eierproduktion deswegen nicht einstellen, kochte man die Eier, um sie haltbarer zu machen und färbte sie zur Unterscheidung von frischen, ungekochten.
Ganz besondere Exemplare waren jene, am Gründonnerstag (in manchen Gegenden auch Karfreitag) gelegten, sie hießen

Antlass-Eier

Antlassei
Antlass-Ei
Antlaz, das ist mittelhochdeutsch und bedeutet Ablass, Schuldentilgung. Am Gründonnerstag gelegte und geweihte Eier bringen Glück und schützen (den Schuldner vor Ungemach, denn Gründonnerstag ist Zahltag). Werden sie übers Haus geworfen, wenden sie Blitze ab, im Dachstuhl das Feuer, unter der Schwelle Diebe und am Bachufer Überschwemmungen. Und sie verderben nicht, mit einem D werden sie kenntlich gemacht. Letzteres würde ich nicht wortwörtlich nehmen.
Für den Bauern waren Eier nicht nur ein wichtiges Nahrungsmittel, sondern auch Währung. Als Zins erhielt der Lehensherr Eier und Getreide. Der Abgabetermin der "Zinseier" war Gründonnerstag.
In der Karwoche schweigen die Kirchenglocken. Den Kindern sagt man, sie seien nach Rom geflogen, erwachsene Gläubige wissen es hingegen zu schätzen, dass sie nicht durch Geläute aus ihrer Besinnung und Andacht gerissen werden. Den Dienst der Glocken versehen in dieser Zeit, zwar immer seltener, aber es kommt noch vor, d´Ratschen. Tratschen, klingelt´s?

Ratschen und Räuchern

RatscheRatschen finden sich in vielen Kulturkreisen, nicht nur als gottesdienstliche Werkzeuge. Bettelmusikanten verschafften sich mit dem Schnarren der Ratschen Gehör (der Schnorrer leitet sich davon ab), Weinberghüter vertrieben damit Vögel, die sich eigennützig für Trauben interessierten.

 

RaecherpfanneRäuchern hat größere Verbreitung zu Weihnachten (Rauhnächte, eigentlich Rauchnächte). Unsere Vorfahren kannten aber auch die Osterräucherung in der Karwoche als fixen Bestandteil des Frühjahrsputzes. Diese Hygienemaßnahme diente der Beseitigung von Altlasten, physischen wie psychischen. Gründonnerstag ist Ablasstag. Die desinfizierende Funktion des Räucherns ist längst wissenschaftlich bewiesen. Wenn damit auch böse Geister und Dämonen weichen, ist das ein zusätzlicher Gewinn.

Abschließend noch ein Tipp von Vier Pfoten:
Ein kleiner Feldhase, allein und verlassen am Wegesrand? In der Regel kein Grund zur Sorge, denn meist ist seine Mutter nicht weit. Die jungen Hasen sind Nestflüchter und können ihre Sasse (Erdmulde) schon mit zwei oder drei Tagen verlassen. Während sie auf ihre Mutter warten, kauern sie sich in Verstecke oder knabbern an ersten grünen Kräutern. Viele Tierfreunde sorgen sich unbegründet, wenn sie einen kleinen Feldhasen allein auffinden. Die meisten Junghasen sind weder verwaist noch krank. Wenn das Tier nicht verletzt oder in Gefahr ist, darf es auf keinen Fall mitgenommen werden. Anders ist der Fall, wenn ein kleiner Hase tatsächlich verwundet ist. Verletzte Hasenjunge sollten vorsichtig aufgelesen und in einen Karton (mit Luftlöchern!) zur nächsten Wildtierstation (Tierheim) gebracht werden.“ Das gesunde Häschen mitzunehmen wäre Wilddiebstahl und strafbar.

Hase-Ei
Frohe Ostern!

Text: Gerhard Hintringer

Hasenfoto: Barbara Seiberl-Stark
Den Begriff „Risikomanager“ für den Feldhasen verdanke ich Oliver Tanzer, der ihn in seiner Kolumne „Animal Spirit“ in Die Furche vom 5. März 2020 verwendete.
Quelle: Ausstellung „Warzenkraut & Krötenstein“, Museum Niederösterreich, 8. März 2015 bis 7. Februar 2016

Ein Tipp zum Osterfest: https://www.museumnoe.at/de/das-museum/blog/osterschmuck

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