Hohlwege 1 / 2

© NÖ Museum Betriebs Gmbh, Fotos: Stadtarchiv St. Pölten

Hohlwege in den Lössgebieten Niederösterreichs

Hohlwege sind allseits bekannt und für Spaziergänge oder Besuche in Kellergassen sehr beliebt. Jedoch die Fragen wie diese eigentlich entstanden sind, und seit wann können oft nicht beantwortet werden. Dieser erste Beitrag über Hohlwege beschäftigt sich mit den Entstehungsprozessen von Hohlwegen in den Lössgebieten Niederösterreichs, wo 90% aller Hohlwege in Niederösterreich zu finden sind. Besonders die Region des Wagram nördlich der Donau ist besonders bekannt für ihre Hohlwege, denn dort können die Hohlwege besonders tief ausgebildet sein. Daher ist der Fokus dieses Beitrages auch auf diese Region am Wagram gerichtet.

Im kommenden BLOG-Beitrag wird die Frage des seit wann sich Hohlwege bilden, und welche Zeugen es gibt um dies zu belegen näher beleuchtet. Des Weiteren widmet sich der zweite Blogbeitrag der Anzahl und Tiefe von Hohlwegen in Lössgebieten in Niederösterreich. Also dran bleiben, es lohnt sich!

Was sind Hohlwege und was hat der Löss damit zu tun?

Abb. 1 Unbefestigter Hohlweg in der Nähe von Mitterstockstall, Niederösterreich. Das helle, schluffig-sandige Material an den Hängen und der Sohle des Hohlwegs ist der Löss. An der Hohlwegsohle sieht man die Entstehung von Vertiefungen durch die Nutzung der Wege mit Traktoren oder Autos. Foto: Dr. Martin Mergili, Universität Wien, 2013.

Viele kennen sie, die Hohlwege in Niederösterreich, besonders aus den Weinbaugebieten, und spazieren oft bewusst oder unbewusst durch sie hindurch. Hohlwege gibt es aber auch weltweit, zum Beispiel in Belgien, China, England, der Ukraine oder Ungarn, und sie können auf verschiedensten Böden und Untergründen entstehen. In Niederösterreich sind die Hohlwege in den Lössgebieten nördlich der Donau am bekanntesten, da sich die Sohle der Hohlwege aufgrund des lokalen Reliefs sehr tief in den Untergrund, den Löss, einschneiden konnte. Das Material Löss verfügt über eine hohe Standsicherheit, wodurch sich sehr steile, fast senkrechte, Lösswände ausbilden können, die über viele Meter Höhe keine zusätzliche Sicherung benötigen. Dadurch entstehen sehr hohe Wände seitlich begrenzend entlang der Hohlwege. Diese Wände sind es die einen normalen Weg zu einem Hohlweg machen, da der Weg in einer Hohle, einer lokalen Vertiefung, verläuft (Abb. 1). 

Wie sind diese Hohlwege entstanden?

Das „Wie?“ lässt sich relativ einfach beantworten: Hohlwege sind durch Erosionsprozesse entstanden, die über viele Jahre andauerten und so immer wieder Erde vom Weg wegschwemmten. Diese Prozesse sind auch immer noch aktiv, wenn die Hohlwegsohle nicht mit Steinen oder Asphalt befestigt wurde. Damit Erosion stattfinden kann ist zumindest eine leichte Hangneigung erforderlich, denn auf flachen Flächen kann kein Wasser abfließen und somit keine Erosion stattfinden. Zusätzlich ist für Erosion Wasser erforderlich. Erosion trat und tritt nach intensiven Regenfällen auf und äußert sich zuerst durch einen flächigen Abtrag der obersten Bodenpartikeln (z.B. einzelne Sandkörner). Sicherlich haben Sie schon oft nach intensiven Regenfällen beobachtet, wie von den Feldern deutlich erdfarbenes Wasser auf die Wege fließt und von dort entweder in den nächsten Bach fließt oder direkt am Weg versickert und ein feiner Schlamm abgelagert wird. Dies ist eine Folge der flächigen Erosionsprozesse, die auf den an den Hohlwegen angrenzenden Feldern oder Weingärten auftreten. Wenn sich sehr viel Wasser an einer Stelle ansammelt, kann an dieser Stelle anstatt einer flächigen Erosion (die keine großen Änderungen der lokalen Erdoberfläche verursacht) eine rillenförmige Erosion auftreten. Oft wird dieser Oberflächenabfluss von Wasser durch künstliche, oder vom Menschen gemachte, Formen (Mulden oder Vertiefungen) an einer Stelle konzentriert. Diese Formen sind zum Beispiel Fahrspuren auf einem Feld oder künstlich angelegte Zufahrtswege zu Feldern, die lokal eine Vertiefung gegenüber der unmittelbaren Umgebung darstellen (Abb. 1). Durch diese Konzentration des Abflusses sammelt sich mehr Wasser an einer Stelle und die Fließgeschwindigkeit erhöht sich deutlich. Dadurch hat das Wasser an dieser Stelle mehr Erosionskraft wodurch mehr Bodenpartikel transportiert und abgetragen oder „abgeschwemmt“ werden können und sich dadurch Rillen oder Rinnen bilden. Diese Rillen haben meist eine Tiefe im Zentimeter bis Dezimeter Bereich. Jedoch, bei sehr langen und intensiven Regenfällen, können sogenannte Gullies oder Gräben mit bis zu mehreren Metern Tiefe entstehen (Abb. 2). Zusätzlich zur Sohle des Hohlweges werden auch die Seitenwände durch Erosion und Sturzprozesse immer weiter nach hinten verlagert. Durch das Material, dass sich am Fuß der Seitenwände ablagert, kann es dazu kommen, dass die Hohlwege im Querprofil nicht U-förmig sondern V-förmig aussehen (Abb. 1 und Abb. 3).

Was nun aber zuerst da war, die künstliche Anlage von Vertiefungen, z.B. durch den Bau eines Zufahrtsweges zu einem Feld, oder die natürliche Erosion entlang von natürlichen Mulden, Vertiefungen und Geländestufen, kann nicht eindeutig beantwortet werden. Belegt ist, dass die Erosion in Hohlwegen, durch die menschliche Nutzung ständig vorangetrieben wurde und heute noch wird (Abb. 2). Durch das wiederholte Befahren des Weges (früher mit Ochsengespannen, heute mit Traktoren) wird die Sohle einerseits verdichtet (was die Wasserabflussgeschwindigkeit und folglich die Erosionskraft dessen erhöht und somit mehr Erosion ermöglicht wird) und andererseits können keine Pflanzen wachsen und durch die Fuhrwerke (schmale Reifen) werden die obersten Schichten des Bodens aufgelockert und dem Abtrag durch Wasser ausgesetzt. Zusätzlich, kam es durch die Ochsenfuhrwerke (oder heute Traktoren) auch zur Ausbildung von Fahrrinnen in der Hohlwegsohle, wo sich Wasser sammeln konnte.

Abgesehen von der Hangneigung und der Wassermenge, hat die Vegetation bzw. der Bewuchs auf den Flächen rund um und im Hohlweg einen entscheidenden Einfluss auf die Möglichkeit ob Erosion stattfinden kann. Pflanzen (Gras, Feldpflanzen) bedecken den Boden und halten die Bodenpartikel zusammen. Dadurch kann das Regenwasser nicht sofort die Bodenpartikel aufgreifen und mitschwemmen. Den besten Erosionsschutz bietet zum Beispiel eine dicht bewachsene Wiese, oder ein Weizenfeld. Hingegen, Maisfelder sind dafür bekannt, dass sich, durch die reihenförmige Anordnung der Pflanzen und den fehlenden Bewuchs zwischen den Maispflanzen, das Regenwasser in den Reihen sammelt und viele Bodenpartikel mitgeschwemmt werden. Ähnlich verhält es sich in Weingärten, wo der Abstand zwischen den Weinreben und der Bewuchs am Boden entscheidend für das Auftreten von Erosion sind. Es ist also auch die Art der Vegetation und dessen Bedeckungsgrad des Bodens entscheidend.

 

Abbildungen:

Abb. 1 Unbefestigter Hohlweg in der Nähe von Mitterstockstall, Niederösterreich. Das helle, schluffig-sandige Material an den Hängen und der Sohle des Hohlwegs ist der Löss. An der Hohlwegsohle sieht man die Entstehung von Vertiefungen durch die Nutzung der Wege mit Traktoren oder Autos. Foto: Dr. Martin Mergili, Universität Wien, 2013.

Abb. 2 Aus einer Erosionsrille wird ein Graben oder Gully – durch Erosion herbeigeführter Schaden an einer Hohlwegsohle in Niederösterreich. Dieser Hohlweg hat ein deutliches U-Profil. Foto: Heinz Wiesbauer

Abb. 3 Revitalisierter Hohlweg mit befestigter Sohle (Schotter) und bewachsenen Seitenwänden in der Nähe von Langenlois. Der Querschnitt dieses Hohlwegs entspricht eher einem V-Profil. Foto: Heinz Wiesbauer

Text: Dr. Helene Petschko, Institut für Geographie, Lehrstuhl für Geoinformatik, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Absolventin der Universität Wien 

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