ZEIT KUNST NÖ St. Pölten

© NÖ Museum Betriebs GmbH, Foto: Christoph Fuchs

CONSTANZE RUHM. RE: REHEARSALS (NO SUCH THING AS REPETITION)

26/09/2015 – 24/01/2016


Blick in die Ausstellung
© Foto: Christoph Fuchs
Mit der Ausstellung "CONSTANZE RUHM. RE: REHEARSALS (NO SUCH THING AS REPETITION)", die am 25. September 2015 eröffnet wurde und in der Shedhalle St. Pölten bis 24. Jänner 2016 zu sehen sein wird, präsentiert sich die Zeit Kunst Niederösterreich in neuem Erscheinungsbild. Betritt der Besucher den ersten Raum der Ausstellung, so umfängt ihn das Dunkel eines Projektionsraumes, in dem gleich beim Eingang ein Ausstellungsplan Orientierung bietet. Auf diesem Plan überlagern einander zwei 16mm-Filmspulen und weisen radial in den Raum zu den einzelnen Stationen des Schaffens der Künstlerin. Die Farbe Gelb, die sowohl Plan als auch Ausstellungsarchitektur durchzieht, erinnert an den gelben Umschlag der Cahiers du Cinéma der 1950er Jahre. Somit ist schon zu Beginn der Ausstellung auf die analoge Filmwelt verwiesen, die Constanze Ruhm mit der digitalen Technologie kombiniert. Constanze Ruhm wurde 1965 in Wien geboren und lebt als Künstlerin, Filmemacherin und Autorin in Wien und Berlin. Seit 2006 hat sie eine Professur für Kunst und Medien an der Akademie der bildenden Künste in Wien.

Blick in die Ausstellung
© Foto: Christoph Fuchs

Die von Alexandra Schantl, der künstlerischen Leiterin der Zeit Kunst Niederösterreich, kuratierte Schau umfasst Arbeiten der Künstlerin von 1998 bis heute. Die frühesten Arbeiten finden sich dabei im hinteren Teil der Shedhalle. Im Werk "APARTMENT" aus dem Jahr 1998 handelt es sich um die Computeranimation eines Raumes, in dem jene Szene aus Jean-Luc Godards Film "Le mépris" spielt, in der Brigitte Bardot und Michel Piccoli ihre Beziehungsprobleme vehement diskutieren. Constanze Ruhm zeigt diesen Raum als virtuelles, digital produziertes Szenario einer leeren Architektur, in der weder Schauspieler noch Einrichtungsgegenstände zu sehen sind. Stattdessen wird der Raum aus der Bewegungsperspektive von Brigitte Bardot erfasst. Die Augen des Betrachters sind also nicht auf die Schauspielerin gerichtet, sondern sehen den Raum durch ihre Augen. Zugleich wird der männliche Blick des Regisseurs durch den weiblichen Blick der Schauspielerin ersetzt.
 


Filmplakat X CHARACTERS /
RE(hers)AL, 2003/4
© Foto: Noshe, Grafik: Dorothea Brunialti
Diese Idee der Selbstermächtigung der Schauspielerin wird im Werk "X CHARACTERS / REHEARSAL" aus dem Jahr 2004 weiter verfolgt, in dem Constanze Ruhm ikonische Frauenfiguren des Films wie beispielsweise Laura aus "The Eyes of Laura Mars" von Irvin Kershner aus dem Jahr 1978 ihre eigene Geschichte mit zeitgenössischen Darstellerinnen jenseits und auch gegen die Vorgaben der männlichen Regisseure erzählen lässt und das den Beginn einer ganzen Werkserie darstellt. Hier wird auch die Bedeutung des Titels der Ausstellung klar: RE: REHEARSAL (NO SUCH THING AS REPETITION). RE bezieht sich auf die Reply-Funktion der neuen Medien: Die Charaktere entwickeln ihr Script im Chatroom, REHEARSAL steht für die schauspielerische Probe und NO SUCH THING AS REPETITION bezieht sich auf einen Ausspruch der amerikanischen Schriftstellerin und Kunstsammlerin Getrude Stein: "There is no such thing as repetition." Man erzählt nie zweimal dieselbe Geschichte.

Um genau dieses Geschichtenerzählen geht es auch in "X NANA / SUBROUTINE" aus dem Jahr 2004, das sich auf Jean-Luc Godards 1962 gedrehten Film "Vivre sa vie" bezieht. Während Godards Nana aufgrund von Geldnot in die Prostitution gerät und schließlich sogar ermordet wird, gewinnt Constanze Ruhms Nana Macht über ihr Schicksal und wehrt sich gegen das ihr vorbestimmte Ende. Hier arbeitet die Künstlerin auch mit Farbfotografien der Originalschauplätze aus Godards Film, einmal durch die Augen des Regisseurs und dann wieder durch die Augen der Schauspielerin gesehen. Nicht zuletzt durch diese Fotografien erhält Constanze Ruhms Werk "X NANA / SUBROUTINE" den Charakter einer Installation.
Filmplakat X NaNa / Subroutine: The Difficulty of Being, 2005
© Grafik: Dorothea Brunialti
Die Ausstellung endet mit dem jüngsten Werk der Künstlerin "PANORAMIS PARAMOUNT PARANORMAL", einer Zusammenarbeit mit dem französischen Regisseur Emilien Awada aus dem Jahr 2015. Diese Installation beschäftigt sich mit den 1913 am Stadtrand von Paris gegründeten Filmstudios von Saint-Maurice, die, nachdem sie in den Jahren 1930-1936 von der amerikanischen Produktionsfirma Paramount geleitet wurden, 1971 einem Großbrand zum Opfer fielen. Die daraufhin an dieser Stelle errichtete mehrteilige Wohnhausanlage trägt den Namen Le Panoramis. PARANORMAL bezieht sich auf ein Casting, das Teil der Installation ist und in dem Schauspieler für die Rolle eines Geistes vorsprechen. Das Casting als solches wiederum verhandelt Fragen von Machtverhältnissen, Inszenierung und Selbstermächtigung.
Blick in die Ausstellung © Foto: Christoph Fuchs
Nimmt sich der/die Besucher/in der Ausstellung genügend Zeit, um in die Arbeiten Constanze Ruhms hineinzusehen und hineinzuhören, so erschließt sich ihm die philosophische Tiefe eines künstlerischen Werkes an der spannenden Schnittstelle zwischen bildender Kunst und Filmkunst.

Text: MMag. Ursula Düriegl

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