Karpfen

© NÖ Museum Betriebs GmbH, Foto: Theo Kust

Der Karpfen (Cyprinus carpio) … ein Einwanderer mit Tradition

Karpfen im Donaubecken / Landesmuseum,
Foto: M. Schaar
Kaum jemand, der ihn nicht kennt. Der Karpfen gehört zu den am längsten genutzten Fischarten, hat eine lange Tradition als Fasten- und Weihnachtsspeise und wird seit jeher in den Fischteichen des Waldviertels und auch in anderen Regionen Niederösterreichs gezüchtet. Wer würde bei solch einer traditionsreichen Fischart an einen Einwanderer denken? Und dennoch ist es so.
Seine Heimat lag ursprünglich vom Schwarzen Meer ostwärts bis China und Vietnam. Es waren wohl die Römer, die die Karpfen nach Europa brachten, aber erst im Mittelalter fand das Schwergewicht unter den Fischen weite Verbreitung in Mitteleuropa. Dabei geholfen hat ihm die christliche Kirche und ihre zur damaligen Zeit bis zu 150 Tage dauernde Fastenzeit. Um diese lange Zeit der Entbehrung kulinarisch aufzuwerten, war man im Mittelalter teilweise sehr erfinderisch. Fisch war an den christlichen Fastentagen als Speise erlaubt und angesichts der Tatsache, dass damals sogar der Biber kurzerhand vom Papst zum Fisch ernannt wurden, um ihn bedenkenlos verzehren zu können. Somit ist es nicht allzu verwunderlich, dass der anspruchslose und leicht zu kultivierende Karpfen bald ein gerngesehener Bewohner der klösterlichen Teiche war. Auch der Fisch, der gerne in warmen, stehenden oder langsam fließendem Gewässern mit reichen Pflanzenbewuchs lebt und mit geringen Sauerstoffkonzentrationen kein Problem hat, fand in den Teichen, die von den Mönche ursprünglich für den Betrieb von Mühlen anlegt wurden, einen idealen Lebensraum.

Auf Grund der regen Zuchttätigkeit gibt es heute nicht mehr nur „den Karpfen“ sondern eine Reihe von Zuchtformen, welche sich hauptsächlich in der Zahl und Anordnung ihrer Schuppen unterscheiden. So wird neben dem Schuppenkarpfen, dessen Körper vollständig beschuppt ist und der häufig nur schwer von der Wildform des Karpfens zu unterscheiden ist, der Zeilkarpfen mit einer Reihe Schuppen entlang des Seitenlinienorgans, der Spiegelkarpfen mit wenigen unregelmäßig angeordneten Schuppen und der Lederkarpfen mit völlig schuppenfreier Haut unterschieden. Aber auch der, als Zierfisch so beliebt und in Asien teilweise zu Höchstpreisen bis in den sechsstelligen Bereich gehandelte Koi, ist in Wahrheit auch nur - nein, kein Mensch, sondern - ein Karpfen.

Karpfen im Donaubecken / Landesmuseum,
Foto: M. Schaar
Die meiste Zeit verbringen die gierigen Karpfen mit Nahrungssuche. Das wie ein Rüssel nach unten ausstülpbare Maul, dessen Oberlippe zum Ertasten von Futter mit vier Barten versehen ist, verrät, dass er dieses meist am Boden des Gewässers sucht. Er durchwühlt den schlammigen Grund regelrecht nach Nahrung. In der Fischersprache nennt man dieses Verhalten „Grundeln“. Dadurch verwandeln Karpfen jeden Teich in eine eher trübe Suppe, die nicht wirklich zum Baden einlädt.
Als sogenannter Friedfisch ernährt sich der geschätzte Teichbewohner hauptsächlich vegetarisch, aber auch Würmer, Krebstiere, Insektenlarven und sogar kleine Fische können im Maul des gemächlichen Fisches verschwinden.
Wer schon einmal Karpfen gefischt hat weiß, dass es fast nichts gibt, was die beliebten Anglerfische verweigern würden. Als Köder funktionieren, neben Kukuruzkörnern aus der Dose, auch gekochte Erdäpfel, Knödel, Brot sowie Hundefutter und sicher vieles mehr.

BesucherInnen, die schon einmal bei der Fischfütterung im Donaubecken des Landesmuseums zugesehen haben, können bestätigen, dass die Karpfen die mit Abstand gefräßigsten Fische in diesem Aquarium sind. 

Die Tierpflegerinnen haben immer wieder Mühe den anderen Fischen im Becken auch etwas zukommen zu lassen. Selbst die Fischstücke, die eigentlich für Hecht und Welse bestimmt sind, werden von den hungrigen Mäulern der Karpfen blitzschnell eingesaugt.
Donaubecken im Landesmuseum, Foto: M. Schaar
Diese Mäuler erscheinen den BeobachterInnen völlig zahnlos. Jedenfalls hat der Karpfen keine Zähne, die man auf den ersten Blick erkennen würde. Seine Zähne sitzen nicht, wie bei den meisten Tieren, am Kiefer sondern tief im Schlund und können daher von außen nicht gesehen werden. Die sogenannten Schlundzähne kommen bei vielen karpfenartigen Fischen, aber auch bei Barschen vor und können auf Grund ihrer einzigartigen Form zur Bestimmung der Art herangezogen werden. Mit ihnen kann der Karpfen zwar nicht beißen, aber kauen kann er allemal.

Die friedlichen Fische erreichen Größen von bis zu einem Meter und können über 30 kg wiegen. Die Geschlechtsreife setzt mit drei bis vier Jahren ein. Erwachsene Tiere treffen sich während der Laichzeit zwischen Mai und Juni in seichten, pflanzenreichen Gewässerbereichen zur Paarung. Paarungsbereite Milchner, wie männliche Fische genannt werden, tragen einen Laichausschlag, der den Weibchen oder Rognern genannt, ihren Paarungswillen signalisiert. Dieser äußert sich in Form eines körnigen, weißen Belags auf Vorderflossen und Kopf.
Karpfen halten nicht viel von Treue und Monogamie, meist werden die vielen tausenden Eier eines Weibchens gleich von mehreren Männchen besamt. Dabei geht es erstaunlich ruhig zur Sache. Nach vollendetem Liebesspiel trennen sich die Partner und überlassen die Eier ihrem Schicksal. Brutpflege, wie bei vielen anderen Fischen üblich betreibt der Karpfen nicht.


Karpfen, Donaubecken im Landesmuseum,
Foto: A. Giesswein

Stimmen die Bedingungen für die Fortpflanzung nicht, also wenn es keinen geeigneten Laichplätze gibt oder das Wasser zu kalt ist, bildet der Rogner die Eier zurück und es kommt nicht zur Eiablage. Karpfen sind zwar nicht besonders wählerisch was ihren Lebensraum betrifft, aber zur natürlichen Vermehrung kommt es nur bei perfekten Bedingungen. Genau das ist auch der Grund, warum dieser an und für sich recht häufige Fisch, auf der roten Liste gefährdeter Tiere in Niederösterreich als „stark gefährdet“ eingestuft ist. Er wird wohl so schnell nicht aussterben, aber seine Bestände können auf Grund fehlender Laichplätze, vielerorts nur durch künstlichen Besatz erhalten werden. Ein befestigtes Ufer ohne Wasserpflanzen und ins Wasser reichende Wurzeln und Versteckmöglichkeiten ist halt kein geeigneter Platz für kleine Fische. Das sehen wahrscheinlich nicht nur Karpfenmütter so.

Als Speisefisch hat der Karpfen, nicht zuletzt durch die Erhebung des „Waldviertler Karpfens“ zur Genussregion, in den letzten Jahren an Beliebtheit gewonnen. Wer möchte auch einen tausende Kilometer weit gereisten, mit Antibiotika vollgestopften Pangasius aus dem Mekongdelta essen, wenn er einen frischen Karpfen aus dem nahen Waldviertel bekommen kann. Auch die Zubereitungsmöglichkeiten gehen weit über gebackenen Karpfen mit Erdäpfelsalat hinaus und wenn man ihn schröpft, sprich die Haut in regelmäßigen Abständen vor der Zubereitung leicht einschneidet, dann sind auch seine manchmal störenden Gräten kein Problem.

„Wenn Sie also das nächste Mal im Geschäft vor dem Fischregal stehen, entscheiden Sie sich für die gesunde, heimische und umweltschonende Variante, den Karpfen!“

http://www.soschmecktnoe.at/genussregion-waldviertler-karpfen
http://www.waldviertler-karpfen.at/
http://www.genuss-region.at/genussregionen/niederoesterreich/waldviertler-karpfen/index.html
http://www.niederoesterreich.at/portal/?tt=NOE09_R256&id=144517


Text: Mag. Elisabeth Holovsky

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