Susanne Wenger

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Frauenportrait #31

Susanne Wenger - Ein Leben in Afrika


Susanne Wenger, Foto: Didi Sattmann
Susanne Wenger, am 4. Juli 1915 in Graz geboren, begann ihre künstlerische Ausbildung im Alter von 16 Jahren an der Kunstgewerbeschule in Graz. Danach besuchte sie in Wien die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt, ehe sie an die Akademie für bildende Künste wechselte, wo sie von 1933 bis 1935/36 in der Meisterklasse für Freskomalerei bei Ferdinand Andri und Herbert Boeckl studierte. Während des Zweiten Weltkriegs pflegte sie engen Kontakt zum Bildhauer Heinz Leinfellner und dem oppositionellen Kreis, der sich in seinem Atelier traf. Wenger selbst teilte zu der Zeit ihr Atelier mit Johann Fruhmann, dem späteren Ehemann Christa Hauers, und versteckte dort vom Nazi-Regime verfolgte Künstler. Nach dem Kriegsende hielt sich die Künstlerin zunächst mit dem Verkauf von Hampelmännern über Wasser und arbeitete als Illustratorin für das Kinderblatt „Unsere Zeitung“, für das sie mehrere Titelseiten gestaltete und Kurzgeschichten verfasste.

Als 1947 in Wien der Art Club, eine freie, international ausgerichtete und antifaschistische Künstlervereinigung gegründet wurde, waren Susanne Wenger, Maria Biljan-Bilger und Greta Freist zunächst die einzigen weiblichen Mitglieder. 1948 hielt sich Susanne Wenger längere Zeit in der Schweiz auf und begegnete in Zürich dem Maler und Kunsthändler Johann Egger, besser bekannt als Hansegger, der in seiner Galerie Des Eaux-Vives die aufstrebenden Vertreter der Schweizer Moderne zeigte. Seinem Rat folgend zog Susanne Wenger 1949 nach Paris, wo sie den Sprachforscher Ulli Beier kennenlernte und hei¬ratete. Ein Jahr später brach sie mit ihm nach Ibadan in Nigeria auf. Bei einem Aufenthalt in der Stadt Jebba erkrankte sie an offener Tuberkulose und lag 14 Monate im Spital. Nach ihrer Genesung zog sie 1952 in die Kleinstadt Ede, wo sie zum ersten Mal mit dem Obàtálá-Priester Ajagemo, ihrem späteren Lehrmeister, in Kontakt kam. Ajagemo erkannte in ihr eine würdige Repräsentantin der Yorùbá-Religion und führte sie in deren Mythen und Rituale ein. Nach jahrelanger Initiation und der darauffolgenden Isolati-onszeit wurde Susanne Wenger schließlich selbst zur Òsun-Priesterin geweiht. 1958 ließ sie sich in Oshogbo nieder, um den in Verfall befindlichen Òsun-Schrein zu revitalisieren. Dabei arbeitete sie mit einer Gruppe von einheimischen Tischlern, Holzschnitzern, Bildhauern und Batikkünstlern zusammen, deren Arbeiten Wenger als New Sacred Art bezeichnete. Im Laufe von etwa 20 Jahren entstand der sogenannte Heilige Hain, ein Arrangement aus Architektur, Plastik, Malerei, sowie Religion, Kunst und Natur, dessen Erhaltung heute die wichtigste Aufgabe der New-Sacred-Art-Gruppe darstellt.
Neben dem umfassenden Werk des Heiligen Hains schuf Wenger auch einzigartige Ölbilder und Batiken in der traditionellen Àdire- beziehungsweise in Wachstechnik, die 1985 anlässlich ihres 70. Geburtstags erstmals in größerem Umfang in der Kunsthalle Wien gezeigt wurden. Um ihr Werk zu erhalten, gründete sie 1995 im Zuge einer Ausstellung in der Kunsthalle Krems das Susanne Wenger Archiv, das im Jahr 2004 Räume an der Kunstmeile Krems bezog und 2011 zur Susanne Wenger Foundation erweitert wurde. Der Heilige Hain in Oshogbo wurde 2005 von der unesco in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Susanne Wenger starb am 12. Jänner 2009 und wurde in einem der Schreine im Heiligen Hain in Oshogbo beigesetzt.

Text: Alexandra Schantl, aus dem Ausstellungsbegleiter der Ausstellung "Ausnahmefrauen - Christa Hauer, Hildegard Joos, Susanne Wenger" (30.11. 2013 – 12.10. 2014) im Landesmuseum Niederösterreich

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