Der Eichelhäher

Der bunte „Prepper“* der Rabenvögel

Der Eichelhäher (Garrulus glandarius) ist ein gutes Beispiel dafür, dass Rabenvögel (Familie Corvidae) keine großen, schwarzen Vögel sein müssen. Mit etwa 35cm Körperlänge ist er eher mittelgroß. Gerade sein verhältnismäßig buntes Gefieder macht diese Art unverkennbar. Besonders bekannt – und gerne als Hutschmuck verwendet – sind die blau-schwarz gebänderten Hand- und Armdecken, ein bestimmtes Gefiederareal der Flügel. Andere Teile der Flügel sind auffällig schwarz-weiß kontrastierend. Weitere Erkennungsmerkmale sind der schwarze Bartstreif im Gesicht und der weiße Bürzel (Bereich des unteren Rückens vor dem Schwanz), der im Flug sehr auffällig ist. Den Großteil des Gefieders könnte man als rosa-graubraun beschreiben.

Ein scheuer und doch auffallender Waldbewohner

Eichelhäher kommen in verschiedenen Waldtypen und Parks vor, besonders in Misch- und Laubwäldern. Ihre Verbreitung umfasst große Teile Europas, Nordafrikas und Asiens. Obwohl sie eher vorsichtig sind und zu Menschen Distanz wahren, kann man sie oft an ihren weithin hörbaren laut „rätschenden“ Rufen erkennen, mit denen sie vor Gefahren warnen. Diese Alarmrufe werden auch von anderen Vogelarten verstanden. Das ist aber bei weitem nicht alles, was sie an akustischer Kommunikation zu bieten haben. Zweimal wurde der Autor dieser Zeilen schon getäuscht: Er richtete seinen Blick zum Himmel, um zu suchen, wo denn der gehörte Mäusebussard kreisen könnte, um dann festzustellen, dass stattdessen auf einem nahen Baum ein Eichelhäher einen Ruf geäußert hatte, der dem „Miauen“ des Bussards täuschend ähnlich klingt. Auch Stimmen anderer Vögel oder sogar künstliche Geräusche kann der Eichelhäher imitieren. Es mag überraschen, dass die Krähenvögel zu den Singvögeln gehören. Und obwohl er weder laut noch wohlklingend oder melodiös ist, haben Vertreter dieser Familie einen arttypischen Gesang im Stimm-Repertoire. So auch der Eichelhäher, der am ehesten im Spätwinter einen leisen, aus vielfältigen Lauten zusammengesetzten „schwatzenden“ Gesang hören lässt.

In Österreich ist unser Protagonist fast flächendeckend als Brutvogel zu finden, zum Teil kommen aber auch winterliche Zuzügler aus dem Nordosten in unsere Gefilde, was manchmal als regelrechte regionale „Invasionen“ erlebt wird. Vögel, die zum Teil ganzjährig im Gebiet bleiben, zum Teil wegziehen, nennt man Teilzieher.

Sammeln und Verstecken

Besonders bekannt ist der Eichelhäher für seine Gewohnheit, das ganze Jahr über, vor allem aber vor dem Winter, eine große Menge an Samen als Vorrat zu sammeln und zu verstecken. Dafür braucht er hohe kognitive Fähigkeiten, vor allem eine gute Gedächtnisleistung, um die Verstecke auch wiederzufinden.

Die Vögel leben vor allem in Wäldern, in denen ihre bevorzugten Samenarten vorkommen: Eiche, Buche, Hasel, Edelkastanie, Ahorn, Hainbuche …

Ein einziger Häher kann bis zu 10 Eicheln in seinem dehnbaren Kropf transportieren. Diese werden dann in selbst gehackten Erdlöchern versteckt. Dabei achtet der Vogel darauf, möglichst nicht entdeckt zu werden und bedeckt die Verstecke wieder mit Laub und Erde. Auf diese Weise kann ein Häher in nur einem Monat bis zu 3000 Samen vergraben. Bei Wintereinbruch muss er sich an so viele Verstecke wie möglich erinnern, um gut durch die schwierige Zeit zu kommen.

Ein umstrittener Allesfresser

Samen sind allerdings keineswegs die alleinige Nahrung des Eichelhähers. In den warmen Jahreszeiten bereichert der umtriebige Rabenvogel seinen Speiseplan mit tierischer Nahrung. Vor allem zur Fütterung der Nestlinge benötigt er viele Insekten und erjagt sogar kleine Wirbeltiere. Auch Eier und Jungvögel anderer Vogelarten werden genutzt. Das hat ihm – ebenso wie anderen Corviden wie Elstern, Raben- und Nebelkrähen – einen mitunter zweifelhaften Ruf gebracht. Immer wieder wurden und werden Forderungen nach dem Abschuss der sich angeblich „übervermehrenden“ Krähenvögel laut. Im Falle des Eichelhähers auch aufgrund von Schäden für die Landwirtschaft, etwa im Maisanbau durch angeblich übermäßigen Fraß der Samen. In früheren Zeiten wurde er sogar so stark bejagt, dass seine Bestände regional einbrachen. Sie erholten sich im 20. Jahrhundert zunehmend wieder. Heute ist Garrulus glandarius bei uns ein häufiger Brutvogel. Auch weltweit wird er auf der „Roten Liste“ der IUCN als nicht gefährdet eingestuft. In Österreich zählt der Eichelhäher – wie andere Rabenvögel – zu den jagdbaren Tieren. Sie dürfen aber nur mit Hilfe von Ausnahmeverordnungen zu den Schonvorschriften (etwa der Europäischen Vogelschutzrichtlinie) auf Bezirksebene erlegt werden, wenn Schäden argumentiert werden können.

In Wahrheit spielt der Häher eine wichtige Rolle im Naturhaushalt. Da er in der Praxis nur einen Teil seiner vergrabenen Nahrungsschätze wiederfindet und verzehrt, hilft er sehr bei der Verbreitung dieser Samen.

Treu für eine Saison – Fortpflanzung und Entwicklung

Eichelhäher ziehen eine Brut pro Jahr auf und sind für diese Saison monogam. Dabei verteidigen sie ein nur grob umrissenes Revier, das ganzjährig besteht. Außerhalb der Brutzeit sind sie allerdings eher sozial und freundlich zu Artgenossen.

Meist Mitte April bis Anfang Mai wird ein flaches Nest von beiden Geschlechtern gebaut, das in der Regel im Kronenbereich nicht allzu hoher Bäume liegt. Gelegentlich werden auch andere Standorte gewählt oder Nester anderer Vögel genutzt.

Gelegt werden meist 4-7 Eier, die Brutdauer liegt bei 16-17 Tagen und nach etwa 20 Tagen werden die Jungvögel flügge, aber noch einige Wochen lang gefüttert. Beide Elternteile sind für das Brüten und Füttern zuständig. Ein Eichelhäher kann übrigens ein Alter von bis zu 17 Jahren erreichen.

Ätzende Gewohnheiten – Ein Bad in der Säure

Ein besonderes Verhalten zur Körperpflege ist das sogenannte „Einemsen“. Dabei setzten sich Eichelhäher gezielt auf Waldameisenhaufen, um sich mit der zur Verteidigung verspritzten Ameisensäure zu benetzen. Wahrscheinlich dient dies als Schutz gegen Parasiten.

Unter Prepper versteht man Personen, die für jedwede Katastrophe durch geeignete individuelle Maßnahmen gerüstet sind. Das Wort ist eine Verballhornung des Pfadfindergrußes „Be prepared!“ (Allzeit bereit!).

 

Text: Mag. Michael Schroll
Fotos: Mag. Katharina Wachter, ornitolog

 

Literatur & weiterführende Links:

Mein Besuch

0 Einträge Eintrag

Voraussichtliche Besuchszeit

Liste senden