Wildkräutereintopf

© Sandra Umgeher-Mayer

 

Kochen in der Steinzeit

Es wächst in Gärten, auf Äckern und an Schuttplätzen. Das Unkraut oder Wildkraut.

Unkraut wächst üppig und ohne Pflege. Häufig ist es bei Gartenbesitzern unbeliebt. Jedoch wird das Unkraut als Wildkraut für Salate und in verschiedenen Speisen immer mehr geschätzt.

So auch bei unseren Vorfahren. In der Steinzeit waren die Äcker zwischen den Pflugspuren mit Unkraut durchsetzt. Spuren von Wildkräutern finden Archäologen immer wieder in steinzeitlichen Siedlungen. Man kann annehmen, da man sie in großen Mengen findet, dass diese mit Absicht dorthin gebracht wurden. Sehr häufig fand man den Weißen Gänsefuß, Klettenlabkraut, Trespe und Knoblauchrauke, um nur einige zu nennen.
Ich möchte hier hauptsächlich die beiden Wildkräuter Weißer Gänsefuß und Knoblauchrauke genauer betrachten, da ich mit diesen zwei Pflanzen bereits kulinarische Experimente durchgeführt habe.

Weiße GänsefußDer Weiße Gänsefuß wurde zum Beispiel vermehrt an dem Fundplatz Mold, Niederösterreich und in der Station Weyregg am Attersee, OÖ gefunden. Es gibt aber auch einige Fundstellen in der Schweiz und in Deutschland wie in Niedersachsen, Köln-Lindenthal und auch in der Pfahlbausiedlung Sipplingen am Bodensee.
Die Pflanze ist vielseitig verwendbar. Die Blätter und Sprossen kann man wie Spinat kochen, die Samen können als Mehl verarbeitet werden. Auch als Heilpflanze kann sie eingesetzt werden, denn die Blätter wirken entzündungshemmend, antirheumatisch und abführend.
Aus den jungen Sprossen kann ein grüner Farbstoff gewonnen werden; die zerstoßenen frischen Wurzeln liefern einen milden Seifenersatz. Im Mittelalter wurde der Weiße Gänsefuß zur Empfängnisverhütung verwendet, da er den weiblichen Zyklus hemmt.

Eintopf-Rezept

Ich habe Zutaten verwendet, die durchaus auch in der Steinzeit hätten verwendet worden sein können.

Zirka 1/2 Liter Wasser zum Kochen bringen; dann eine Handvoll klein geschnittenen Speck und eine klein geschnittene Karotte sowie geschnittenen Sellerie hinzufügen. Den Topfinhalt so lange köcheln lassen, bis alles weich ist; danach eine Handvoll Weißer-Gänsefuß-Blätter beifügen und ungefähr 10 Minuten weiter kochen. Der Weiße Gänsefuß hat einen sehr milden Geschmack, teilweise ähnlich wie Spinat.
Um den Eintopf etwas einzudicken, wird in einem Gefäß etwas Fett und handgemahlenes Mehl der Getreidesorte Emmer miteinander vermischt und hineingegossen.
Danach mit einer Prise Salz nachwürzen.
Da der Eintopf kaum gewürzt wurde, bis auf ganz wenig Salz und die Gänsefußblätter, erhält die Speise einen milden, aber doch angenehm aromatischen Geschmack.

 

knoblauchraukeEin weiterer kulinarischer Bestandteil des Eintopfes unserer steinzeitlichen Vorfahren war die Knoblauchrauke.
An Ablagerungen in den Innenwänden von steinzeitlichen Töpfen aus verschiedenen Ausgrabungsstätten in Deutschland (Neustadt) und Dänemark (Åkonge, Stenø) entdeckte man Überreste der Knoblauchrauke, zusammen mit Fleisch- und Fischresten. Da die Pflanze keinen Nährwert besitzt, jedoch beim Zerreiben der Blätter nach Knoblauch riecht und auch so schmeckt, wurde diese vermutlich als Gewürz verwendet. Die Pflanze sollte jedoch nur frisch verwendet werden. Getrocknet verliert das Kraut sowohl Geschmack als auch die Wirkung.

Die Frage, die ich mir stellte war: Wie schmeckt die Knoblauchrauke in einem Eintopf?

Um diese Frage zu beantworten, machte ich mich auf die Suche nach dieser Knoblauchrauke und fand sie nicht unweit meines Hauses auf einer kaum genutzten Wiese.
Beim Zerreiben der Blätter konnte man bereits den typischen Knoblauchgeruch wahrnehmen.
Für den einfachen Eintopf wurden zwei Handvoll Getreidekörner, Linsen (über Nacht eingeweicht), Karotten, Sellerie, Lauchzwiebel, etwas Speck und eine Prise Salz in Wasser weich gekocht. Erst kurz vor Kochende gibt man dann die Knoblauchrauke hinzu. Würde man sie von Anfang an mitkochen, verliert sie den typischen Knoblauchgeschmack.
Das Ergebnis war ein gut und pikant schmeckender Eintopf.

Was bei solchen Experimenten natürlich immer zu bedenken ist, dass man nie von dem Geschmacksempfinden für heutige Speisen auf jene in vergangenen Zeiten schließen darf. Denn wie jede Kultur eine andere Geschmacksrichtung bevorzugt, so muss man, auch hinsichtlich der fehlenden Rohstoffe, auf ein anderes Geschmacksempfinden bei vergangenen Kulturen schließen.

Um über die Zusammensetzung steinzeitlicher Speisen Kenntnis zu erhalten, bedarf es jedoch der Zusammenarbeit verschiedenster Fachrichtungen. Allerdings lassen sich geschmackliche Eigenschaften von Speisen wie die Würze, aber auch verschiedene Essgewohnheiten nur teilweise rekonstruieren.

Text: Mag. Sandra Umgeher-Mayer

Bilder: © Sandra Umgeher-Mayer

Literaturnachweis:
http://heilkraeuter.de/lexikon/weisser-gaensefuss.htm, 2018

http://www.wildkraeuterkunde.de/knoblauchsrauke.html, 2018

Umgeher-Mayer, S., Vom Wegesrand in den Kochtopf! Ein kulinarischer Versuch mit den Unkräutern Weißer Gänsefuß und Knoblauchsrauke, Experimentelle Archäologie in Europa
14 – Bilanz 2015, S. 32-38

Abb.1: Weißer Gänsefuß
Abb.2: Knoblauchsrauke

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