Künstlerprojekt „Garten 2002“

© NÖ Museum Betriebs GmbH, Foto: Helmut Lackinger
Knapp 2.000 bunte Kübel mit Erde gefüllt, was wird denn das?
Diese Frage konnte man sich im Jahr 2002 stellen, als das Künstlerpaar Lois und Franziska Weinberger ihr Projekt „Garten 2002“ im St. Pöltner Regierungsviertel, genauer gesagt im Museumsgarten zwischen dem Landesmuseum Niederösterreich und dem Niederösterreichischen Landesstudio des ORF, startete.


Vor mittlerweile 15 Jahren glänzten hier Kübel in bunten Farben, die in die Kübel gefüllte Erde sah frisch und gepflegt aus und die Betoneinfassung wirkte noch unberührt. Heute sind die Farben verblasst und kaum noch zu erkennen, die Kübel sind zum Teil schon zerbrochen, die Betoneinfassung ist verwittert und von der Erde ist nicht mehr viel zu sehen. Eigentlich sind auch die Kübel aus etwas Entfernung kaum mehr zu erkennen, vielmehr sieht man jetzt eine eingefasste, bewachsene Fläche, die aussieht wie ein Baugrund, der seit Jahren nicht bebaut wurde. Das Projekt hat sich verändert, statt nackter Erde sind jetzt auch Pflanzen in den Kübeln. Diese wurden aber nicht ausgesät oder eingepflanzt, sondern es sind nur jene Pflanzen, deren Samen vom Wind oder von Tieren hierher gebracht wurden. Diese sind typische Ruderalpflanzen wie Schafgarbe, Hornklee, Löwenzahn, Hartriegel, Salweide, Hundsrose, Wilde Karotte, Spitzwegerich, Holunder, Lichtnelken, Potentilla, verschiedenste Gräser und viele andere.

Vergleich: das Kunstwerk im August 2003 (links) und nun im August 2015 (rechts)

Interpretation des Kunstwerkes
Das Kunstwerk soll an das erinnern, was vor dem Bau des Regierungsviertels an diesem Ort war. Denn weite Teile des heute verbauten Gebietes an der Traisen wurden früher von diesen sogenannten Ruderalpflanzen besiedelt. Mit ihrem Kunstwerk bringen Lois und Franziska Weinberger die damalige Vegetation wieder in das Viertel aus Beton zurück und geben der Vielfalt der Natur– wenn auch nur kleinräumig – wieder einen Platz zwischen Beton und Asphalt.

Ansicht im Juni 2005 am linken Fotos vs. August 2015 am rechten Foto
 
Das Prozesshafte ist die Intention und der Hauptbestandteil der Arbeit des Künstlerpaares Lois und Franziska Weinberger. Das Aufzeigen des Vergänglichen und das daraus neu Entstehende spiegelt dieses Projekt wider. Nicht das momentane Bild, die Kübel wie sie jetzt aussehen und die Pflanzen, die im Moment wachsen, sondern die Veränderung, der Prozess von Vergänglichkeit, Neuentstehung und Weiterentwicklung ist das eigentliche Kunstwerk. Die Arbeit mit der Natur macht das Kunstwerk lebendig und wie die Natur steht es in ständiger Veränderung.

Oben: Foto aus dem Jahr 2010
Unten: August 2015
Auch der Titel des Kunstwerks „Garten 2002“ wirft zahlreiche Fragen auf. Als Garten im herkömmlichen Sinn bzw. aus der Sicht von Landschaftsarchitekten und Landschaftsplanern kann das Kunstwerk jedenfalls nicht bezeichnet werden. Denn dieser Garten bietet nicht nur Platz für die schönen Gartenpflanzen, die wir in unseren Gärten anpflanzen oder aussäen, sondern gibt allen Pflanzen Platz – ohne Definition von schönen oder unschönen Pflanzen. Die Natur erobert sich diesen Garten zurück, wie sie es auch in unseren Gärten macht, wenn sie verlassen oder nicht mehr gepflegt werden. Leider sind solche Ruderal-Gärten nur noch selten anzutreffen und häufig würden wir diese nicht einmal als Garten bezeichnen.

Detailansicht der Kübel im August 2015
Text: Claudia Wagner-Wallner, gekürzt von Claudia Hauer
Fotos: Weinberger, Lackinger, Hauer © Landesmuseum Niederösterreich
 

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