Josefine Jammer

© NÖ Museum Betriebs GmbH

    Frauenportrait #15 

Josefine Jammer – eine Badener Institution


Der bekannte Wiener Biedermeier-Maler Thomas Ender (1793–1875) verewigte 1824 auf einer kleinen aquarellierten Bleistiftzeichnung das Mauthaus beim Urtelstein am Eingang ins Helenental, an der Heiligenkreuzer Straße gelegen.

Thomas Ender, Das Mauthaus beim Urtelstein im Helenental, 1824
Bleistift, aquarelliert auf Papier, 8,8x16,1 cm, 1824
© NÖ Landesbibliothek
Hier wuchs Josepha Jammer auf. Mitten während der napoleonischen Kriege kam sie 1808 zur Welt. Ihr Vater war Mauteinnehmer-Gehilfe, verstarb aber schon früh. Ihre Brüder fielen in der Völkerschlacht bei Leipzig; ihre Mutter betrieb im Mauthaus mit allerhöchster Genehmigung seit 1813 eine „Kaffeeküche“. Wie sie zu dieser Lizenz bekam schilderte Elise Degen, die 1856 in München geborene und in Baden ansässige Schriftstellerin in der Ausgabe des Badener Bezirks-Blattes am 21. Mai 1892:

© Wien Museum
„Die Söhne der armen Witwe, die es bewohnte, hatten Blut und Leben für die Befreiung des Vaterlandes geopfert [...] Die ersten Knospen drängten schon hervor, die Veilchen blühten [...] Da ertönte von Ferne das Rollen eines Wagens. Frau Jammer hatte gerade Zeit, die verweinten Augen zu trocknen, da hielt auch schon der Wagen des Erzherzogs Anton vor ihr. Die Frau brachte dem leutseligen Herrn wie schon so oft ein Glas frischer süßer Milch ... Freundlich ergriff er die Hand der Traurigen und sprach: „Frau Jammer, sorgen Sie sich nicht weiter, ich werde schon ein Mittel finden, um ihnen und ihren Kindern zu helfen!“ [...]
Kurze Zeit darauf erhielt die arme Frau die damals schwer zu erreichende Bewilligung, eine Kaffeeküche zu errichten, deren Ertrag sie vor Kummer und Sorge bewahren sollte. Erzherzog Anton und außer ihm noch viele Mitglieder des Kaiserhauses sind dort eingekehrt [...]
Bis heute noch steht das Häuschen, bis heute noch schützen es die hohen Felsen und finden sich fröhliche Menschen ein, um im Kühlen zu rasten.“
Nach dem Tod der Mutter betrieb ihre Tochter Josepha den Kaffeeausschank weiter; das Lokal führte nun den Namen „Zur Jammerpepi“. Das Geschäftsschild der Kaffee- und Milchwirtschaft hat sich bis heute im Besitz des Wien Museums erhalten. Es ist als Dauerleihgabe im Rollett Museum in Baden zu sehen.
So schwierig wie ihre entbehrungsreiche Kindheit und Jugend als Halbwaise gestaltete sich auch ihr weiteres Privatleben. Sie verliebte sich in „Schorsch“ Hörner, der in jungen Jahren nach Baden gekommen war. Er war der erste „Zahlmarqueur“ (=Zahlkellner) im Café Scheiner, Ecke Weilburgstraße/Peterhofgasse, das „In-Café“ der Biedermeierzeit in Baden. Bei den Gästen beliebt gelang es ihm, ein wenig auf die hohe Kante zu legen. Ein häufiger Gast im Café Scheiner, Georg Simon Freiherr von Sina half ihm beim Anlegen der Ersparnisse, so dass Hörner über ein bescheidenes Vermögen verfügte, ausreichend, um mit Pepi Jammer einen Hausstand zu gründen. Dem stand allerdings ein nicht unerhebliches Hindernis im Wege: Schorsch war aus seiner Heimat, dem Königreich Bayern geflohen, um dem Wehrdienst zu entgehen. So konnte er sich nicht die für eine Eheschließung notwendigen Papiere besorgen. Nach einer Zeit des Wartens wendete sich doch dann alles für die beiden zum Guten: Bei der Jammerpepi verkehrten neben Kurgästen und alteingesessenen Badenern auch Angehörige der Aristokratie, die während ihrer Spaziergänge durchs Helenental bei ihr einkehrten, um ein Glas Milch oder Kaffee zu trinken. Darunter war auch Prinzessin Hildegard Luise Charlotte Theresia Friederike von Bayern (1825–1864), die Tochter König Ludwigs I. von Bayern und der Therese von Sachsen-Hildburghausen, die mit 19 Jahren Erzherzog Albrecht von Österreich geheiratet hatte. Sie besorgte die notwendigen Papiere. So wurde für das in die Jahre gekommene Paar – Pepi war schon an die 55 – eine Heirat doch noch möglich. Pepi Jammer, nun Pepi Hörner, betrieb mit ihrem Mann die Meierei bis ins hohe Alter weiter. Beim großen Börsenkrach 1873 verloren sie allerdings ihr Vermögen.
Aber lassen wir noch einmal Elise Degen in ihrer blumigen Sprache zu Wort kommen:

 
Während der Wintermonate, in denen kaum Gäste kamen, besserte sie mit Bastel- und Handarbeiten das Haushaltsgeld auf: Sie fertigte Andenkenbilder aus Moos und Baumrinden (Weilburg, Rauhenstein, Dr. Rollett am Wasserfall, etc.) und strickte. Schorsch starb 1892 und Pepi wenige Monate nach ihm 1893.
           

Die Jausenstation blieb unter dem Namen „Jammerpepi“ bis in die Jahre nach 1945 in Betrieb.
Text: Dr. Elisabeth Vavra
Quelle: Hildegard Hnatek, Stets freundlich lächelnd - die Jammerpepi, in: Badner Zuckerln. Aus der Arbeit des Stadtarchivs 5, 1998.

 

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