Zeit Kunst NÖ St. Pölten

© NÖ Museum Betriebs GmbH, Foto: Christoph Fuchs

AUSSTELLUNG ZEIT KUNST NIEDERÖSTERREICH | ST. PÖLTEN

HERMANN J. PAINITZ. SELBSTVERSTÄNDLICH

 29/03 - 24/08/2014


Hermann J. Painitz und Dieter Bogner, Foto: Helmut Lackinger
Die Präsentation der Monografie "Hermann J. Painitz. Selbstverständlich" am 18. Mai 2014 fand im Rahmen eines Künstlergespräches mit Dieter Bogner, dem bekannten Museumsplaner und Kunstsammler statt.
Gleich zu Beginn der gut besuchten Veranstaltung lobte Dieter Bogner das Verdienst der Zeit Kunst Niederösterreich, eine wissenschaftliche Abhandlung dieses Volumens über einen zeitgenössischen österreichischen Künstler herausgegeben zu haben. Immerhin umfasst das auf der Dissertation von Alexandra Schantl, der künstlerischen Leiterin der Zeit Kunst Niederösterreich, basierende Werk aus dem Kerber Verlag exakt 400 Seiten und stellt darin heimisches Kunstschaffen des 20. und 21. Jahrhunderts in einen internationalen Kontext. Weitere Textbeiträge des reich bebilderten Kataloges stammen von Adam Jankowski, Christian Theo Steiner, Thomas D. Trummer, Elisabeth von Samsonow und schließlich von Hermann J. Painitz selbst, der sich hier als nicht minder wortgewaltig denn im persönlichen Gespräch erweist. Dabei geben sowohl die Monografie als auch die gleichnamige Ausstellung einen Überblick über das Gesamtwerk des 1938 geborenen Künstlers, der als Verfechter einer "logischen" Kunst gilt.

Ausstellungsansicht 2014, ©Bildrecht, 
Wien 2014. Foto: Christoph Fuchs
Dass Hermann J. Painitz auch mit seinen 76 Jahren noch genügend revolutionären Geist besitzt, stellte er im Gespräch mit Dieter Bogner mehrfach unter Beweis, etwa als er aus seinen Manifesten vorlas, die die Zuhörer schon durch ihre Titel "Ist Kunst logisch?", "Jede Kunst ist logisch", "Kunst kann nicht logisch sein" herausfordern. Spätestens jetzt ist der Zusammenhang mit der Sprachphilosophie eines Ludwig Wittgenstein evident, genauso wie die Tatsache, dass die Kunst des Hermann J. Painitz sehr dem Denken verpflichtet ist. So nannte der Künstler die Struktur als Grundlage für die Nachvollziehbarkeit eines Kunstwerks, auf die die Materialien angewendet werden müssen. Als Auflösung der in seinen Manifesten gestellten Fragen, welche sich nach eigenen Aussagen gegen die Ewiggestrigen wenden, bezeichnete Hermann J. Painitz den Künstler als das einzig logische Produkt einer Gesellschaft überhaupt. Religion, Krieg, Konsum, Energie und Wissenschaft hingegen seien unlogisch.

Monografie „Hermann J. Painitz“, Foto: H. Lackinger
Dieter Bogner kritisierte die Trennung der Kunstgattungen im Museumssystem, das dem Werk von Künstlern, die in verschiedenen Medien arbeiteten, nicht gerecht würde und lobte zugleich, dass die Zeit Kunst Niederösterreich eine solche Zusammenschau jedoch ermögliche. Hermann J. Painitz forderte das Interesse aller Künstler an den Geisteswissenschaften und sprach sich insbesondere für eine Verbindung von Literatur und bildender Kunst aus.


Ausstellungsansicht 2014,  
© Bildrecht, Wien 2014. Foto: Christoph Fuchs
Die anschließende Dialogführung durch die Ausstellung mit Alexandra Schantl begann mit frühen Papierarbeiten des Künstlers aus den 1960er Jahren, die der gelernte Gold- und Silberschmied nach seiner Rückkehr aus London im Collageprinzip anfertigte. Werke wie "Zwei verschränkte Reihen auf sechs Blättern" aus dem Jahr 1963 basieren auf Zahlenreihen, denen Farben zugeordnet werden. Besonders interessant ist dabei, dass diese den Arbeiten zugrunde liegenden Notationen, in denen das Kunstwerk schon fertig gedacht ist, ebenso betrachtet werden können. Auch im Ausstellungsrundgang mit Hermann J. Painitz ist dessen rebellischer Geist immer wieder zu spüren, etwa als er vor seinem Werk "Entwürfe für die Planierung der Alpen" aus dem Jahr 1969 stehend "Den Gamsbart ab!" fordert.


Ausstellungsansicht 2014, ©Bildrecht, 
Wien 2014. Foto: Christoph Fuchs

Die meisten Arbeiten des Künstlers zeigen seine intensive Auseinandersetzung mit Zeichensystemen, was oft mit dem Weglassen von Überflüssigem einhergeht wie bei den Statistischen Personenporträts, bei denen die kleinste Form für die Existenz einer Person ihr Herzschlag ist. Die Idee von der nachvollziehbaren Struktur eines Kunstwerks wiederum führt direkt zur Objektsprache des Hermann J. Painitz, bei der eine kurze Erklärung genügt, um das verschlüsselte Werk lesbar zu machen. Bei den Hammer-, Brot- und Zangenalphabeten des Künstlers werden die konventionellen Buchstaben durch Objekte ersetzt, mit denen wiederum wie bei einem ganz gewöhnlichen Alphabet alles geschrieben und gelesen werden kann. Die Liebe des Künstlers zur Literatur spricht aus seinem Werk "Jonathan Swift" aus dem Jahr 1973, in dem er den Anfang von "Gullivers Reisen" textlich verschlüsselt, den Bogen zur Natur schließt sein zwischen 1987 und 1988 entstandener Grafikzyklus "Die Vögel". Hier fasziniert den Künstler ganz besonders die Farbverteilung am Gefieder der Tiere als deren Sprache.


Ausstellungsansicht 2014, ©Bildrecht, 
Wien 2014. Foto: Christoph Fuchs
Sowohl die Monografie "Hermann J. Painitz. Selbstverständlich" als auch die Ausstellung laden dazu ein, sich auf spielerische und gleichzeitig den Intellekt herausfordernde Art und Weise Gedanken über die Welt zu machen, in der wir leben.

Text: MMag. Ursula Düriegl


Ausstellungsansicht, 2014
© Bildrecht, Wien 2014. Foto: Konstantin Rössl

Ausstellungsort: Landesmuseum Niederösterreich, Shedhalle, Kulturbezirk 5, 3100 St. Pölten, Öffnungszeiten: Di - So, 9.00 – 17.00 Uhr, www.zeitkunstnoe.at

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