Mensch und Wolf - Gespräche und Herdenschutz
Der Naturschutzbund zeigt, was es für ein gutes Zusammenleben braucht
Der Wolf ist nach 150 Jahren zurück in Österreich. 17 bis 20 Tiere sind es nach Schätzung von Experten derzeit. Das einzige Rudel lebt im Niederösterreichischen Allentsteig, der Rest sind Einzeltiere, meist auf Wanderschaft und der Suche nach einem Partner. Begegnungen zwischen Wolf und Mensch sind äußerst seltene Ausnahmen, die Anwesenheit der Tiere wird fast ausschließlich mit Wildtierkameras sowie durch Risse von Weidetieren sichtbar. Diese zeigen, dass wir während der langen Abwesenheit der Wölfe verlernt haben, mit ihnen zu leben und die Weidetiere wirkungsvoll zu schützen.
Einen besonders effizienten Schutz von Weidetieren bietet der Einsatz von Schutzhunden. (siehe Abbildung)
Der Naturschutzbund hat Vertreter aller betroffenen Gruppen an einen Tisch geholt, um gemeinsam Lösungen zu finden, die für alle tragbar sind. Der größte Teil der Österreicher befürwortet die Rückkehr des Wolfes. Gleichzeitig sorgt sie vor allem bei Weidetierhaltern für Aufregung, Ängste und oft auch Ablehnung. Mit seinem „Dialogforum Wolf“ hat der Naturschutzbund Vertreter aller betroffenen Gruppen – von der Landwirtschaft über Tourismus und Jägerschaft bis zum Naturschutz – zum Gespräch geladen. „Unser erstes Ziel war es dabei, für eine klare Faktenlage zu sorgen und Gerüchte aus der Welt zu schaffen. Nur, wenn sich alle auf dasselbe Wissen stützen, kann man beim Miteinander-Reden weiterkommen“, ist Naturschutzbund-Geschäftsführerin Birgit Mair-Markart überzeugt.
Auf folgende sechs Punkte als Basis für weitere Diskussionen konnte man sich beim „Dialogforum Wolf“ einigen:
- Der Wolfsbestand in Europa hat durch nationale und internationale Schutzmaßnahmen sowie durch veränderte Habitatfaktoren zugenommen. Darauf basiert die natürliche Zuwanderung der Wölfe nach Österreich.
- Die Diskussion über die Wölfe wird oft sehr emotional geführt. Diese Emotionen müssen respektiert werden. Um gemeinsam an Lösungen arbeiten zu können, ist aber auch eine auf objektiven Daten und Tatsachen basierende Diskussion unabdingbar. Dazu braucht es eine staatliche Stelle, die die Daten über die Wölfe in Österreich sammelt und der Öffentlichkeit zur Verfügung stellt.
- Als Nahrungsopportunisten erbeuten Wölfe auch Nutz- und Haustiere. Ein konfliktarmes Zusammenleben zwischen Wolf und Mensch ist nur dann möglich, wenn im Freiland gehaltene Nutztiere durch entsprechende Maßnahmen (wie z.B, Herdenschutzhunde) geschützt werden. Dazu müssen die dafür nötigen Strukturen geschaffen werden.
- Wirtschaftliche Schäden und zusätzliche Aufwendungen, die durch Wölfe entstehen, müssen von der öffentlichen Hand abgegolten und dürfen nicht alleine auf die betroffenen Bevölkerungsgruppen abgewälzt werden. Dafür sollte die rechtliche Basis einheitlich für ganz Österreich geschaffen werden und die Abwicklung im Schadensfall sollte aus Sicht der Betroffenen einfach und rasch erfolgen. Dazu sind Strukturen nötig, die eine einfach, unkomplizierte und praktikable Beweisführung ermöglichen.
- Einzelne Wölfe können unter besonderen Umständen eine Gefahr für den Menschen darstellen.
- Mischlinge zwischen Wölfen und Hunden sind in Österreich bisher nicht nachgewiesen worden. Bei Verdacht braucht es die genetische Analyse eines akkreditierten Labors und diese nachgewiesenen Mischlinge müssen entsprechend dem Managementplan entnommen werden.
Text: Mag. Dagmar Breschar, Naturschutzbund
Weitere Informationen: https://naturschutzbund.at/wolf.html
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Interessantes aus dem Netz:
Neues vom 2. März 2015: http://www.biorama.eu/keineangstvordemwolf/
Beitrag aus der Kronenzeitung, 5.2.2014:
Aktuelles vom WWF vom 15.01.2014: http://www.wwf.at/de/oesterreich-waelder-wolf/
DiePresse vom 22.8.2013: http://diepresse.com/home/science/1444299/Biologie_Wann-und-warum-die-Woelfe-heulen?from=suche.intern.portal
Der Film des Monats März 2013 im Landesmuseum beschäftigt sich mit dem Thema "Wolfsspuren" http://bit.ly/15DIjrM
Ein Artikel aus der Presse zum Wolf vom 23.1.2013:
http://diepresse.com/home/science/1336174/Warum-Hunde-Kuchen-moegen?_vl_backlink=/home/science/index.do
Wolfsnachwuchs in der Schweiz (an der Grenze zu Österreich), orf.at vom 7.9.2012: http://vorarlberg.orf.at/news/stories/2549013/
Mit Bild gibt es den Artikel von der Thurgauer Zeitung online: http://www.thurgauerzeitung.ch/aktuell/panorama/panorama/Wolfsnachwuchs-in-Graubuenden-gesichtet;art253654,3113511
Eine Seite aus Frankreich, die sich dem Wolf widmet: https://www.facebook.com/tina.wessig#!/pages/Pour-lAmour-du-Loup/154146418028992
Aktuelles aus der Presse zum Wolf: derstandard.at
Das Buch: Wolf, Hund, Mensch von Kurt Kotrschal erscheint im September 2012 im Christian Brandstätter Verlag |
derstandard.at vom 12.6.2012
Aktuelle Broschüre zu den Beutegreifern von WWF und Österreichische Bundesforste (Stand: April 2012) http://www.wwf.at/beutegreifer
Wolf-Beitrag im Standard vom 6.3.2012: http://derstandard.at/1330390588056/Rotkaeppchen-muss-sich-nicht-fuerchten
Ö1 Sendung "Salzburger Nachtstudio" zum Thema "Wölfe in Europa - Die Rückkehr eines Mythos" von Elke Kellner vom Mittwoch, 09. Mai 2012 um 21.00 Uhr in oe1.ORF.at. (bis 21. August 2012 abrufbar).
Auf Facebook gibt es auch eine Wolfgemeinschaft: http://www.facebook.com/LandesmuseumNOE#!/WillkommenWolf
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Wolf „Slavko“ streift durch Österreich
Wolfverbreitung © WWF |
Hier gibt es eine Verbreitungskarte: http://www.wwf.at/de/wolf_verbreitung
Auf keinen Fall sollten Konflikte, die durch Schäden an Nutztieren oder im jagdlichen Bereich ausgelöst werden, so enden wie im Falle der Österreichischen Braunbären, die nachgewiesenermaßen nicht alle auf natürlichem Wege verstorben sind.
Aus angrenzenden Regionen wissen wir, dass die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Wölfen gegenüber generell positiv eingestellt ist. Dies belegen Studien aus Deutschland und aus der Schweiz. „Wenn es uns gelingt, das Konfliktpotenzial zu minimieren und endlich geeignete Maßnahmen wie den Herdenschutz durchzusetzen, wären wir in der Akzeptanz schon einen entscheidenden Schritt weiter“, wünscht sich Pichler mehr Engagement der Behörden. In einem doch vergleichsweise wohlhabenden EU-Staat wie Österreich, sollten entsprechende finanzielle Mittel für Herdenschutzmaßnahmen, Schadensabgeltung und Aufklärungsarbeit durchaus zur Verfügung stehen.
Den Wolf zu tolerieren ist jedenfalls Grundvoraussetzung für ein dauerhaftes Überleben dieser Tierart in Österreich. Zwar genießt der Wolf durch bestehende nationale und internationale Bestimmungen einen hohen Schutzstatus – Gesetze allein reichen jedoch nicht aus, um ihm das langfristige Überleben in Österreich zu sichern.
Ein erster wichtiger Schritt zur Erreichung dieses Ziels ist eine sachliche und unvoreingenommene Information über das faszinierende Wildtier Wolf und seine Lebensweise. Auf dass er auch weiterhin durch unsere Wälder streifen kann.
Wien, am 27. Januar 2012
Beitrag von Kurt Kotrschal
Tatsächlich geht v.a. das Forschungsinstitut für Wildtierkunde den Sichtungen nach; so halten sich in Österreich meist 1-9 Einzelwölfe auf, die meisten davon Männchen, aber auch immer wieder Weibchen. Biologen nennen sie "Disperser", also Tiere die weit in die Welt ziehen und wohl ein eigenes Rudel begründen, wenn sie auf einen geeigneten Partner treffen.
zu: große Wölfe aus dem Osten, über Kärnten die Balkanwölfe und über den äussersten Westen die kleinen Wölfe italienischen Ursprungs. Warum es in Österreich noch nicht zur Rudelbildung kam und warum die Wölfe immer wieder verschwinden, ist nicht bekannt. Jedenfalls wäre Österreich ein sehr geeigneter Lebensraum für viele Wolfsrudel, vorausgesetzt, dass schon im Vorfeld professionelles Konfliktmanagement betrieben wird und dass die Jägerschaft den Wolf als das akzeptiert, was er gesetzlich ist: als zwar prinzipiell jagdbar, aber ganzjährig geschützt.
Das erstaunt mehrfach. Aus Italien? Zu Fuß? Nach Niederösterreich?
Wölfe sind sehr ausdauernde Wanderer, die stundenlang eine Geschwindigkeit von 10 kmh durchhalten können. Da kommt in einer Nacht schon eine schöne Strecke zusammen. Bei einem jungen Wolfsrüden, den man 2004 in Italien mit einem Sender ausgestattet hatte, lag in der Beobachtungszeit die tägliche Wanderstrecke zwischen 20 und 40 km!
Vor allem junge Wölfe begeben sich auf Wanderschaft. Sie werden ab dem zweiten Lebensjahr im elterlichen Revier nicht mehr geduldet und müssen sich nach etwas Eigenem umschauen. Und auf der Suche nach einem hübschen Revier mit attraktivem Partner schaut man eben auch nach Niederösterreich…
Treffpunkt Niederösterreich
Wolf Nanuk vom Wolfforschungszentrum Ernstbrunn |
Und wenn Wölfe bleiben, stellt das Niederösterreich ein gutes Zeugnis aus. Oder wie es der Wolfsexperte Heinrich Dungler ausdrückt: “Wölfe sind ein absolutes Kompliment an die Landschaft!“
Eine Besiedlung Niederösterreichs durch den Wolf ist aber eigentlich nichts Neues. Er ist hier seit Jahrtausenden zu Hause, über die gesamte Eiszeit lässt sich der Wolf in Mitteleuropa nachweisen. Als vor etwa 40.000 Jahren die ersten modernen Menschen nach Niederösterreich kamen, muss ihnen der Wolf ein vertrauter Anblick gewesen sein. Spätestens in dieser Phase der Menschheitsgeschichte entstand auch die „Hassliebe“ zwischen Mensch und Wolf, die bis ins heute andauert.
Vom Wildtier zum Haustier
Grabung 1919, Bild: Museum für Urgeschichte / Asparn/Zaya |
Spannend ist in diesem Zusammenhang Wolfsknochenfunde in
Kulturhistorischer Niederschlag
Noch heute findet sich der Wolf in den Wappen von Amstetten, Mautern oder St. Pölten. Und anhand niederösterreichischer Ortsnamen wie Wolfpassing, Wolfsgraben, Wolfsbach und Wolfsthal kann man erahnen, dass diese Tierart früher nicht selten war.
Gnadenlose Verfolgung
J.E.Ridinger, „Der Einsprung eines Wolffs Garten“, 1729; (c) Kupfer- stich aus der "Fürsten Jagdlust" Landesmuseum Niederösterreich |
Den Anfang vom Ende setzte wohl ein Hofdekret Kaiser Josephs II., der 1788 die ausdrückliche Ausrottung von Bär und Wolf anordnete. „Raubzeug“ wie Bär, Wolf und Fuchs durften damit von jedermann geschossen oder erlegt werden.
Einer der letzten Wölfe Niederösterreichs wurde schließlich 1869 auf der Hohen Wand erlegt. Er wurde präpariert und ist heute im Landesmuseum Niederösterreich zu sehen.
Der Wolf hat bis heute einen schlechten Ruf. Horrorerzählungen, aber auch „harmlose“ Märchen wie „Rotkäppchen“ oder „Der Wolf und die sieben Geißlein“ hinterlassen ihre Spuren. Vieles dieser Erzählungen stimmt einfach nicht.