Wallfahrt / Eduard Gurk / Annaberg

© Landessammlungen Niederösterreich

Pilgern mit Eduard Gurk

Die heiligen Berge: Annaberg

Zum Einstieg wird dieser Beitrag empfohlen: http://landesmuseum.blogspot.co.at/2014/10/pilgern-mit-eduard-gurk.html
Es ist natürlich ein Ding der Unmöglichkeit, sich in den Gemütszustand eines Untertanen des Jahres 1833 zu versetzen. Einen Versuch ist es aber wert. Unseren fiktiven Pilger nennen wir einfach Chrysostomos Panigl, wohnhaft in der Gemeinde Rodaun nahe Wien. Eine recht flache Gegend, gemessen an dem, was noch kommen wird. Die höchste Erhebung Rodauns ist der Eichkogel, ein sanfter Hügel.
Der Thronfolger Erherzog Ferdinand hatte im Vorjahr ein Attentat zwar fast unbeschadet überlebt, seine Nerven waren darauf derart zerrüttet, dass ein Priester zur letzten Ölung geholt werden musste. Er genas auf wundersame Weise, gelobte eine Wallfahrt nach Mariazell und fuhr los. Ob er den Maler Eduard Gurk an seiner Seite hatte, das wissen wir nicht gesichert. Wir, Monika Schaar-Willomitzer und ich, machten uns etwa 180 Jahre später auf Spurensuche.

Einsiedelei Siebenbründl © Land Niederösterreich,
Landessammlung Niederösterreich, Eduard Gurk, 1833

aktuelle Ansicht von Siebenbründl, Foto: M. Schaar

Unser Chrysostomos erhoffte sich durch Wallfahrten die Heilung von seiner Gicht. Den Medicus und Arznei aus der Apotheke konnte er sich als Rossknecht nicht leisten. Es wird eine weite Reise werden. Seine weiteste war bisher nach Mauer zum Kirtag.
Ferdinand, als späterer Kaiser der Gütige genannt, reiste per Kutsche, Chrysostomos auf Schusters Rappen, wir fuhren mit dem Auto.

Wir überspringen einen Tag und begegnen unserem Pilger gegen Ende des zweiten Tages kurz vor dem mühsamen, geradezu quälenden Aufstieg nach Annaberg. Es hätte zu Fuß schon gereicht, aber auf Knien war das noch einmal was anderes. Wer sich mit dem Auto die Serpentinen hinaufwindet, kann vielleicht nachempfinden, was das für einen müden, schwachen, vielleicht kranken Pilger bedeutet haben muss, der sich kein Mietsaumpferd (wie auf dem Aquarell dargestellt), eine Art frühes Taxi, leisten konnte. Gottlob, vor wenigen Stunden hatte Chrysostomos die Heilquelle Siebenbründl passiert. Gebet und Wasserkur hatten ihn wieder aufgerichtet.


„Höchst romantisch“ oder „österreichisches Sibirien“?


Also endlich Annaberg. Was sich hier dem Betrachter darbot, war überwältigend, ein gigantischer Berg, der Ötscher. Wir sind auch heute noch beeindruckt, trotz Fernsehdokumenationen über 8000er und vermögen uns schwer vorzustellen, wie es dem Rodauner ergangen sein muss. Den genauen Standort zu finden, an dem Eduard Gurk seine Skizze für das Aquarell anfertigte, dauerte lange und das Ergebnis war schließlich ein Kompromiss.

Annaberg, Blick gegen den Ötscher © Land Niederösterreich,
Landessammlung Niederösterreich, Eduard Gurk, 1833
aktuelle Ansicht von Annaberg, Foto: M. Schaar

Annaberg ist die erste Station an der Via Sacra, die kein Marienort, sondern Marias Mutter geweiht ist. Auch nach ihrem Mann ist ein heiliger Berg benannt, der Joachimsberg. Nach Mariazell sind es noch rund sechs Stunden Fußmarsch über mehrere Berge, darunter der Josefsberg.
Neben einer Poststation, das Gebäude rechts im Bild steht am ehemaligen Standort, gab es 1833 fünf Gasthäuser, einen Bäcker, Fleischhauer, Wundarzt, Schmied und einen Schuhmacher. Wir verabschieden uns von Chrysostomos Panigl und fragen die derzeitige Bürgermeisterin, Petra Zeh, was heute Annaberg ausmacht.

Bürgermeisterin Petra Zeh,
Foto: Leaderregion Mostviertel
Worauf sind Sie in Ihrer Gemeinde besonders stolz?
Besonders stolz bin ich auf die Menschen und Ihren Zusammenhalt. Sie unterstützen sich gegenseitig. Vieles können wir dadurch in unserer kleinen Gemeinde schaffen. Von kleinen Projekten in den Vereinen  bis hin zu großen Projekten, wie etwa der Revitalisierung unserer Via Sacra von Wien bis Mariazell und natürlich der Landesausstellung 2015.


Welchen Stellenwert hat die Wallfahrt für Annaberg heute?
Die Wallfahrt und Annaberg waren und sind auch heute noch untrennbar miteinander verbunden. Sie ist Teil unserer Geschichte und unseres heutigen Lebens. Viele Menschen pilgern durch unsere Gemeinde und machen Halt bei der Heiligen Anna in der Wallfahrtskirche. Es erfüllt uns mit Stolz an einem Weg zu liegen, der schon seit Jahrhunderten begangen wird. Das Pilgerwesen ist Teil unserer Identität und auch Lebensgrundlage unserer Gasthäuser und Beherbergungsbetriebe.

Wenn Sie sich was wünschen dürften, was wäre es?
Ich würde mich freuen, wenn weiterhin viele Pilger auf der Via Sacra nach Annaberg und Mariazell unterwegs sind, sich etwas Zeit für sich nehmen können, auf dem Weg unserem Herrgott näher kommen und mit sich im Reinen nach Hause zurück kehren.
Pilgern ist, wenn man sich darauf einlässt, etwas Wunderschönes und Erfüllendes. Das erleben zu können, wünsche ich vielen Menschen.
Wir danken für das Gespräch!
Heute hat Annaberg 3 Gasthäuser, 2 Pensionen, einen  Nahversorger, Ärztin, Polizeistation, Volksschule, 9 Schilifte und 65 Schneekanonen.
Berühmte Söhne und Töchter Annabergs sind die Landesrätin und Innenministerin Liese Prokop [Blogbeitrag vom 25.9.2014: http://landesmuseum.blogspot.co.at/2014_09_01_archive.html], der Maler Sepp Gamsjäger und der oberösterreichische Landeshauptmann Erwin Wenzel. Leider sind alle Genannten bereits verstorben.
Die beiden Zitate im Zwischentitel stammen aus Reiseführern von Rafael Hellbach (1858) und Wenzel-Carl Wolfgang Blumenbach (1835).

Text: Gerhard Hintringer
Fotos: Mag. Monika Schaar-Willomitzer
Sonderausstellung „Malerische Wallfahrt nach Mariazell in Aquarellen von Eduard Gurk“, 26. Oktober 2014 bis 22. März 2015
 
Das empfehlenswerte Buch zur Ausstellung ist 2014 im Residenzverlag erschienen, es kostet 35 Euro und ist u.a. im Shop des Landesmuseums erhältlich.
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