Der Stieglitz | September 2016

(Carduelis carduelis)

© NÖ Museum Betriebs GmbH, Foto: Barbara Seiberl

Vogel des Jahres 2016

Der Stieglitz, wegen seiner Vorliebe für Distelsamen auch Distelfink genannt, ist einer der lebhaftesten und buntesten Singvögel unserer Kulturlandschaft. Obwohl seine Populationen europaweit noch mehr oder weniger stabil sind, gibt es doch Bestandsschwankungen und –rückgänge in manchen Ländern, vor allem durch das zunehmende Fehlen von Wildpflanzen in Form von Brachen, Hecken, naturnahen Gärten und Parks sowie durch die Intensivierung der Landwirtschaft und Pestizide. Daher wurde die kleine Finkenart vom deutschen Naturschutzbund (NABU), dem bayerischen Landesbund für Vogelschutz (LBV) und BirdLife Österreich zum Vogel des Jahres gewählt. Damit wird nicht nur auf eine eventuelle Gefährdung eines geradezu volkstümlichen Vogels aufmerksam gemacht, sondern auch vor den Folgen einer allgemeinen Verarmung unserer Agrar- und Kulturlandschaft gewarnt.

Wie erkennt man einen Stieglitz?

Stieglitze sind etwa sperlingsgroße, schlanke Finken mit einem auffällig weiß-schwarz-rot gefärbten Kopf. Diese „Maske“ ist bei Männchen dunkler und größer ausgebildet als bei Weibchen und fehlt bei Jungvögeln. Besonders im (wellenförmigen) Flug fallen die gelben „Abzeichen“ auf den Flügeln auf. Unverkennbar und namensgebend sind die feinen „stiglitt“-Rufe, die oft als Stimmfühlungslaut zwischen umherziehenden Gruppen der sozialen Finken geäußert werden. Der Gesang des Distelfinks besteht aus ähnlichen Elementen wie diese Rufe, die zu einer unruhig wirkenden, schnell schwätzenden und nicht enden wollenden Abfolge zusammengesetzt werden. Gesungen wird fast das ganze Jahr über, selbst die Weibchen singen, wenn auch leiser und kürzer.

Wovon lebt der Distelfink?

Natürlich werden nicht nur Disteln aufgesucht, sondern der Stieglitz ernährt sich von halbreifen und reifen Sämereien verschiedenster Wildkräuter, Stauden und Bäume. Dabei hat er eine erstaunliche Kletterkunst entwickelt und verwendet seinen für Finken eher dünnen und spitzen Schnabel geschickt, um zu den Samen zu gelangen beziehungsweise die Spelzen zu entfernen. Zur Brutzeit werden auch Insekten, z.B. Blattläuse, gefangen.

Wo leben Stieglitze am liebsten?

Die kleinen Singvögel sind recht anpassungsfähig und kommen sowohl in Laub-, Misch- und Auwäldern vor als auch in offenen Kulturlandschaften mit Bäumen und Sträuchern und selbst mitten in Siedlungen, so auch im Kulturbezirk in St. Pölten. Dies aber nur, so lange sie genügend Nahrung finden. Daher sind Maßnahmen wie die Beibehaltung von Brachflächen, Hecken und Wegrändern mit bewusst belassenen „Unkräutern“ wichtig für den Schutz der bunten Sänger. Aber auch jeder private Gartenbesitzer kann durch naturnahe Gartengestaltung zur Artenvielfalt beitragen und damit gefiederte Naturschätze wie den Stieglitz direkt vor der Haustüre erhalten.

Wie funktioniert die Brut der Carduelis carduelis?

Die Brutsaison beginnt im März/April. Es werden vier bis sechs Eier in ein Nest, das vom Weibchen gebaut wird, gelegt und von der Mutter ausgebrütet. Das Männchen beteiligt sich aber auch aktiv, indem es seine Partnerin während der Brut füttert und sich auch später bei der Jungenaufzucht einbringt. Die Brutdauer beträgt etwa zwei Wochen. Flügge Jungvögel werden noch einige Zeit gefüttert und lernen von den Erwachsenen verschiedene Techniken der Nahrungsaufnahme.

Welche Bedeutung hat der Stieglitz für den Menschen?

Im Christentum steht der Stieglitz für die Passion Christi. Er wurde aber auch als Naturheilmittel verwendet und dazu mitunter auch verspeist. Bis ins 20. Jahrhundert wurde er wegen seiner Buntheit und des Gesanges als beliebter Käfigvogel gehalten, bis er von „exotischeren“ Arten ersetzt wurde. Eine Haltung des Stieglitz ist auch heute noch erlaubt, aber nur wenn es sich um Nachzuchten und nicht um Wildfänge handelt!

 

Text: Michael Schroll

Mein Besuch

0 Einträge Eintrag

Voraussichtliche Besuchszeit

Liste senden