Kuckuck

©  P. Zeininger/ NABU, Oliver Richter. dreamstock

Der Bestand des viel besungenen Frühlingsboten geht kontinuierlich zurück –ZUM KUCKUCK!

Hört man seinen Ruf, dann ist der Frühling endgültig da. Nicht viele Vögel können mit seinem Bekanntheitsgrad konkurrieren – der Kuckuck wird in Liedern, im Kunsthandwerk, in Sprichwörtern und in der Musik thematisiert. Warum sein Ruf heutzutage seltener zu hören ist? Schuld daran ist vor allem der Klimawandel, und Kuckucksuhren gibt es auch nicht mehr so viele.


Die große Popularität des Kuckucks kommt besonders im Volksglauben zum Vorschein, um den scheuen Zugvogel rankten sich einst die unglaublichsten Geschichten und abwegigsten Spekulationen. So schrieb man ihm prophetische Weitsicht zu: An der Anzahl seiner Rufe sei zu erfahren, wie viele Jahre man noch bis zur Hochzeit warten müsse oder wie lange man noch leben werde. Wahrscheinlich hat dabei niemand so genau mitgezählt, denn der Ruf kann bis zu 160 Mal ertönen. Als der Hexenwahn grassierte, brachte man den Kuckuck mit dem Teufel in Verbindung. So kam es, dass man oft vom Kuckuck sprach, wenn man den Teufel meinte, aber seinen Namen nicht auszusprechen wagte: Der Kuckuck soll dich holen! Zum Kuckuck! Scher dich zum Kuckuck!

 

Musicalheld und Klingelton

Der Ausdruck „Wolkenkuckucksheim“ wiederum ist abgeleitet von der Komödie „Die Vögel“ des griechischen Dichters Aristophanes, bei dem die Gefiederten eine in den Wolken gebaute Stadt bevölkern. Heute bezeichnet man damit Realitätsferne und Phantasiegebilde. Ganz real hingegen ist die dekorative Kuckucksuhr, die traditionell vor allem im Schwarzwald gefertigt wird und weltweiten Bekanntheitsgrad erlangt hat.

Ein hölzerner Vogel schießt aus dem Gehäuse und lässt analog zur Stundenzahl sein Geschrei hören. Moderner Ersatz ist das Handy mit einem Kuckucksruf als Klingelton, der allerdings auch dann erklingt, wenn der Vogel weit weg in Afrika weilt.

Auch inspirierte der Kuckuck zahlreiche Lieder, Reime und Sprüche: Das Kinderlied

Kuckuck, Kuckuck, ruft´s aus dem Wald“ lernen wir schon im Kindergarten. Ludwig van Beethoven verewigte ihn in seiner sechsten Symphonie, der „Pastorale“; auch Antonio Vivaldi und Wolfgang Amadeus Mozart intonierten seinen markanten Ruf. Er ist sogar am Broadway im Musical „Sound of Music“ zu hören. Selbst ist er allerdings kein toller Sänger, wenngleich sein lateinischer Name Cuculus canorus der „Klangreiche“ bedeutet. Was er zur Symphonie des Waldes beisteuert, wird freilich niemand als besonders klangreich empfinden. Übrigens hört man ihn eher, als dass man ihn sieht. Dieses Glück haben nur wenige Menschen, abgesehen davon, dass kaum jemand den eleganten, fast falkenähnlichen Vogel im Flug erkennen würde.

Pfandsiegel und Süssfleisch

Der Kuckuck wurde zudem früher oft im Zusammenhang mit dem Besitz oder Ausgeben von Geld zitiert. Damit erklärt sich, warum das Siegel des Gerichtsvollziehers auf den Wertsachen eines Schuldners auch „Kuckuck“ genannt wird. Eine bekannte Bauernregel lautet „Tiburtius kommt mit Sang und Schall, er bringt uns Kuckuck und Nachtigall“. Da er oft auf diesen Tag genau, den Gedenktag für den heiligen Märtyrer Tiburtius von Rom, ankam, hieß der 14. April im Volksmund „Kuckuckstag“. Zuvor hat er eine weite Reise hinter sich gebracht, ist er doch ein Langstreckenzieher, der jährlich gut 10.000 Kilometer zurücklegt, wobei er recht unterschiedliche Zugrouten benützt.

In alten Schriften wird er das eine Mal gepriesen, das andere Mal beschimpft. Angeblich konnte sich Göttervater Zeus in einen Kuckuck verwandeln, in den Schoß der Hera flüchten und so die Liebe der Göttin gewinnen. Sie wurde deshalb auch mit einem auf ihrem Zepter sitzenden Kuckuck dargestellt. Bei den Römern stand er generell in keinem hohen Ansehen – er galt als Sinnbild eines pflichtvergessenen Familienvaters, und „Cuculus“ war dementsprechend ein Schimpfwort. Nichtsdestotrotz landete er, wie andere Zugvögel auch, oft auf dem Teller. Plinius schrieb, dass sein Fleisch an Süße alles andere übertreffe.


Hartnäckig hielt sich auch die Mär, der Kuckuck überwintere in einem Baumstumpf oder verwandle sich im Herbst in einen Sperber, wie Plinius vermutete. Allerdings ist die Verwechslung mit dem Sperber nicht ganz von der Hand zu weisen: Der turteltaubengroße Vogel ähnelt tatsächlich dem Sperber, dem gefährlichsten Räuber für kleine Vogelarten. Während Männchen meist grau und gebändert sind, weisen Weibchen einen rostbraunen Überzug an Brust und Bürzel auf. Unterscheiden kann man die beiden u. a. am gelben Augenring des Kuckucks.

Bespitzelung und Nestraub

Der langanhaltende charakteristische Ruf kommt vom Männchen. Das Weibchen schweigt lieber, hat es doch anderes im Sinn. Von einer Sitzwarte aus beobachtet sie nestbauende Vogelpaare: etwas Geeignetes für ihren Nachwuchs? Die Eiablage verläuft dann weniger heimlich, als bisher angenommen – die Anwesenheit der künftigen Zieheltern ist keineswegs ein Hindernis. Herbert Hoi vom Konrad-Lorenz- Institut für Vergleichende Verhaltensforschung untersuchte den Brutparasitismus: „Die Wirtsvögel reagieren bei der Entdeckung eines Kuckucks sehr unterschiedlich. Unsere Untersuchungen zeigten, dass sich Neuntöter zum Beispiel möglichst unauffällig verhalten, um nicht den Verdacht zu schüren, dass sie vielleicht ein Nest in der Nähe haben. Sie reagieren dann aber aggressiv auf seine Anwesenheit oder werfen seine Eier aus dem Nest.


Glaubte man früher, die Mutter transportiere ihr Ei im Schnabel zum Nest, kennt man heute den wahren Sachverhalt: Sie nimmt ein Ei aus dem Nest der Wirtsvögel und verspeist es kurzerhand, die entstandene Lücke füllt das Kuckucksei. So ist die Schlaue obendrein zu einem nahrhaften Imbiss gekommen.


Das Kuckucksweibchen „beglückt“ dabei gleich mehrere Vogelpaare: Binnen acht bis neun Wochen legt sie bis zu 25 Eier in fremde Nester, wobei sie sehr umsichtig vorgeht. Aus gutem Grund: Gleicht ihr Ei in Größe und Farbe dem Gelege der Zieheltern, bleibt es eher unentdeckt. Wird der Betrug entdeckt, schmeißen die Geprellten das Ei kurzerhand aus dem Nest oder suchen sich einen anderen Brutplatz. Manche Arten bebrüten regelmäßig, andere nur gelegentlich ein Kuckucksei. Rotschwänzchen, Neuntöter, Haus- und Gartenrotschwanz, Teich- und Sumpfrohrsänger bewähren sich regelmäßig als Zieheltern. Die Kost muss schließlich auch passen, demgemäß werden Insektenfresser bevorzugt.

Listiges Riesenkind

Doch mit einem erfolgreich untergejubelten Ei ist es noch lange nicht getan. Um die Wirtskinder verdrängen zu können, entwickelt sich das Junge erstaunlich rasch. „Beim Kuckuck beginnen sich die Embryos sofort zu entwickeln, bereits im Mutterleib.
Dadurch können sie die Entwicklung noch mehr abkürzen, um möglichst schnell schlüpfen zu können“, erzählt Herbert Hoi.

Kuckuck
Zwölftägige Bebrütung, und fertig ist der Fratz! Im Blindgang bugsiert dieser mit einem Kraftakt die Eier oder Nestlinge hinaus. Diese Untat geschieht nicht selten in Anwesenheit der Zieheltern. Bekommen sie nicht mit, was sich da abspielt? Mit akustischen Tricks wird weiter manipuliert: Das Ziehkind ahmt die Bettelrufe der Jungen nach, was in Kombination mit dem riesigen roten Rachen die Wirte magisch zum Füttern einlädt. Der Kuckuck ist aber nicht nur ein Brutschmarotzer, er hat durchaus seinen Platz im Gefüge, frisst er doch u. a. harte Käfer und behaarte giftige Raupen, die andere Vögel verschmähen.


In Mitteleuropa geht der Bestand seit Mitte der 1960er-Jahre zurück. Die Ursachen sind nicht restlos geklärt; in jedem Fall gibt es nicht mehr so viele Wirtsvögel wie noch vor einem halben Jahrhundert. In Österreich schätzt man den Bestand des Kuckucks auf etwa 20.000 bis 40.000 Brutpaare, der Trend ist nach Angaben von BirdLife Österreich negativ. Bleibt zu hoffen, dass der vielbesungene Frühlingsbote nicht in der Roten Liste gefährdeter Arten landet.

Text: Mag. Barbara Grabner, Naturschutzbund NÖ

Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers und der Autorin (Erstveröffentlichung in NÖ Perspektiven 1/2018, Seite 28/29)

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